Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
würden? Bei diesem Gedanken musste er lächeln und war beinahe überrascht, als er bemerkte, dass er am Ende des Ganges angelangt war und die beiden bewaffneten Ritter, die das Gemach des Neugeborenen bewachten, sein Lächeln erwiderten, als herrschte zwischen ihnen ein geheimes Einverständnis. Doch das währte nur einen kurzen Moment. Ihre joviale Miene erstarrte umgehend, als sie das pikierte Gesicht des Königs gewahrten; der eine pochte mit einem vereinbarten Klopfzeichen an die verschlossene Tür, und ein dritter Ritter öffnete diese von innen und trat respektvoll vor Uther zur Seite, um ihn vorbeizulassen.
Der Mann trug einen blutroten Waffenrock, auf den ein Wappen, ein roter Windhund auf goldenem Grund, aufgebracht war. Der Mann war ebenso groß und stattlich wie der Turm, in den sie sich zurückgezogen hatten. Sein blondes, zu Zöpfen geflochtenes Haar und sein dichter Bart verdeckten nur leidlich eine lange Narbe, ein Andenken an einen eifischen Pfeil, der ihm einst den Kiefer zertrümmert hatte. Es war ein Furcht erregendes Gesicht, aber das eines Freundes.
»Wie schön, dich zu sehen, Ulfin«, murmelte der König und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ist die Herzogin Helled schon eingetroffen?«
»Ich weiß nicht, Sire. Ich bin die ganze Nacht über hier geblieben, ganz wie du mich gebeten hast ...«
»Ja, natürlich ... Geh den Kämmerling suchen, und, wenn sie noch nicht da ist, lass Kavalleristen in Richtung Osten losschicken, die ihr entgegenreiten sollen. Sag ihm, dass wir sie zur Ratssitzung erwarten.«
»Glaubst du, dass ihr ein Unglück zugestoßen ist?«
Uther schenkte seinem Freund ein Lächeln. Wie immer war Ulfin sogleich besorgt, zumal in diesem Fall; die Herzogin Helled de Sorgalles war ihm lieb und teuer, ebenso wie die Erinnerung an ihren Gemahl, den Herzog Belinant.
»Vielleicht ist sie von dem Unwetter überrascht worden?«, sagte er in beschwichtigendem Ton. »Ich wollte nur sichergehen, dass sie nicht unserer Hilfe bedarf. Die Königin zählt auf ihre Anwesenheit heute Nachmittag ...«
Inzwischen hatten sich Uthers Augen an das Halbdunkel des Raumes gewöhnt, in den nur durch eine schmale Schießscharte Licht einfiel und der daher so spärlich beleuchtet war, dass dort Tag und Nacht Kerzen brennen mussten; und als er einen Blick zu dem Alkoven hinüberwarf, gefror sein Lächeln trotz seiner Bemühungen, fröhlich zu wirken. Eingekuschelt in die Falten des langen Gewandes der Amme, saugte ein kleines zweijähriges Mädchen gierig an einer Brust, während Artus an der anderen eingeschlafen war. Sie schielte zu ihm hinüber, und kaum hatte sie ihn erblickt, vergrub sie ihr Gesicht unter dem Arm der Kinderfrau. Es war die Tochter Igraines, und die Königin liebte sie. Aus diesem Grunde hätte er selbst sie ebenfalls gerne geliebt, doch die Kleine war auch das Kind Gorlois’, die Frucht einer erzwungenen Vereinigung, einer brutalen Vergewaltigung unter so vielen anderen, und die bloße Erinnerung daran war ihm unerträglich ...
Die Amme, deren offenes Mieder den Männern freien Blick auf ihre prallen Brüste gewährte, von denen sich das kleine Mädchen gerade abgewendet hatte und aus denen nun langsam ein paar Milchtropfen sickerten, versuchte, die Zipfel ihres Mieders über ihre Blöße zu ziehen, doch mit den beiden Kindern auf dem Arm vermochte sie sich kaum zu bewegen.
»Gib mir Artus«, sagte Uther.
Er nahm das schlafende Baby, das sie ihm reichte, und bemerkte aus dem Augenwinkel einen roten Tropfen, der die Milch auf ihrem Busen rosa färbte.
»Blutest du?«
»Nein, nein, nicht der Rede wert«, erwiderte sie, während sie endlich ihr Gewand in Ordnung brachte.
Sie kniete vor dem König nieder, dann entfernte sie sich, Igraines Tochter immer noch fest an sich gepresst.
»Sie beißt mich manchmal... Aber das ist nicht schlimm.«
Uther verkniff sich nur knapp die spitze Bemerkung, die ihm auf den Lippen lag: Sie liebt Blut. Das hat sie von ihrem Vater ...
Ein Jahr, oder zumindest fast, war seit dem Tode Gorlois’ verstrichen, doch die Erinnerung an den Herzog und Seneschall war in Uthers Gedächtnis ebenso lebendig geblieben wie der Hass, den er für diesen Mann empfand. Und es schien ihm, dass dieser Hass so lange fortleben würde, wie dieses Kind hier lebte, ähnlich einem garstigen Wurm, der seine Eingeweide zerfraß.
»Sie wird jetzt schlafen gehen«, sagte die Amme. »Nicht wahr, Morgause?«
»Nenn sie nicht so.«
Beunruhigt sah sie zum König
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