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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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beeindrucken einen kaum noch.«
    Amara runzelte die Stirn. »Aber mit Hilfe dieser Männer -«

    »Nein«, entgegnete Pirellus trocken. »Wir bräuchten dreimal so viele Soldaten, um die Mauer zu verteidigen, Kursorin. Was die Menschen von den Wehrhöfen versuchen, ist bewundernswert, doch solange nicht einer ihrer Boten nach Riva durchgekommen ist...« Er schüttelte den Kopf. »Ohne Verstärkung, und zwar vor allem durch Ritter , verzögern wir das Unabänderliche nur bis Sonnenaufgang. Versuch du, den Hordenmeister auszumachen, und ich schaue nach, welche von den Verwundeten wir noch auf die Beine bringen können.«
    Sie wollte etwas erwidern, aber Pirellus hatte ihr schon den Rücken zugekehrt und ging zurück in den anderen Hof. Sein Knie war geschwollen und purpurrot gefärbt, was er sich jedoch nicht durch ein Hinken anmerken ließ. Auch darum beneidete sie die Metallwirker. Amara verzog das Gesicht und wünschte, sie könnte den Schmerz in ihrem gebrochenen Arm ähnlich leicht unterdrücken.
    Oder die Angst, die ihr noch immer die Knie weich werden ließ.
    Zitternd wandte sie sich um und eilte zielstrebig aufs Tor zu. Die Barrikade war hastig entfernt worden, als die Erdwirker mit dem Versuch begannen, die Mauer zu erhöhen. Zwanzig Legionares standen vor dem zerstörten Tor und hielten in Formation Wache, für den Fall, dass irgendwelche Marat versuchten, unbemerkt hindurchzuschlüpfen. Die Möglichkeit erschien gering. Selbst als Amara hinaus auf den freien Bereich vor der Mauer trat und um die grimmigen jungen Männer herumging, die schweigend ihre Pflicht taten, konnte sie die Marathorde im Licht des frühen Morgens sehen, wie sie sich einem riesigen Feld aus lebendigem Schnee gleich ohne große Hast vorwärtsbewegte.
    Amara ging einige Schritt hinaus. Sie versuchte, nicht auf den Boden zu blicken. Die verkohlten Überreste der Marat, die im ersten Feuersturm gefallen waren, lagen überall in grotesken Verrenkungen und stanken. Krähen flatterten und krächzten und bedeckten
die meisten Leichen. Wenn sie den Blick auf die Toten richten würde, das wusste Amara, würde sie die leeren Augenhöhlen und auch die weichen Stellen wie Nase und Lippen sehen, wo sich die Vögel schon an den Leichen zu schaffen gemacht hatten. Deshalb vermied sie es. In der Luft lag der Geruch von Schnee und Blut, von verbranntem Fleisch und beginnender Verwesung. Das nahm sie selbst durch die Barriere wahr, die Cirrus über ihre Sinne gelegt hatte.
    Sie hatte weiche Knie und bekam kaum Luft. Einen Moment lang musste sie stehen bleiben und die Augen schließen, ehe sie wieder zu der näher kommenden Horde schaute. Sie hob den unversehrten Arm und bat Cirrus, ihre Sehkraft zu verstärken.
    Der Elementar verformte die Luft für sie, und sofort sah sie die Horde so nah, als könnte sie schon ihre Schritte hören.
    Im gleichen Augenblick begriff sie, was Pirellus gemeint hatte. Obwohl die geflohenen Krieger der Marathorde sich vor einer halben Stunde wieder zu dem Heer gesellt hatten und in der Masse aufgegangen waren, erkannte sie den Unterschied zu den Männern, die sich jetzt auf Kaserna zubewegten, und sie verstand nun seine Befürchtungen. Diese Männer waren älter und kräftiger, und sie legten mehr Selbstvertrauen und Vorsicht an den Tag, mehr Entschlossenheit, die durch Erfahrung gestählt war.
    Sie schauderte.
    Auch Frauen mit Waffen und dem Gebaren erprobter Kämpfer marschierten mit der Horde. Soweit man in Alera wusste, führten die Marat unablässig Krieg gegeneinander - kleine Auseinandersetzungen, die nur kurz dauerten und selten in dauerhafter Feindschaft endeten, ja, die eher ein Ritual darstellten. Trotzdem waren diese Kämpfe tödlich. Amara betrachtete die Horde grimmig. Die Leichen hinter der Mauer bewiesen es ja.
    Während sie da so stand, befiel Amara plötzlich ein Gefühl, das sie seit langer Zeit nicht mehr verspürt hatte, seit sie zum ersten
Mal in einem Fischerboot mit ihrem Vater aufs offene Meer hinausgefahren war. Es war dieses Gefühl, draußen zu sein, vor einem Abgrund zu stehen, der in eine Welt führte, die der ihren völlig fremd war. Sie blickte zu den Mauern hinter sich und blinzelte, während sie sich wieder an ihre normale Sehstärke gewöhnte. Hier befand sich die Grenze des mächtigen Reiches Alera, eines Landes, das seit tausend Jahren seinen Feinden widerstand, das eine feindlich gesonnene Welt überwältigt und seinem Volk Wohlstand gebracht hatte.
    Sie fühlte sich trotz ihrer Rüstung

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