Die Elefanten meines Bruders (German Edition)
sie manchmal mit.
„Ich dachte Miguel mochte auch Elefanten?“
„In Spanien gibt es keine Elefanten“, schlaumeierte mein Vater, bevor Serrano etwas sagen konnte.
Deshalb möchte ich in Afrika wohnen, und nicht in Spanien. Ich möchte auf einer Farm in Afrika leben. Mit ganz vielen Elefanten. Und Miguel nehmen wir auch mit. Auch wenn er einen bescheuerten Namen hat. Aber für den bescheuerten Namen kann er ja nichts.
Ich weiß noch nicht mal genau, ob ich nur eine Farm möchte, wo es nur Elefanten gibt, oder auch eine, wo Obst wächst wie bei den Farmen von Miguels Vater. Orangen, Zitronen und so weiter. Wenn ich es mir aussuchen darf, dann möchte ich eigentlich schon, dass Orangen dort wachsen, und Ananas. Papayas auch. Aber das ist geschlaumeiert, weil ich mich im Moment gar nicht daran erinnere, wie Papayas schmecken. Meine Mutter macht manchmal exotische Salate, wo sie auch Papayas rein schnippelt. Aber weil ich wegen dem Tierpipi keinen Salat esse, weiß ich natürlich auch nicht, wie die Papayas schmecken. Vielleicht so wie Pfirsiche. Und eigentlich ist es auch bescheuert, in einen Salat vollgepinkeltes Gemüse reinzutun und sauberes Obst drunterzumischen. Das saubere Obst könnte man allein ja essen, weil es weiter oben in den Bäumen wächst und gar nicht verseucht ist.
Frau Dr. Müller-Nöllendorf hat mich mal wegen dem Salat angesprochen. Ich meine richtig nach der Therapiestunde. Also inoffiziell. Es war wie beim Verhör im NYPD, New York Police Department, wenn der Officer sagt, dass sie fertig sind und das Tonband ausschaltet. „Verhör beendet, Lieutenant Trallala, soundsoviel Uhr“. Dann sagt der Lieutenant:
„Eine Sache muss ich Sie aber noch fragen. Rein privat. Das würde mich einfach interessieren. Haben Sie…?“
Und dann kommt irgendwas, was mit dem Fall gar nichts zu tun hat. Meinetwegen:
„Essen Sie wirklich gerne Himbeermarmelade? Obwohl Sie zuckerkrank sind?“ Irgend sowas. Manchmal ist die harmlose Frage auch eine Falle.
Die Leute denken dann, das Tonband ist aus und labern dann vor sich hin. Und bis sie merken, dass sie sich um Kopf und Kragen reden, ist es schon zu spät. So blöd bin ich nicht. Mona hat mir auch immer eingeschärft, genau aufzupassen, was mich Frau Dr. Müller-Nöllendorf fragt, damit sie mir nicht eines Tages vor lauter Neugierde ein Betäubungsmittel unterjubelt und dann den Kopf aufschneidet und in meinem Gehirn herumstochert.
Eines Tages fragte sie. Ich habe mich gerade von der Liege herunter gerollt und meine Schuhe angezogen, da hat sie mich mit irren Kaa-Augen angestarrt.
„Isst Du wirklich keinen Salat – wegen der Tiere?“
Sie sagte „Tiere“ total verächtlich, als wären die Kaninchen schuld, dass die blöden Kräuter unter ihrem Pipi-Strahl wachsen.
„Nein, nicht wegen der Tiere. Wegen dem Pipi von den Tieren.“
„Aber viele Kräuter und Salate kommen aus Gewächshäusern, da gibt es gar keine Tiere“, schlaumeierte sie.
„War Ihr letzter Salat aus dem Gewächshaus? Ja oder Nein?“
Das ist auch eine geschlossene Frage. Frau Dr. Müller-Nöllendorf hätte jetzt nur mit Ja oder Nein antworten dürfen. Deshalb könnte man Erwachsene mit geschlossenen Fragen ziemlich gut festnageln. Aber Erwachsene halten sich selber nie an die Regeln.
„Aber woher soll ich das denn wissen?“, lachte sie.
„Na also.“
„Was heißt ‚na also’?“
„Sie wissen gar nicht, ob er aus dem Gewächshaus kommt oder nicht. Und außerdem können auch im Gewächshaus Kaninchen sein.“
Sie seufzte und versuchte es noch mal anders.
„Aber schau mal. Deine Eltern essen doch auch viel Salat. Hast du denn den Eindruck, dass ihnen das schadet? Ja oder Nein?“
Jetzt wurde Frau Dr. Müller-Nöllendorf auch noch raffiniert und bei mir ging der Alarm an. Ich weiß nicht, ob der viele Salat meinen Eltern schadet oder nicht. Ich habe ja keinen Vergleich wie sie wären, wenn sie nur Obst essen würden und keine Pipi-Kräuter. Und das ist auch egal. Weil es gibt eine Menge, was Leute machen, was ich aber nicht machen will. Mona hat mal in einer Wellness-Zeitung ihrer Mutter einen Artikel gefunden, wo es um Leute geht, die jeden Morgen ein Glas mit ihrem eigenen Pipi trinken. Eeeeeck. Ackckackckackckackckackackackackack.
Wenn mal Außerirdische hierher kommen und mitbekommen, dass ein paar von uns jeden Tag einen halben Liter Morgenstrahlurin trinken, dann vernichten sie die Erde, weil sie uns für eine total bekloppte, abgedrehte Bakterienkolonie
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