Die Elementare von Calderon
seines Vaters nur widerwillig. Möglicherweise konnte man ihn überreden, ihnen zu helfen, wenn sie nur den richtigen Ansatzpunkt fand. Sie fühlte sich blind und verkrüppelt ohne ihren Elementar.
»Aric, hör mir zu«, sagte Isana. »Du glaubst doch nicht, dass er damit durchkommt. Für das, was heute Nacht passiert ist, wird man ihn zur Rechenschaft ziehen.«
Er hatte den Eimer geleert und ging zurück zum Kübel. Tonlos sagte er: »Der Strafe entgeht er schon seit Jahren. Was, glaubst du, passiert mit jedem Sklaven, der hier eintrifft?«
Isana starrte ihn schockiert an. »Bei den Krähen«, zischte sie.
»Aric, bitte. Hilf mir wenigstens, ihr diesen Ring abzunehmen.« Sie griff an Odianas Hals und drehte den Ring auf der Suche nach dem Verschluss.
»Nicht«, sagte Aric rasch. »Nicht, sonst bringst du sie um.«
Isana erstarrte.
Aric biss sich auf die Unterlippe. »Vaters Blut ist drauf. Nur er allein kann ihn ihr abnehmen.«
»Wie kann ich ihr helfen?«
»Gar nicht«, antwortete Aric niedergeschlagen. Er warf den Eimer in die Ecke des Räucherhauses, wo er klappernd auf dem Boden landete. Aric stützte sich mit den Händen an die Wand und ließ den Kopf hängen. »Du kannst ihr nicht helfen. So, wie er sie zurückgelassen hat, kann ihr jeder einen Befehl erteilen, und sie wird sich gut fühlen, solange sie ihn befolgt. Wann immer sie Widerstand leistet... wird er ihr wehtun.«
»Das ist unmenschlich«, entfuhr es Isana. »Bei den großen Elementaren, Aric. Wie konntest du das zulassen?«
»Sei still«, sagte er. »Sei einfach still.« Steif und wütend drückte er sich von der Wand ab, hob den Eimer auf und füllte ihn wieder mit Kohle.
»Du hast Recht gehabt, weißt du«, sagte Isana. »Ich habe die Wahrheit gesagt. Und Tavi ebenfalls, wenn er dir erzählt hat, dass das Tal in Gefahr ist. Die Marat kommen zurück, und zwar bald. Der Überfall könnte schon begonnen haben. Aric, bitte, hör mir doch zu.«
Er kippte Kohle ins Feuer und wandte sich wieder dem Kübel zu.
»Du musst die Nachricht verbreiten. Um deiner selbst willen, wenn schon nicht für uns. Wenn die Marat kommen, töten sie auch alle auf Kordhof.«
»Du lügst«, erwiderte er, sah sie jedoch nicht an. »Du lügst bloß. Versuchst, deine Haut zu retten.«
»Nein«, widersprach Isana. »Aric, du kennst mich schon dein
ganzes Leben lang. Als dieser Baum auf dich gefallen ist, bei diesem Wintermarkt, da habe ich dir geholfen. Ich habe allen im Tal geholfen, wenn es notwendig war, und ich habe nie etwas dafür verlangt.«
Aric schüttete Kohle ins Feuer.
»Wie kannst du dich an diesem Verbrechen beteiligen?«, wollte sie wissen. »Du bist doch nicht dumm, Aric. Wie kannst du das anderen Aleranern antun?«
»Was soll ich denn sonst tun?«, gab er kalt zurück. »Ich habe nichts anderes. Ich habe keinen glücklichen Wehrhof, wo die Menschen einander achten. Ich habe dies hier. Wo Menschen leben, die niemand bei sich haben will. Frauen, deren Leben keiner freiwillig führen würde. Ich bin von seinem Blut. Bittan -« Er unterbrach sich und schluckte. »Er war auch vom gleichen Blut. So dumm und bösartig, wie man nur sein kann. Aber er war mein Bruder.«
»Mein Beileid«, sagte Isana und empfand es tatsächlich. »Ich wollte nicht, dass irgendwer verletzt wird. Hoffentlich ist dir das klar.«
»Natürlich«, sagte Aric. »Du hast gehört, was Heddy passiert ist, und was du wolltest, war schon ganz richtig. Für ihre Sicherheit sorgen und für die anderer Mädchen. Die Krähen wissen, wie notwendig das ist, da Vater hier umherschleicht wie ein...« Er schüttelte den Kopf.
Isana schwieg eine Weile und starrte den jungen Mann an, während es ihr langsam dämmerte. Schließlich stellte sie ruhig fest: »Es war gar nicht Bittan. Du warst das mit Heddy, Aric.«
Er wich ihrem Blick aus und sagte kein Wort.
»Du warst es. Deshalb hat sie versucht, ihren Vater von dem Juris Macto abzuhalten. Sie wurde gar nicht vergewaltigt.«
Aric rieb sich den Nacken. »Wir... wir konnten uns gut leiden. Trafen uns bei Versammlungen oder Märkten. Ihr kleiner Bruder hat uns überrascht. Er war zu jung, um zu begreifen, was er sah.
Ich habe mich versteckt, ehe er mich erkennen konnte. Allerdings ist er gleich zu ihrem Vater gerannt; und wie konnte sie ihm erklären, dass sie sich mit einem von Kords Söhnen abgibt?« Er spuckte den Namen angeekelt aus. »Sie hat nicht viel dazu gesagt, schätze ich, und ihr alter Herr hat sich selbst zusammengereimt, was
Weitere Kostenlose Bücher