Die Elefanten meines Bruders (German Edition)
hat sie mir bis heute nicht geben können.
Immer, wenn ich jetzt mit dem Todesstern durch unsere Wohnung renne, frage ich mich zum Beispiel, ob ich anstatt Film-Anseher vielleicht Raumstation-Kommandant werden sollte. Oder Gesteinsexperte bei Weyland-Yutani, der mit einem kleinen Hämmerchen herumsaust und Mineralbrocken zerkleinert und dann die Raumfrachter hierhin oder dorthin schickt. Aber Mineralien interessieren mich nicht. Meine Mutter hat nämlich einen riesigen Amethyst auf ihrer Frisierkommode herumliegen. Dort liegt er seit Jahren einfach und verstaubt und ist zu sonst nichts nütze. Ich glaube, dass Mineralien völlig nutzlos sind.
Mona sagte mal: „Du spinnst. Man braucht Mineralien für ganz viele Dinge.“
Irgendwie wusste ich das. Sonst hätte Weyland-Yutani bestimmt keine Raumfrachter gebaut. Ich wollte nur sagen, dass ich nichts mit Mineralien werden will.
Mona möchte Tierpflegerin werden. Ich war völlig aus dem Häuschen, als ich sie einmal fragte, weil sie sofort geantwortet hat. Sie hatte mir aber nie was erzählt. Ich weiß trotzdem nicht, ob das so eine gute Idee ist, dass Mona Tierpflegerin werden will, nur weil sie mit Otto so gut umgehen kann. Schließlich hat sie ihn ja auf dem Balkon vergessen. Wenn wir Otto fragen könnten, wen er am Liebsten als Tierpfleger hätte, dann würde er vielleicht nicht Mona nehmen. Ich meine das nicht böse, weil Mona meine Freundin ist. Aber wenn wir Otto fragen könnten, dann weiß ich wirklich nicht, was er sagen würde.
Natürlich habe ich Mona auch gefragt, ob sie nicht lieber mit mir Film-Anseher werden will. Sie hat aber nur „Hm“ gesagt.
„Film-Anseher kann man nicht werden.“
Sie ist auch infiziert. Vielleicht kann man Film-Anseher aber wirklich nicht werden, genauso wenig wie Aus-dem-Fenster-Schauer oder Spaziergänger als Hauptberuf. Obwohl ich sehr gerne spazieren gehe.
Es wäre doch schön, wenn ich einmal eine Visitenkarte hätte wie mein Vater, auf der nicht steht, „Billy Hoffmann, Marketing-Berater“, sondern „Billy Hoffmann, Spaziergänger“. Ich finde das überhaupt nicht albern. Ich wäre eben ein Spaziergänger-Experte. Jedem, der mich fragt, könnte ich alles zum Spaziergehen erzählen. Und das ist eine Menge. Alten Damen mit kleinen Schosshunden würde ich eine Strecke um den Teich empfehlen, der am Anfang des Stadtparks liegt. Dort gibt es nämlich in der Kurve des Weges zwei grüne Bänke, auf die sie sich auf halber Strecke sitzen können. Die Bänke liegen mittags im Sommer im Schatten, so dass sich die alten Damen keinen Sonnenbrand holen. Sie haben nämlich eine Haut so milchweiß wie alte Japanerinnen und würden sofort krebsrot werden.
Wenn aber jemand mit einem Dobermann mich anhält und wissen will, wo er hingehen soll, dann schicke ich ihn nicht zu den alten Damen. Das ist doch sonnenklar. Erstens einmal würden die Dobermänner die kleinen Hunde fressen. Und außerdem brauchen Dobermänner viel Auslauf. Deshalb schicke ich die Dobermänner-Herrchen zur großen Wiese weit hinten im Park. Dort gibt es sogar einen Unterstand, wenn es zu regnen anfängt. Ich finde, ich wäre ein ziemlich guter Berufs-Spaziergänger.
Mein Vater hält aber nichts davon. Er ist ziemlich gekränkt wegen Hr. Eberhardt und gibt deshalb patzige Antworten. Meine Mutter sagt, dass es unhöflich ist, patzige Antworten zu geben, selbst dann, wenn eine Frage unangenehm ist oder man nicht weiß, was man darauf sagen soll.
Mein Vater, der Marketing-Berater, hält Spaziergänger als Beruf für eine völlige Schnapsidee. Wie ich denn auf so etwas komme? Er sagte, dass man im Hauptberuf nicht Spaziergänger werden kann. Vielleicht als Hobby, ja. Man kann alles Mögliche werden: Koch, Friseur, Gärtner, Doktor, Berater. Aber Spaziergänger ist kein anerkannter Beruf. Weil mein Vater so eine Sportskanone ist, hat er noch dazugefügt:
„Du kannst meinetwegen auch Profiradfahrer werden“, hat sich aber gleich auf die Lippen gebissen. Aber da war es schon zu spät. Die Sensoren meines Fusionsreaktors hatten das Muster erkannt.
„Wieso kann man Profiradfahrer werden, aber nicht Profispaziergänger?“
Mein Vater stand mit dem Rücken zur Wand. Das sagt man so. Ich habe das auch nicht verstanden, bis mein Lehrer es mir erklärt hat. Wir waren auf einem Schulausflug und irgendwas ist passiert. Dann sagte er:
„Oh, der Mann steht aber jetzt ganz schön mit dem Rücken zur Wand.“
Ich habe gesagt: „Da ist doch gar keine Wand.“ Aber mein
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