Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
gehen wirst. Ich weiß sogar, worüber du mit ihr reden wirst.«
Es war ihm unangenehm, so tief durchschaut zu sein. »Warum hast du mich gerufen, wenn du schon wusstest, wie ich mich entscheiden würde?«
»Aus zwei Gründen. Du musstest die Wahl gehabt haben und klar wissen, welch beiden Wege es für dich gibt.« Sie senkte ihren Blick.
»Und der zweite Grund?«
»Der ist ganz egoistisch.« Sie sah ihn eigenartig an. Die Traurigkeit war aus ihrem Blick gewichen. Sie wirkte jetzt gefasst. »Ich wollte einmal einem Mann begegnen, der sein Leben für seine Liebe gegeben hat. Du bist nicht Ollowain, aber wer glaubt, dass du nicht ritterlich bist, der kennt dich nicht.«
»Ich …« Er räusperte sich verlegen. »Ich werde dann gehen. Ich …«
»Geh nur zu ihr. Sie wird dich in dieser Nacht brauchen. Du findest sie in der alten Veste im Zimmer ihrer Mutter. Dort, wo meine Nachricht lag. Und noch etwas. Sag dem Lutin, nachts gehen im Tal Geschöpfe um, denen er gewiss nicht begegnen will. Er ist bei den Ställen und denkt darüber nach, ob er sich den feiernden Grauhäuten anschließen soll.«
Er nickte. Er wusste nicht mehr, was er noch sagen sollte. Firaz trat einen Schritt von ihm zurück. Er verstand das als Aufforderung, zu gehen. Also zog er sich zurück und watete durch das dunkle Wasser, das den Thronsaal überflutet hatte. »Falrach!«
Überrascht sah er sich um. Sie stand am Rand der Insel. Unendlich einsam. »Ich weiß, dass du mich belogen hast. Es lag die blanke Seite oben. Ich bin Seherin. Es ist meine Gabe zu wissen.«
Wieder räusperte er sich. Früher war er weniger leicht aus der Fassung zu bringen gewesen.
»Es ist alles gesagt, Falrach. Du kannst ruhigen Gewissens gehen. Ich bin nicht verärgert, weil du mich angelogen hast. Im Gegenteil. Deine Lüge hat mich noch mehr für dich eingenommen. Ich wünsche dir Glück …«
»Du könntest mit mir kommen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich kann nicht. Ich erwarte in dieser Nacht noch eine Besucherin.« Mit diesen Worten wandte sie sich ab.
Falrach sah zu, wie sie sich niederkniete und damit begann, die blutbenetzten Schwertsplitter einzusammeln. Sie sah nicht mehr zu ihm hinüber. Erst als er ging, spürte er ihre Blicke im Rücken.
Als er dem Tunnel entkommen war, machte er sich ohne Umweg auf den Weg zur alten Veste. Er lauschte auf die singenden und ausgelassen grölenden Grauhäute. Bald erstickte das Lied des Dschungels den Festlärm. Er fühlte sich ein wenig beklommen. Und er war froh, dass der Weg zur Veste weit war. So konnte er noch einmal über seinen Entschluss nachdenken. Er versuchte, sein Leben auf eine Aufstellung auf einem Falrach-Tisch zu reduzieren. Er überdachte sein Ziel. Und dann war es wie früher. Ganz deutlich sah er die Züge vor sich, die er machen musste. Das war seine Begabung!
Tatsächlich stand der Lutin auf dem Weg vor der Veste und blickte zum Tal hinab. »Du solltest nicht zu den Grauhäuten gehen.«
»Und warum sollte ich das nicht tun, Bruder Ollowain?«, fragte der Kobold hitzig. Falrach ignorierte, dass der Kleine sich nach wie vor weigerte, ihn mit dem richtigen Namen anzusprechen. »Dort unten im Tal lauert etwas, das sogar einen haarigen Lutin fressen würde.«
»Ich werde nicht so dämlich sein, an einem der Teiche mit den Krokodilen vorbeizulaufen.«
»Es ist deine Entscheidung, Nikodemus. Ich überbringe nur eine Nachricht.«
Der Kobold schnaubte verächtlich. »Wessen Nachricht?«
»Es ist der Rat einer Seherin.« Falrach bemerkte, wie sich dem Kleinen das Fell sträubte.
»Wo sollte ich denn stattdessen sein? Diesen finsteren Saal voller Toter werde ich jedenfalls nicht mehr betreten.«
»Wie wäre es mit den Ställen? Die sind doch ganz passabel.«
Der Lutin fluchte leise. »Was ein paar geflügelte Gäule passabel finden und was mir gefällt, geht leider nicht ganz überein.«
Falrach war des Gesprächs überdrüssig. »Wie gesagt, es ist deine Entscheidung«, sagte er und trat durch das Tor der alten Veste. Er spürte ein leichtes Prickeln, als er den unsichtbaren Albenpfad kreuzte, der mitten über den Hof lief. Und er dachte daran, wie es wohl wäre, mit Firaz eine Partie Falrach zu spielen. Konnte man jemanden schlagen, der alle Züge schon im Voraus ahnte? Er konnte im Grunde verstehen, dass Emerelle Firaz und ihre Schwester verbannt hatte. Welcher Herrscher mochte schon einen Untertanen, der all seine Züge durchschaute? Auch wusste er nicht, ob Firaz vielleicht gegen
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