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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Ungeheuer. Er war ein Mann wie jeder andere. Er hatte während ihrer gemeinsamen Zeit für sie gesorgt, manchmal beinahe wie ein Vater. Es mochte durchaus sein, dass er sie verschonen wollte, wenn er die Möglichkeit dazu hatte.
    Und sie würde etlichen Menschen das Leben retten, wenn sie mit ihnen vor dem Kampf und dem unausweichlichen Tod floh. Gewiss wäre es das wert. Gewiss war Flucht in diesem Fall keine Schande, und sie würde die Krone nicht entehren.
    Oder Bernards Andenken.

    Es wäre nicht falsch. Fidelias zeigte ihr einen Ausweg.
    »Amara«, sagte Fidelias sanft. »Wir haben nicht viel Zeit. Du musst dich rasch entscheiden, wenn du sie retten willst.«
    Nun erkannte sie die Falle. Obwohl sie den Makel noch nicht recht zu fassen bekam, begriff sie, wie Fidelias sie geblendet hatte - mit schlichten Gefühlen, mit Furcht, dem Wunsch, jemanden zu beschützen, mit dem Drang, ihren eigenen Stolz zu retten. Er hatte diese Emotionen ausgenutzt und sie in einen Zustand von Angst und Trauer versetzt, um sie zu verleiten.
    »Ich muss mich rasch entscheiden«, sagte sie leise. » Ich muss gehen. Vor allem ich. Sonst gilt dein Angebot nicht.« Sie holte tief Luft. »Warum willst du mich bei dieser Schlacht nicht dabeihaben, Fidelias? Warum hast du mir diesen Vorschlag jetzt gemacht und nicht schon vor einer Stunde? Warum erst, nachdem du bemerkt hast, wie ich euch beobachte?«
    »Tu dir das nicht an, Amara«, sagte er. »Such dir keine Ausreden dafür, warum du dein Leben opfern sollst. Überlass diese Kinder nicht dem Tod.«
    Sie schluckte. Natürlich hatte er Recht. Vielleicht wurde sie beeinflusst. Wenn sie auf sein Angebot einging, würde sie dann einen strategischen Vorteil verlieren, der ihr gar nicht bewusst war? Aber konnte sie tatsächlich einen Einwand dagegen finden? Durfte sie den Versuch wagen, ihn zu überlisten, jetzt und hier, wo sie vermutlich in Kürze sterben würde? Und falls es die Kinder das Leben kostete?
    Flieh. Rette sie. Trauere mit der Krone um den Verlust des Tals.
    »Deine Aufgabe als Kursor besteht darin, Leben zu retten, Amara. Bleib deiner Pflicht treu. Und lass mich meiner Entscheidung treu bleiben.«
    Die Krähen krächzten und flatterten auf. Amara öffnete den Mund und wollte zustimmen, als plötzlich Lärm losbrach und sie am Sprechen hinderte. Ohne Vorwarnung begann der Boden zu grollen, tief und hart und rhythmisch. Amara schwankte und
musste die Beine grätschen, um nicht zu fallen. Sie drehte sich zur Mauer von Kaserna um.
    Die Legionares schrien auf und stürzten von der Mauer fort, wobei sie ihre Formation auflösten. Die Erde wogte und ließ die Männer taumeln. Erst als sie ungefähr so weit wie Amara von der Mauer entfernt waren, blieben sie stehen und drehten sich um.
    Die Mauer von Kaserna schwankte und schauderte wie ein Schlafender, der sich regt. Eine Welle lief durch den nahtlosen Stein. Und dann begann das Bauwerk mit einem Kreischen, als würde die Erde gespalten, zu wachsen.
    Amara schaute verwundert zu. Noch nie in ihrem Leben war sie Zeuge eines solchen Kraftaktes geworden. Die Mauer schob sich in die Höhe wie eine Welle am Strand. Sie drängte sich einige Schritte weiter in Richtung des Feindes, dann begriff Amara, dass das Fundament nur breiter wurde, um den vergrößerten Steinwall zu stützen. Die Mauer wuchs, auf dem grauen Stein zeigten sich scharlachrote und azurblaue Bänder, die Farben von Alera, dann Scharlachrot und Gold, die Farben der Heimatstadt der Legion, Riva. Die Wehrgänge erhoben sich, und begleitet von mächtigem Quietschen bildeten sich Stacheln oben auf den Zinnen und dann überall an der Mauer, lange, schlanke Dolche aus dunklem Stein, die im Morgenlicht glänzten. Diese Stacheln breiteten sich auf der Mauer aus wie Ranken, bildeten sich auch auf dem Boden vor der Festung. Binnen eines Augenblicks wuchsen sie aus der Erde wie Grashalme, alle ausgerichtet auf die heranziehende Horde.
    Entsetzt stiegen die Krähen als Sturm schwarzer Flügel in den Himmel auf und kreisten um das Schlachtfeld wie Rauchschwaden.
    Das Grollen ließ nach. Die Mauer von Kaserna maß nun drei ßig Fuß in der Höhe und war mit messerscharfen Dolchen aus dem gleichen schwarzen Stein bewehrt, den die Marat für ihre Waffen benutzten. Die Erde selbst wartete nur darauf, die Angreifer aufzuspießen.

    Und in die gebannte Stille hinein hörte sie Fidelias flüstern: »Verfluchte Krähen.«
    Die Legionares neben Amara brachen in Jubel aus, und sie selbst konnte kaum

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