Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
Emerelle schloss die Augen. Obsidian schnitt in ihr Gesicht. Alle Umstehenden schrien auf. Gepeinigt von den feinen, schwarzen Geschossen, die jenen, die sie unglücklich trafen, für immer das Augenlicht löschten. Nun wichen alle von ihr zurück. Niemand mehr wagte es, die Hand gegen sie zu erheben. Flüchtig bemerkte Emerelle Oblon. Seine Kehle war von mehreren Schnitten zerfetzt und bis zur Wirbelsäule offen gelegt. Der Schamane starrte mit leerem Blick in den weiten, klaren Himmel. Schon tummelten sich erste Fliegen auf dem gerinnenden Blut, das so gierig vom staubtrockenen Boden getrunken worden war.
Ein wenig weiter lag ein grauhäutiger Krieger. Zusammengekrümmt. Die Augen nur noch leere Höhlen. Aus seinem klaffenden Mund stiegen Schwärme von Fliegen auf. Emerelles Hand tastete über Ollowains Hals. Sein Pulsschlag war kaum noch zu spüren. Die gestürzte Königin wandte sich um, so dass sie mit dem Rücken zur Hütte neben ihrem Liebsten kauerte. Sie sah in Gesichter voller Hass und Angst. Die grauhäutigen Kobolde waren zurückgewichen. Einige ältere Krieger, vielleicht ihre Anführer, standen beisammen und tuschelten. Sie wusste, dass die Angreifer sich noch nicht geschlagen geben wollten. Wenn sie sich jetzt mit all ihren Sinnen auf Ollowain konzentrierte, um ihn zu retten, dann würden sie augenblicklich wieder angreifen. Sie spürte das Gift im Körper ihres Liebsten. Spürte, wie es ihn immer schwächer werden ließ. Seine Muskeln lähmte, seine Atmung erschlaffen ließ und dem Herzen den Willen zu schlagen nahm. Es war ein Wunder, dass er noch lebte. Im selben Augenblick, in dem sie das dachte, versiegte sein Puls.
Sie zerriss seine Tunika. Legte beide Hände auf seine Brust und presste, um sein Herz zu zwingen, noch weiterzuschlagen. Tränen der Wut standen ihr in den Augen. Sie konnte ihn heilen. Sie hatte die Macht, das Gift zu Wasser werden zu lassen. Doch wenn sie es tat, machte sie sich für vielleicht zweihundert Herzschläge lang völlig wehrlos. Eigentlich war dies keine nennenswerte Zeitspanne. Doch es war mehr als genug Zeit, um zu ihr zu kommen und ihr die Kehle zu durchtrennen, so wie sie es mit Oblon gemacht hatten.
Emerelle hörte das Geräusch spritzenden Wassers. Dann spürte sie den Boden erzittern. Sanft nur. Kaum merklich. Doch sie war nicht die Einzige. Dort, wo die Lücke im Dornenwall war, erhob sich Geschrei. Bewegung kam in die Kobolde. Jene, die sie eben noch wie den Tod gefürchtet hatten, flohen nun in ihre Richtung. Ein älterer Kobold mit mehrfach gebrochener Nase und einer unförmigen Ledermütze auf dem Kopf warf sich vor ihr auf den Boden. »Wir ergeben uns dir, Herrin. Wir ergeben uns!«
Über dem Dornenwall erschienen Kopf und Schultern Madras. Mit einem Schritt setzte der Troll über die Hecke hinweg.
»Achte auf dieses grauhäutige Pack. Sie geben sich als Trolle aus!« Sie wandte sich an die Kobolde des Dorfes. »Das ist ein wirklicher Troll!« Dann beugte sie sich über Ollowain. Sein Körper setzte dem Gift mehr Widerstand entgegen, als sie erwartet hatte. Fast schien es, als sei er bereits mit Hattah vertraut.
Sie schloss die Augen und reduzierte ihren Atem, bis sie denselben langsamen, stockenden Rhythmus Ollowains fand. Ihre Körper wurden eins in ihren Gedanken. Sie forschte nach dem Gift. Ihr Schwertmeister litt unter den Nachwirkungen eines Rauschs. Seine Leber war angegriffen. Sie isolierte das Gift in seinem Leib und ließ es über die Schleimhäute seiner Nase mit einer geringen Menge dunklen Blutes austreten. Als sie sich zurücklehnte, war auch sie ein wenig benommen. Sie hatte seinen Schmerz geteilt und auch seinen Rausch. Seine Gedanken aber hatte sie unberührt gelassen.
Nur verschwommen sah sie das Fuchsgesicht. Nikodemus schien unmittelbar vor ih zu stehen. Sie wurde sich bewusst, dass sie sich statt der betrügerischen Kobolde nu anderen Feinden ausgeliefert hatte.
Der Kobold zwickte sie leicht in die Nase.
»Willst du dein Leben als Fliege beenden?«, stieß sie mit lallender Stimme hervor.
»Herrin, ich wollte mich nur vergewissern, ob ich etwas für euch tun kann. Mir lag e fern, euch …«
»Such mir den Anführer der falschen Trolle!«
»Jawohl, Herrin. Wie Ihr wünscht.« Er zog sich unter Verbeugungen zurück. Erschöpft fasste Emerelle nach dem Albenstein, der verborgen unter ihrem Gewand auf ihrer Brust ruhte. Seine warme Kraft belebte sie. Ihr Atem ging regelmäßig. Sie war wieder Herrin all ihrer Sinne, als Nikodemus
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