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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Lungen und Glieder, das selbst Cirrus nicht lindern konnte. Vom Schrecken blieb schließlich schlichte Aufregung,
und diese verwandelte sich mit zunehmender Erschöpfung in eine eigenartige Sorglosigkeit.
    Sie rannte, bis sie sich irgendwann umdrehte und einem berittenen Legionare in die Augen blickte, der keine zehn Schritte entfernt war. Der Mann schrie auf und warf seinen Speer nach ihr. Amara wich der Waffe aus und stürzte auf ein unvermittelt auftauchendes Loch zu, durch das die Sonne in den Wald hereinflutete. Vor ihr senkte sich der Boden etwa drei, vier Schritte weit ab, ehe er abrupt über einer Felswand endete. Von ihrem Standpunkt aus konnte sie nicht sehen, wie tief es hinunterging.
    Der Legionare zog, begleitet von einem Sirren, das Schwert und rief seinem Pferd etwas zu. Das Tier reagierte, als wäre es mit dem Mann verwachsen, und preschte auf Amara zu.
    Die zögerte nicht und warf sich in den Abgrund.
    Sie breitete die Arme aus und schrie: »Cirrus! Hoch!« Unter ihr sammelte sich der Wind, als ihr Elementar gehorchte, und sie verspürte ein Hochgefühl. Auf pfeifenden Böen schoss sie hinauf in den herbstlichen Himmel, hinter ihr an der Felskante wurde Staub aufgewirbelt und dem unglücklichen Legionare ins Gesicht geschleudert. Verwirrt bäumte sich sein Pferd auf und schlug mit den Hufen in die Luft.
    Sie flog davon, immer höher und weiter vom Lager fort, und hielt erst nach einer Weile inne, um sich umzublicken. Die Felswand, von der sie gesprungen war, wirkte von hier, aus einer Entfernung von mehreren Meilen, wie ein Spielzeug. »Cirrus«, murmelte sie und legte die Hände vor sich. Der Elementar brachte einen Teil von sich an die verlangte Stelle, und dort begann es zu flimmern wie Luft über einem heißen Stein.
    Amara formte diese Luft zu einer Linse und beugte das Licht, bis die Felswand vor ihr so vergrößert lag, als befände sie sich nur hundert Schritte entfernt. Sie sah die Verfolger an der Kante des Abgrunds. Aldrick stieg ab. Der Legionare , der sie entdeckt hatte, beschrieb ihre Flucht, und Aldrick suchte den Himmel ab. Amara
stockte der Atem, als sein Blick auf ihr haften blieb. Der Schwertkämpfer wandte sich dem Mann neben ihm zu, dem Ritter mit den Holzkräften, den sie bei ihrem Eintreffen im Lager gesehen hatte, und der Mann berührte einen der Bäume.
    Amara schluckte und richtete ihre Hände auf das Legionslager.
    Ein halbes Dutzend Gestalten stieg über den Baumwipfeln auf, die in den heftigen Winden wogten wie Büsche im Kräutergarten einer Wehrhöferin. Sie schwenkten in ihre Richtung ab und hielten auf Amara zu. Die Sonne glänzte auf Stahl - Rüstungen und Waffen.
    »Ritter Aeris«, murmelte Amara. Sie ließ die Hände sinken. Normalerweise hätte sie keinen Zweifel daran gehabt, dass sie ihnen entkommen würde. Doch jetzt war sie verwundet und körperlich wie seelisch erschöpft und keineswegs so zuversichtlich.
    Sie drehte sich um und bat Cirrus, sie in nordöstliche Richtung zu tragen. Dabei betete sie, die Sonne möge untergehen, ehe der Feind sie eingeholt hatte.

3
    Tavi schlich sich aus seinem Zimmer, die Treppe hinunter und weiter durch die Dunkelheit vor dem Morgengrauen. Er betrat die düstere große Halle von Bernardhof und bemerkte einen schwachen Lichtschein aus der Küche nebenan. Die alte Biette schlief nachts nur wenige Stunden, und Tavi hörte sie rumoren, während sie das Frühstück vorbereitete.

    Er entriegelte die Tür und trat aus der großen Halle auf den Hof. Einer der Hunde des Wehrhofes, der ein leeres Fass als Hütte benutzte, hob den Kopf, und Tavi blieb stehen und kraulte das alte Tier hinter den Ohren. Der Hund klopfte mit dem Schwanz gegen das Holz und machte es sich anschließend wieder bequem, um weiterzuschlafen. In den letzten Stunden dieser Herbstnacht war es kühl geworden; Tavi zog den Mantel zusammen, öffnete das kleine Nebentor und ließ die Sicherheit von Bernardhof hinter sich.
    Vor der Tür stieß er auf seinen Onkel Bernard, der lässig an der Wand lehnte und sich für einen Tag in der Wildnis jenseits der Ländereien des Wehrhofes in Lederkleidung und einen schweren Mantel gehüllt hatte. Er biss krachend in einen Apfel. Bernard war ein großer Mann mit breiten Schultern und kräftigen Muskeln, die von harter Arbeit zeugten. Das dunkle Haar trug er kurzgeschoren wie in der Legion, und es zeigte auch schon die eine oder andere graue Stelle, wovon der sorgfältig getrimmte Bart jedoch noch verschont blieb. An der Seite

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