Die Elefanten meines Bruders (German Edition)
Lehrer meinte, das sei bildhaft.
Mein Vater schaute hilfesuchend zu meiner Mutter. Vielleicht hoffte er, dass sie für so einen Fall auch einen Wartungszettel für mich hat. Eins, zwei, drei. So das hätten wir dann wieder. Seit Hr. Eberhardt ohne Krawatte auf unserer Wohnzimmercouch gelegen ist, kümmerte sie sich nicht mehr um solche Sachen. Sie wich den Blicken meines Vaters aus und starrte nur auf ihre Kaffeetasse.
„Ist es nicht ungerecht, dass man Profiradfahrer werden kann, aber nicht Profispaziergänger?“
Das war doof von mir, denn diese Frage konnte man einfach nur mit Ja oder Nein beantworten. Das hatte ich im Eifer des Gefechts übersehen. Aber mein Vater regte sich sowieso nur auf und ging überhaupt nicht darauf ein.
„Weißt du, dass du eine richtige Nervensäge sein kannst?“
Dann stand er auf und ging in sein Büro, weil er noch viele Beratungen vorbereiten musste. Ich weiß nicht, ob ich meinen Vater als Berater holen würde. Ich würde Mona als Berater anheuern. Vielleicht nicht als Tierpflegerin, aber als Berater schon.
14
Serrano ist kein bisschen böse und lächelt so milde vor sich hin wie der Papst. Wegen dem Papst gab es sowieso mal total Ärger bei uns. Eigentlich gar nicht wegen dem Papst, sondern wegen meiner Tante Erika und Monas Mutter. Mein Vater sagt, „Tante Erika ist eine alte Betschwester“, aber ich weiß nicht genau, was er damit meint. Aber scheinbar nichts Gutes, denn er hat mir verboten, sie danach zu fragen.
Sie ist ja streng katholisch und kann sich höchstens vorstellen, dass jemand zwar nicht streng katholisch, aber dann wenigstens streng evangelisch ist. Bei allem anderen schaltet ihr System ab, so wie meines, wenn ich mich aufrege.
Monas Mutter ist aber gar nichts. Von ihrem Glauben her meine ich. Monas Eltern sind überhaupt ganz anders als meine Eltern. Meine Mutter sagt mir zum Beispiel immer ganz genau, welche Worte zu den guten gehören und welche man nicht benutzen darf. Monas Mutter ist das total egal. Sie schreit schon mal: „Kinder, jetzt haltet mal die Schnauze, wenn ich telefoniere“.
Aber das sagt sie nur, wenn Mona und ich wirklich total außer Rand und Band sind. Und das ist alles nicht so wild, denn eine halbe Stunde später lachen wir wieder und sie bringt uns Vanilleeis mit Himbeeren.
Monas Mutter hilft manchmal in so einem Haus, wo Frauen hingehen, die mit ihrem Mann Zoff haben. Ich meine nicht so wie meine Eltern, sondern richtig Zoff mit blauen Flecken und so. Es heißt „Frauenhaus“, ist aber gar kein ganzes Haus. Es sind nur zwei Stockwerke im Wohnhaus gegenüber. Als ich Monas Mutter mal gefragt habe, was sie da macht, da meinte sie, sie kümmert sich um Mütter, die von ihren Männern gehauen worden sind. Ich habe sie gefragt, ob meine Mutter mit mir auch ins Frauenhaus kommt, wenn Herr Eberhardt noch öfter ohne Krawatte bei uns auf dem Sofa liegt.
„Oh“, sagte sie, „das tut mir leid. Das wusste ich nicht.“
Aber Ja oder Nein kam auch von ihr nicht. Manchmal denke ich, das mit den offenen und geschlossenen Fragen, was wir büffeln müssen, ist eine reine Verarsche, um Schulkinder zu ärgern.
Manchmal geht Monas Mutter mit ihren Freundinnen auch auf irgendwelche Demonstrationen in die Innenstadt. Wir durften sogar einmal mitgehen, aber ich musste versprechen, meinen Eltern nichts zu sagen. Scheinbar kennt Monas Mutter meine Eltern auch ziemlich gut, obwohl sie sich eigentlich gar nicht so oft treffen.
Auf der Demonstration war es wie auf dem Straßenfest in unserem Viertel, nur dass andere Leute da waren. Monas Mutter hat gesungen und wir Kinder haben Trommeln bekommen und durften wie wild darauf herumhauen, ohne dass uns jemand gesagt hätte, „das kannst du aber besser.“ Und hinterher hat uns eine Freundin von Monas Mutter noch Würstchen und Ingwer-Limonade von einem Stand geholt.
Darauf bin ich jetzt nur wegen dem Streit meiner Tante Erika mit Monas Mutter gekommen. Aber Monas Mutter wollte gar nicht streiten. Sie hat Mona nur mal abends bei uns abgeholt, und dann haben sie sich gezofft. In den Nachrichten lief der Papst, weil eben Ostern war und meine Tante fragte Monas Mutter, ob sie auch katholisch ist und hat dann gleich los gequasselt von ihrer Busfahrt nach Rom.
Monas Mutter sagt nie gleich was, sie hört sich immer alles ganz lange an und sammelt alle Daten wie ein Staubsauger und dann erst sagt sie was. Meine Tante Erika ist da ganz anders. Sie hört irgendwas und gackert sofort hysterisch los wie
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