Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
ruhig noch schlafen. Sie würde den ganzen Tag über die Ehrenbezeigungen von Uthers Vasallen sowie die Segnungen der Geistlichen entgegennehmen müssen, sich beim Bankett ihrer Stellung würdig erweisen und kräftig essen und trinken, die Wangen geschminkt, damit keiner sich über ihren Teint beunruhigte; und sie würde lächeln müssen, allen Zulächeln, Adligen und Bürgern, Elfen, Menschen oder Zwergen, selbst dem ein oder anderen steinreichen, unter ganzen Schichten seidener Tücher ächzenden Gnomen, die bei festlichen Anlässen stets anzutreffen waren.
Draußen angelangt, lief Uther unwillkürlich den Gang zum Zimmer der Amme hinunter. Unterwegs warf er den Apfel fort, den er kaum angerührt hatte, da er ein leicht beklemmendes Gefühl in der Magengegend verspürte. Schließlich würde es auch für ihn ein langer Tag. Er musste nach der feierlichen Zeremonie mit den hohen Würdenträgern der drei freien Völker Rat halten. Léo de Grand de Carmelide, Igraines leiblicher Bruder, den Uther zu seinem Konnetabel ernannt hatte, war bereits eingetroffen, ebenso wie Illtud, der Abt. Sire Bran, Thronerbe der Zwerge unter dem Schwarzen Berg, seit dem Verschwinden seines Bruders letzter lebender Prinz des Zwergenvolkes, war kurz vor Einbruch der Dunkelheit angekommen, genau wie Gwydion, der hohe Druide der Elfen im Wald von Broceliande, und Dorian, der junge Prinz der Hohen Elfen, leiblicher Bruder der Königin Lliane. Bis dahin hatte Uther gefürchtet, oder vielleicht auch gehofft, dass die Königin bereit wäre, ihr Refugium auf der Insel Avalon zu verlassen und die Elfendelegation höchstpersönlich anzuführen. Doch sie war im Nebel ihrer unzugänglichen Insel geblieben, bei ihrer Tochter und dem kleinen Volk der Feen, der Welt für immer entrückt ...
Gegenwärtig empfand Uther darüber nur noch Kummer und Bitterkeit. Und doch hatte er um ihretwillen den Großen Rat einberufen, würde er ihretwegen den Zwergen zu späterer Stunde ihren Talisman zurückgeben, das Schwert von Nudd, das sie Caledfwch nannten, die Menschen hingegen Excalibur ... Und wahrscheinlich wäre dies ein guter Zug, gleich was die Mönche darüber sagten und was es ihn kostete. Musste ein König ein einmal gegebenes Versprechen nicht halten? Nach so vielen Prüfungen, so viel Hass und Martern würde die Welt vielleicht endlich wieder zu ihrem alten Gleichgewicht finden. Eine Welt, über die die Menschen nicht die Alleinherrscher waren, eine Welt, in der die Zwerge, die Elfen und selbst die Dämonen aus den Schwarzen Landen ihren Platz hätten, so wie es von Anbeginn der Zeiten gewesen war und wie es die Götter gewollt hatten ... Schließlich war dies der Grund gewesen, dass er gegen den Herzog Gorlois in die Schlacht gezogen war. Um den unsinnigen Träumen von der Weltherrschaft ein Ende zu bereiten und in Frieden zu leben. Und doch kam die Rückgabe des Schwertes beinahe einer freiwilligen Thronentsagung, ja sogar einem Verrat gleich.
Warum war sie nicht erschienen?
Obschon Igraine bildschön war und obschon sie einen gemeinsamen Sohn hatten und sie ihm zum Thron verholfen hatte, gelang es Uther nicht, Lliane nach Einbruch der Dunkelheit aus seinen Träumen zu verscheuchen. Lliane, deren einzigartig hellgrüne Augen ihn unablässig verfolgten. Lliane, die ihn zum Pendragon gemacht hatte, die in ihn hineingefahren war, so dass sie zu einer einzigen Person verschmolzen waren, enger miteinander verbunden, als Liebende es je erlebt hatten ein einziger Körper, eine einzige Seele und eine Kraft, so dass sie beide zusammen fähig gewesen waren, die Welt aus den Angeln zu heben. Und schließlich war Lliane diejenige, an der er Verrat begangen hatte und die er vielleicht nie wieder sehen würde weder sie noch ihre Tochter, Morgane, die ihrer Liaison entsprungen war.
An jenem Tag vermochte Uther sich das Gesicht Morganes nicht vorzustellen. Wie immer schoben sich Artus’ Züge vor die des kleinen Mädchens, und dieses Unvermögen, sich ihr Bild vor Augen zu rufen, schien ihm der schlimmste Verrat. Oder war dies damit zu erklären, dass er sie schließlich nur einige Tage lang auf der Insel Avalon gesehen und sich seither so vieles ereignet hatte ... Uther entsann sich lediglich, dass Morgane so schön war wie Artus hässlich. Wie alt mochte sie mittlerweile sein? Etwa achtzehn Monate, wenn auch zu bedenken war, dass die Zeit auf der Insel Avalon in einem anderen Tempo verstrich. War es vorstellbar, dass Morgane und sein Sohn eines Tages Freunde
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