Die Elben - 03 - Der Krieg der Elben
Elbenhaven allerdings war bislang nicht ein einziger Tropfen niedergegangen.
Dass dies kein gewöhnliches Unwetter war, sondern die Elementargeister beschworen worden waren, war auch jedem in magischen Dingen ungebildeten Elben sofort klar. Ruwen aber spürte, dass es mit Andir zu tun hatte, der in die Geschehnisse dort auf dem Elbenturm auf unbekannte Weise verstrickt war.
Als die Armada der Riesenfledermäuse gesichtet worden war, hatten die Hornbläser sofort Alarm gegeben. Inzwischen hatte Königin Ruwen befohlen, dass alle Elbenkrieger in Elbenhaven, die über Fernwaffen verfügten, sich dafür bereit machen sollten, zum Elbenturm zu ziehen. Dies waren in erster Linie natürlich die Mitglieder der Einhandgarde, aber auch Bogenschützen und Schützen mit konventionellen Armbrüsten, die ganz herkömmliche Bolzen verschossen, in denen sich kein magisches Gift befand. Der spezielle Mechanismus der Einhandarmbrüste erlaubte es nicht, sie mit gewöhnlichen Bolzen zu bestücken, und umgekehrt konnten die mit magischem Gift versehenen Bolzen nicht in herkömmliche Armbrüste gespannt werden. Beim Herausschnellen des Giftbolzens aus der Waffe wurde nämlich an dem Bolzen ein Schalter betätigt, der dann beim Aufprall die Entladung des Gifts erlaubte. Viele Elben hielten Thamandor mangelndes Risikobewusstsein vor, und sein Name würde wohl auf ewig mit einigen spektakulären Unglücksfällen in Verbindung gebracht werden. Doch dieses in der elbischen Öffentlichkeit verbreitete Bild des Erfinders wurde ihm nicht gerecht, hatte er sich doch bei der Konstruktion der Bolzen sehr viel Mühe gegeben, um jede Gefahr eines unbeabsichtigten Giftaustritts auszuschließen.
Erneut ertönte ein Hornsignal.
»Die Elbenkrieger sind bereit«, übersetzte es Admiral Ithrondyr für die Königin.
»Verzeiht mir, dass ich Euch bei der Auswahl des Kommandanten übergangen habe, werter Admiral Ithrondyr«, sagte Ruwen. »Aber Ihr seid ein Seekrieger und mit den Kampftechniken an Land wenig vertraut.« Sie wandte sich Lirandil zu. »Ich weiß, dass Ihr alle Ehrenbezeugungen und Ränge abgelehnt habt, obwohl mein Gemahl Euch gern zum Herzog erhoben hätte.«
»Was mir die Möglichkeit genommen hätte, Elbiana auf eine Weise zu dienen, für die ich mich viel besser eigne, nämlich die Erkundung der Länder der Rhagar und anderer Völker, meine Königin. Auch wäre es mir, wäre ich auf das freundliche Angebot Eures Gemahls eingegangen, nicht möglich gewesen, eine Fährtensucherschule zu gründen, damit das uralte Wissen der Fährtensucher von Athranor für die Elbenheit bewahrt bleibt.« Der uralte, grauhaarige Elb deutete eine Verbeugung an.
Ruwen nickte huldvoll, aber ihr Gesicht blieb ernst. »Gewiss, werter Lirandil. Aber heute möchte ich, dass Ihr unsere Krieger in die Schlacht führt. Eure jahrtausendealte Erfahrung ist mehr wert als jeder Rang.« Ruwen ergriff die Hand des Fährtensuchers. »Ich bitte Euch! Ich weiß, dass Ihr es schaffen könnt, so furchtbar die Gefahr auch sein mag.«
»Ihr wisst, dass ich mein Bestes geben und all meine Erfahrung in die Waagschale werfen werde«, versicherte Lirandil. Er wandte sich an einen der Wachsoldaten. »Man sattle mein Elbenross und bringe mir Pfeilköcher und Bogen aus meinem Gemach!«
»Mit Verlaub, meine Königin«, mischte sich da Admiral Ithrondyr ein. »Elbenhaven wird ziemlich schutzlos zurückbleiben!«
»Das mag sein«, sagte Ruwen. »Ich glaube jedoch nicht, dass Elbenhaven im Moment in Gefahr ist. Dennoch, für den Fall, dass ich mich irre, lasst Eure Schiffe bereit machen, Admiral.«
»Damit wir die Stadt evakuieren können?«, fragte er.
Ruwen nickte. »Ich hoffe jedoch und bin sogar nahezu überzeugt davon, dass dieser Fall nicht eintreten wird.«
In diesem Moment verspürte sie einen heftigen Schmerz, der ihr durch den Brustkorb stach, und ein Gefühl der Schwäche und der Verzweiflung durchflutete sie.
Andir, dachte sie. Und der Elbenkönigin wurde in diesem Augenblick bewusst, dass noch sehr viel mehr getan werden musste, als ein Elbenheer mit Fernwaffen auszuschicken, um der Bedrohung zu begegnen, die sich am Himmel zwischen dem Elbenturm-Massiv und dem südlichen Gebirge manifestierte.
Kaum, dass Lirandil und die Elbenkrieger den inneren Burghof von Elbenhaven verlassen hatten, ließ Königin Ruwen alle Schamanen und Magier der Stadt zusammenrufen, darunter auch Brass Shelian, den amtierenden Oberen des Schamanenordens und damit Nachfolger des legendären
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