Die Elementare von Calderon
sobald du jemanden siehst, steigen wir in die Luft auf.« Amara blickte über die freie Fläche und dann ein letztes Mal zum Himmel. Sie zuckte zusammen, als sie ihren verletzten Knöchel belastete, und humpelnd rannte sie auf Kaserna zu. Bernard folgte ihr im Abstand von wenigen Schritten.
Der Lauf schien ewig zu dauern, und Amara hätte sich beinahe den Knöchel wieder vertreten, und zwar nicht nur einmal, während sie Haken schlug und nach Verfolgern Ausschau hielt.
Doch allen Ängsten zum Trotz, auf dem offenen Gelände niedergeritten zu werden, erreichten sie ohne Zwischenfälle die äußeren Gebäude der Stadt und schließlich das bewachte Tor.
Zwei junge Legionares hielten dort gelangweilt Wache. Gegen die Kälte trugen sie schwere Mäntel, die Speere hielten sie nachlässig in behandschuhten Händen. Einer war nicht rasiert, was eindeutig gegen die strengen Vorschriften verstieß, wie Amara wusste, und der andere trug einen Mantel, der nicht dem üblichen Legionsstandard entsprach, aus feinerem Stoff geschneidert war und auch nicht die richtigen Farben aufwies.
»Halt«, meinte der Unrasierte trocken. »Nennt eure Namen und den Zweck eures Besuchs.«
Amara überließ dies Bernard und sah den Wehrhöfer an.
Bernard runzelte die Stirn. »Wo ist Zenturio Giraldi?«
Der in dem seltsamen Mantel starrte Bernard verblüfft an. »He«, sagte er. »Ungehobelter Kerl. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, wir sind hier die Soldaten -«
»Und die Cives«, warf der andere mürrisch ein.
»Und die Cives«, ergänzte der mit dem feinen Mantel. »Wir stellen also die Fragen, wenn ihr nichts dagegen habt. Nennt den Namen und den Zweck eures Aufenthalts.«
Bernard kniff die Augen zusammen. »Ich schätze, ihr Jungs seid neu im Tal. Ich bin Wehrhöfer Bernard, und ich bin hier, um mit Graf Graem zu sprechen.«
Beide Soldaten wieherten vor Lachen.
»Ja, gut«, sagte der Unrasierte. »Der Graf ist ein beschäftigter Mann. Er hat keine Zeit, sich mit jedem ungehobelten Kerl abzugeben, der zufällig des Weges kommt.«
Bernard holte tief Luft. »Das verstehe ich«, sagte er. »Dennoch habe ich durchaus das Recht, darum zu bitten, zu ihm vorgelassen zu werden, wenn es sich um eine dringende Angelegenheit handelt, die das Wohl seiner Ländereien betrifft.«
Der Unrasierte zuckte mit den Schultern. »Du bist kein Civis. Du besitzt überhaupt kein Recht, von dem ich wüsste.«
Amara verlor langsam die Geduld. »Wir haben keine Zeit für so was«, fauchte sie. Sie wandte sich an die Wache in dem hübschen Mantel. »Kaserna wird möglicherweise angegriffen. Wir müssen Graem warnen, damit er entsprechende Maßnahmen ergreifen kann.«
Die Wachen wechselten einen Blick, dann musterten sie Amara. »Schau dir das an«, meinte der Unrasierte. »Ein Mädchen. Ich dachte, es wäre ein magerer Bursche.«
Sein Kamerad grinste. »Wir sollten ihr die Hose ausziehen und nachsehen.«
Bernard kniff die Augen zusammen. Die Faust des Wehrhöfers setzte sich in Bewegung, und der junge Legionare im feinen Mantel landete rückwärts im Schnee.
Der Unrasierte betrachtete den Bewusstlosen, blinzelte und wandte sich wieder Bernard zu. Er wollte seinen Speer zum Einsatz bringen, doch auf ein scharfes Wort des Wehrhöfers verbog
sich der Schaft der Waffe, zog sich wieder gerade und sprang der Wache aus den Händen und außer Reichweite. Der Mann stieß einen Schrei aus und griff nach seinem Dolch.
Bernard trat an ihn heran, packte ihn am Unterarm und drückte dem Jungen die Hand an den Körper. »Bursche, stell dich nicht dumm an. Du solltest lieber deinen vorgesetzten Offizier holen.«
»Das kannst du doch nicht machen«, stammelte die Wache. »Ich lasse dich in Ketten legen.«
»Ich glaube, jetzt gerade habe ich dich gefesselt«, meinte Bernard. »Und wenn du Schlimmeres vermeiden willst, dann bring deinen Zenturio her.« Er verpasste dem jungen Mann einen Stoß, der daraufhin rückwärts in den Schnee vor der Mauer fiel.
Die Wache schluckte und lief hinein.
Amara blickte von der Wache im Schnee zu Bernard und fragte: »Immer schön höflich und respektvoll, wie?«
Bernard errötete. »Das mögen ja verzogene Stadtjüngelchen sein, aber sie sind in der Legion, bei den Elementaren. Sie sollten eine Frau ein wenig zuvorkommender behandeln.« Er strich sich durchs Haar. »Und mehr Respekt vor einem Wehrhöfer zeigen, denke ich.«
Amara lächelte, schwieg jedoch. Die Röte auf Bernards Wangen vertiefte sich, er hüstelte und wandte
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