Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
ein unglaublicher Denker. Er hat Visionen. Auf gewisse Weise ist Gilmarak sein Geschöpf, auch wenn der Troll gelegentlich dazu neigt, die Ideen Elijas zu weit zu treiben.« Anderan deutete hinab zur Zeltstadt. »Das ist sein Werk!« »Und du heißt das da unten gut?«
»Ich heiße es gut, wenn das Volk sein Schicksal in die eigenen Hände nimmt. Zu Emerelles Zeiten haben diese Mauern nur selten Gäste gesehen, die keine Elfen waren. Gilmarak und Elija greifen nach ganz Albenmark. Man mag über den Gesetzeskodex der Trolle denken, was man will, aber er ist in alle Himmelsrichtungen getragen worden. Es gibt kaum eine Siedlung nennenswerter Größe, in der dem neuen Gesetz nicht Geltung verschafft wurde. Und die Kinder Albenmarks haben verstanden, dass sie hierherkommen können. Sie werden hier angehört. Sie haben einen Herrscher, der ein offenes Ohr für ihre Sorgen hat. Und wenn sie nicht zu ihm selbst gelangen, so kommen sie doch zumindest vor einen von ihm einberufenen Rat. Hast du eine Vorstellung, wie tiefgreifend die Abschaffung des Geldhandels und die Aufhebung aller alten Schulden diese Welt verändert haben? Das einfache Volk ist nun frei. Werte werden wieder durch Arbeit erschaffen. Niemand lebt mehr in Schuldknechtschaft von Wucherern, die allein ihre blutsaugerischen Zinsen fett gemacht haben. Geld gebiert nicht mehr neues Geld. Niemand kommt auf die Idee, dass er, wenn er eine Kuh verleiht, ein Jahr später ein Mammut zurückverlangen könnte. Albenmark ist gerechter geworden.« »Besonders wenn man ein Troll ist!«
Sein Vater nickte. »Das lässt sich nicht leugnen. Doch die Veränderungen sind noch nicht abgeschlossen. Ich wünschte, du könntest dabei sein, wenn Elija von der Welt spricht, die er erschaffen möchte. Es ist eine Welt, wie die Alben sie sich gewünscht hätten. Gerecht und friedlich. Doch dahin ist es noch ein weiter Weg. Zunächst gilt es, sicherzustellen, dass wir nie wieder in die Tyrannei der selbstherrlichen Elfen zurückfallen.«
Baidan blickte auf das heillose Durcheinander der Zeltstadt. »Ist das die Ordnung der Welt, von der du träumst?«
»Wir befinden uns im Übergang, Junge. Da kann es keine Ordnung geben, weil alles sich ändert. Und denk einmal darüber nach, wie viel Ordnung die Freiheit verträgt.« Baidan schüttelte den Kopf. »Ich komme von einem Ort, an dem es den Tod bedeutet, wenn ich mich hundert Schritte von der schützenden Schiffsburg entferne. Die Steppe steht in Flammen, Vater. Das kann doch nicht die Welt sein, von der du träumst. Dort tobt ein mörderischer Krieg. Emerelles Herrschaft hat Frieden gebracht.«
»Einen Friedhofsfrieden, Junge. Es war die Ruhe der Gräber, die herrschte. Wir haben hier in der Burg Beweise dafür gefunden, dass sie mehre Meuchler gedungen hat, um Freidenker ermorden zu lassen. Und das waren keine Einzelfälle.«
»Im Windland wird auch nicht vereinzelt gestorben. Wenn der Wind aus der falschen Richtung bläst, vermag man in der Schiffsburg kaum noch zu atmen, so viele faulende Kadaver liegen dort im Gras.«
»Das ist die Unruhe des Übergangs in eine freiere Welt. Jedes Opfer, das wir heute bringen, wird in Zukunft Hunderte Leben retten.«
Baidan dachte an die schreckliche Hungersnot, die auf die Abschaffung des Geldhandels gefolgt war. An die gestürmten Getreidespeicher. An die langen Flüchtlingskolonnen all jener, die ihre Städte verlassen hatten, weil diese sie nicht mehr zu ernähren vermochten. Er musste eingestehen, dass dieser Schrecken Vergangenheit war. Viele neue Dörfer waren entstanden. Und weil aller alte Besitz aufgelöst worden war, besaß niemand mehr Land, als er durch eigene Arbeit bewirtschaften konnte.
Baidan hatte die Elfen nie gehasst, und doch hatte er große Genugtuung empfunden, als er zum ersten Mal einen Elfen an einem Pflug hatte stehen sehen. Manchmal jedoch hatte er auch das Gefühl, dass die Welt an Schönheit verloren hatte. Er dachte an die verwüstete Burg, die immer mehr einer Trollhöhle ähnelte. Und er fragte sich, welch blühende Parklandschaft sich wohl einst dort erstreckt hatte, wo sich nun das gewaltige Zeltlager befand. Hatten sie ihre Welt besser gemacht? Er wusste es nicht. Und er war froh, dass er nur ein Krieger war und nicht einer von jenen, die mit den besten Absichten die Welt veränderten und dabei Ströme von Blut vergossen. Ihre einzige Legitimation war dabei die Hoffnung auf eine Zukunft, die niemand kannte. Sosehr sein Vater auch eine goldene Zukunft
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