Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
einfach an ihn, und du wirst nicht enttäuscht werden. Er wird gut auf dich achten, denn du bist sein einziger Ritter. Nun lebe wohl, Ritterbruder Michel Sarti. Ich werde jetzt in die Hütte gehen. Ich möchte nicht, dass das letzte Bild, das du von mir in deinem Herzen trägst, das eines rührseligen alten Mannes ist.«
Jules nahm ihn in die Arme, drückte ihn fest an sich und klopfte ihm mit der flachen Hand auf den Rücken. »Du wirst dich gut schlagen, mein Junge. Ich weiß das.« Abrupt löste er sich. Dann trat er in ihre Hütte und schloss die Tür. Adrien hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde. Eine Weile blieb der Junge stehen und starrte verständnislos auf die Tür. Jules würde ihm für immer ein Rätsel bleiben!
Schweren Herzens machte Adrien sich schließlich auf den Weg. Dabei wünschte er sich, er hätte den Einstieg zu der Schatzkammer nicht gefunden und würde nun mit Jules in der Hütte sitzen und über Philosophie streiten. Zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlte er sich einsam.
PFERDEGEDANKEN
Jules lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür und atmete schwer aus. Endlich war er gegangen! Es hatte ihm etwas ausgemacht! Er war zutiefst verblüfft über die Gefühle, die er empfand. Der Junge war ihm in all den Jahren zu nahe gekommen. Sein Sohn … Er hatte Dutzende wie ihn gezeugt, dachte er ärgerlich. Aber diesen einen hatte er zu sich geholt. Und er war ein guter Schüler gewesen, für einen Menschen.
Vielleicht lag es auch daran, noch einmal dort unten im Saal der Könige gewesen zu sein. Und die Bilder an der Wand des Tunnels gesehen zu haben. Bilder aus einer Zeit, in der er nicht der einzige seiner Art gewesen war.
Vielleicht war es auch der Augenblick gewesen, in dem der Junge die Rüstung gewählt hatte. Seine Rüstung, die er einst erschaffen hatte! War es Zufall, dass sein Sohn ausgerechnet die Eberrüstung gewählt hatte? Oder hatte er etwas gespürt, was sich nicht in Worte fassen ließ.
Jules schloss die Augen und konzentrierte sich auf den Jungen, bis dessen Bild in seinem Geiste erstand. Er sah ihn mit gesenktem Kopf zwischen den Schutthügeln bergab gehen. Er war nicht reif für die Welt. Es war vorschnell gewesen, ihn zu der Rüstung zu führen und dann fortzuschicken. Adrien hatte ja keine Ahnung, was ihn außerhalb der Berge erwartete. Als Bettlerjunge hatte er sich gut durchschlagen können. Aber wie lange würde er als Ritter bestehen? Und wie lange würde es dauern, bis Cabezan von ihm hörte? Die Rüstung wäre eine Versuchung für den alten König. Jules wusste genau, dass Cabezan nichts unversucht lassen würde, um sie an sich zu bringen, wenn er erfuhr, wie anders sie war. Dass ihr Träger schier unverwundbar war.
Wäre Adrien dem alten König gewachsen? Jules fluchte leise. Er würde nicht noch einen Sohn an den König verlieren! Natürlich könnte er einfach in Cabezans Palast gehen und den verdammten Alten töten. Aber das war kein gutes Ende. Er wollte nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Dazu hatte er Adrien auserwählt. Der Junge sollte zur Kirchenlegende werden. Aber dazu musste er überleben.
Zögernd öffnete er die Tür der Hütte. Er wollte in der Nähe seines Sohnes bleiben. Aber Adrien durfte nichts davon merken. Das wäre schlecht für ihn. Er musste auf eigenen Füßen stehen!
Eigentlich hatte Jules daran gedacht, wieder zu wandern wie in den Jahren, bevor er Adrien zu sich genommen hatte. Das Leben als wandernder Tjuredpriester hatte ihm Freude bereitet. Die Arglosigkeit der Menschen. Die Winkelzüge, mit denen er die Tjuredkirche formte.
Diese Freude musste warten. Er kauerte sich nieder. Nur einen Gedanken später hatte er die Gestalt eines Adlers angenommen.
Mit kräftigen Flügelschlägen erhob er sich in den Himmel. Bald sah er den Jungen. Er sollte ihn mit anderen Augen betrachten. Er war längst kein Kind oder Jüngling mehr. Er war zu einem stattlichen jungen Mann herangewachsen. Die Jahre der Mühen hatten sich bezahlt gemacht. Adrien war gut gewachsen und muskulös. Er würde ein prächtiger Ritter sein. Auch wenn er einem guten Schwertkämpfer aus dem Volk der Elfen wahrscheinlich nicht gewachsen wäre, gab es mit Sicherheit nur wenig Menschen, die mit der Klinge gegen ihn bestehen würden.
Als Adler war er ihm nicht nahe genug. Aber er könnte… Statt eines Lachens entsprang seiner Kehle der helle, herausfordernde Schrei eines Adlers. Adrien blickte zu ihm auf. Der Junge winkte ihm. Der kleine Narr. Er würde sich
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