Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
Hauptmann«, murmelte der König.
Im nächsten Moment glaubte er von sehr weit her Stimmen zu hören. Sie sprachen Worte, die er nicht verstand. So als wäre da nur ein Gemurmel, das durch eine dicke Wand dermaßen abgedämpft wurde, dass nicht einmal das feine Gehör eines Elben in der Lage war, es zu verstehen.
Doch war das nicht Elbisch? Der König stutzte. Murmelte diese Stimme in der Sprache seines Volkes, oder war das nur eine Täuschung? Eine Wunschvorstellung vielleicht?
Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte Keandir einen Lichtblitz, der sogleich hinter einem besonders knorrigen und durch Blitzschlag gespaltenen Baum verschwand. Das dichte Unterholz, Sträucher, Moose und Rankpflanzen überwucherten den Stamm bis zur anderthalbfachen Höhe eines aufrecht im Sattel sitzenden Reiters.
Keandir lenkte sein Pferd herum. Er trieb es geradewegs dorthin, wo er den Lichtblitz gesehen hatte. Dabei zog er Schicksalsbezwinger, um sich seinen Weg durch das Gestrüpp zu bahnen.
»So wartet doch, mein König!«, rief Hauptmann Rhiagon, während Siranodir bereits sein Pferd vorantrieb, um Keandir zu folgen.
Der König war ihm jedoch ein ganzes Stück voraus. Keandir trieb sein Pferd rücksichtslos durch das Gestrüpp. Mit Schicksalsbezwinger schlug er sich den Weg frei, doch obwohl er damit eine Gasse zwischen Gestrüpp und Ästen bildete, hatten Hauptmann Rhiagon, Siranodir und die anderen Mühe, ihm zu folgen. Zeitweilig verloren sie ihren König sogar völlig aus den Augen, stießen dann aber auf einen breiten Trampelpfad, den die Trorks hinterlassen hatten, und holten Keandir schließlich ein.
Der sah das geisterhafte Leuchten und Blitzen erneut. Aber es war jedes Mal zu schnell verschwunden, um den Grund dafür erkennen zu können.
Vielleicht verließ er sich einfach auf den falschen Sinn, überlegte der König. Selbst die ausgesprochen guten Augen eines Elben konnten dem, was da von Baum zu Baum huschte, in seiner unvergleichlichen Schnelligkeit nicht folgen.
Ein heller Schein drang auf einmal durch das dichte Blätterwerk des Unterholzes. Keandir und seine Getreuen erreichten eine Lichtung mitten im Totenwald der Zentauren.
Aber der Lichtschein, der dort schimmerte, konnte unmöglich nur durch die Strahlen der Sonne verursacht sein.
Keandirs Pferd scheute, denn vor ihnen befand sich Dornengestrüpp. Der König glitt aus dem Sattel und bahnte sich erneut mit dem Schwert den Weg. Die anderen folgten ihm.
Als sie schließlich das Unterholz hinter sich ließen und auf die Lichtung traten, war das Leuchten so stark, dass es Keandir blendete. Er hob die Hand zum Schutz vor der Helligkeit.
Licht, heller als die Sonne, erfüllte diesen Ort.
Und Magie, dachte Keandir. Es musste sich um Elbenmagie handeln, das sagten ihm seine Sinne. Zwar war der König kein ausgebildeter Magier oder Schamane, aber die Elbenmagie wäre für jeden durchschnittlich begabten Elb spürbar gewesen, so stark war sie an diesem Ort. Sie überwältigte den König für einige Augenblicke, und es dauerte auch etwas, bis sich die Augen der Elben an die grelle, gleißende Helligkeit gewöhnt hatten.
Formen wurden erkennbar. Zuerst ähnelten sie Säulen aus purem Licht, die in unregelmäßigen Abständen auf der gesamten Lichtung verteilt waren.
Die Stimmen wurden lauter in Keandirs Kopf.
Geisterstimmen, von denen Keandir den Eindruck hatte, sie eigentlich verstehen zu müssen, aber etwas hinderte ihn daran.
Eine Barriere ganz eigener Art, die er nicht zu erklären vermochte. Aus den säulenartigen Formen schälten sich Gestalten – Umrisse und Schemen.
Und dann verstand der König eines der Worte…
Krieger!
»Wer seid ihr?«, rief Keandir.
Du weißt es!
Der König wusste nicht, ob es sein eigener Gedanke oder die Antwort der Gestalten war. Ein Gemurmel und Geraune kam auf. Die Lichtgestalten schienen sich untereinander zu verständigen. Das Leuchten wurde schwächer. Hier und dort konnte man für kurze Zeit Gesichter erkennen. Elbische Gesichter, wie Keandir sofort anhand der spitzen Ohren und der schräg gestellten Augen erkannte.
Der Lichtschein war schließlich zu einem schwachen Leuchten Flor zusammengeschmolzen, der ihre Umrisse nachzeichnete – so ähnlich, wie es beim Geist Brass Elimbors der Fall gewesen war.
»Seid ihr der Feind der Trorks?«, fragte Keandir. »Habt ihr uns beigestanden?«
Der König erhielt keine Antwort mehr. Die lichtumflorten Gestalten wurden durchscheinend und verblassten innerhalb weniger
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