Die Elefanten Hannibals
lassen. Den Käfig stellen wir dann hier im Innenhof auf."
„Ich will keinen Leoparden im Käfig!" Sophonisbe warf ihre Stickerei zu Boden. „Ich werde nur noch Schwäne sticken, schwarze Schwäne. Erinnerst du dich, daß du mir zum Zeitvertreib einen Käfig mit einem Löwen herbringen ließest, als ich krank war. In der Nacht erwachte ich von entsetzlichen Schreien. Du hattest in deinem Zorn die Negersklavin Gela in den Löwenkäfig werfen lassen. Wessen sie sich schuldig gemacht hatte, weiß ich noch immer nicht. Aber ich will niemals mehr einen Raubtierkäfig im Hause haben."
Hanno wurde etwas verlegen. Er hatte geglaubt, seine Tochter hätte die freche Sklavin, die es gewagt hatte, sich ihm zu widersetzen, schon längst vergessen. Ein Sklavenbesitzer konnte doch mit seinen Sklaven machen, was er wollte, das tat jeder.
„Reg dich nicht auf, Liebling", sagte er. „Wenn du keinen gefangenen Leoparden sehen willst, werde ich ihn dir in Freiheit zeigen, mitten im Röhricht. Wir fahren nach Numidien. Aber nicht in Gulas Gebiet, sondern in die Stadt Cirta zum numidischen König Syphax. Gula ist ein Freund Hamilkars, und du weißt, wie ich zu diesem Mann stehe."
„Vater", sagte Sophonisbe zaghaft, „alle Leute sagen, Hamilkar habe das Vaterland gerettet, sei ein großer Feldherr und habe nun auch Iberien erobert."
„Alle Leute sagen das?" Hanno lächelte. „Sie sehen nicht weiter als bis zu ihrer ausgestreckten Hand. Die Stadträte von Karthago lieben es, kostbare Geschenke zu erhalten, mit denen Hamilkar nicht geizt, zumal es in Iberien viel Silber gibt. Und das einfache Volk liebt prunkvolle Schauspiele, wie das Eintreffen von Elefanten und die Verabschiedung des Heeres, besonders dann, wenn diese Schauspiele mit unentgeltlicher Bewirtung verbunden sind. Aber glaube mir, für all das werden wir einen hohen Preis bezahlen müssen. Wie schnell vergessen die Menschen ihre früheren Fehler! Der Krieg mit Rom hat uns nichts gelehrt. Und Hamilkar führt Karthago einem neuen, noch entsetzlicheren Krieg entgegen!"
Sophonisbe nahm ihre Stickerei wieder in die Hand. Flink glitt die Nadel mit dem goldenen Faden hin und her. Was kümmerte sie die Feindschaft zwischen ihrem Vater und Hamilkar! Ihr Herz war in weiter Ferne, in jenem märchenhaften Land, wo das Gras bis zu den Knien reicht, wo es himmelblaue Seen gibt, von Götterhand erschaffen. Dort schwimmen keine Schwäne mit beschnittenen Flügeln wie in den karthagischen Teichen, sondern zauberhafte rosenrote Vögel; dort schleichen Leoparden durch das hohe Röhricht, dort trompeten die Elefanten, den Rüssel gegen den Himmel gereckt. In jenem fernen Lande, von dem Masinissa erzählt hatte, weilte Sophonisbes Herz.
Hamilkars Tod
Hamilkar starb einen qualvoll langsamen Tod. Ein Speer war ihm in die Brust gedrungen und hatte einen Lungenflügel durchstoßen. An seinem Sterbelager drängten sich Tag und Nacht die Priester - karthagische, numidische, gallische und griechische. Jede Abteilung des aus vielen Völkerstämmen bestehenden Heeres besaß eigene Waffen, eigene Sitten, eine eigene Sprache. Und obendrein eigene Priester, die samt und sonders als heilkundig galten. Sie boten dem verwundeten Feldherrn eifrig ihre Dienste an, und er ließ alles geduldig über sich ergehen. In die erkaltenden Hände nahm er Seeschwämme, die nach Ansicht der Griechen die Schmerzen lindern sollten, er schluckte Arzneien, die bitter waren wie Steppenwermut oder süß wie Dattelhonig, er wiederholte in vielen Sprachen Beschwörungen und Gebete. Sein Zelt erzitterte vom Krachen der Eisenschilde und vom gellenden Klang der Hörner, als die eigens zu diesem Zweck aus Gallien herbeigeholten schrift- und heilkundigen Priester die bösen Geister austrieben. Die karthagischen Priester brachten ihren grausamen Göttern sieben Jünglinge zum Opfer, sieben Leben als Ersatz für das eine des Feldherrn. Das müßte doch ausreichen!
Aber alles war vergebens. Am Zelteingang stand der Tod, unentrinnbar wie die Nacht.
Als Hamilkar das erkannte, warf er die Priester hinaus. Nur Hasdrubal, der Greis, blieb bei dem Sterbenden. Ihm allein konnte Hamilkar das Heer anvertrauen. Ihn beauftragte er auch mit dem Krieg gegen das verhaßte Rom. Die Söhne waren noch zu jung. Selbst Hannibal war erst siebzehn. Die jungen Löwen brauchten noch eine feste Hand.
„Sei ihnen ein Vater", flüsterte der Sterbende. „Sende sie in den Kampf, dorthin, wo das Getümmel am dichtesten ist.
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