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Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Titel: Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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zurück. Er hätte nicht mit diesem dummen Geschwätz über ihren Vater anfangen sollen! Gewiss, sie hatte auch schon darüber nachgedacht, wie sie die Leiche des Alfadas zurückholen könnte. Aber er hatte Öl in dieses Feuer gegossen, ohne darüber nachzudenken, was das bedeutete. Sie war nur ein Mensch. Sie war nicht so zäh und ausdauernd wie er. Sie vermochte nicht über den Schnee zu laufen und dabei so wenig Spuren zu hinterlassen wie ein Windhauch. Sie brauchte mehr Schlaf. Und sie war keine so gewandte Kämpferin wie er, auch wenn sie mutig und ausdauernd war. Er war ihr älterer Bruder. Er hätte all dies besser wissen müssen!
    Das Feuer zu entfachen, dauerte nur wenige Augenblicke. All zu schnell fraßen die Flammen das Reisig. Noch einmal lief er hinab und suchte nach stärkeren Ästen. Als er zurückkam, fand er sie zur Seite gesackt. Ganz vorsichtig nahm er sie bei den Schultern und richtete sie auf. Ihre Kleider waren nicht mehr warm. Sie waren mit Schweiß und Blut durchtränkt. Statt sie zu schützen, tranken sie die Wärme ihres Körpers. Er musste sie ausziehen!
    Ihre Kleidung war starr. Die Verschnürung ihres Wamses ließ sich nicht mehr öffnen. Vorsichtig durchtrennte er die Lederriemen mit seinem Jagdmesser. Die engen Felswände in ihrem Unterschlupf reflektierten die Wärme des Feuers. Der Rauch zog schlecht ab und kratzte in der Kehle. Melvyn wünschte, er hätte eine Decke, in die er seine Schwester einschlagen könnte. Oder zumindest trockenes Moos, um ihr kein Lager auf nacktem Stein bereiten zu müssen.
    Erschrocken bemerkte der Elf, dass sich an einigen ihrer Finger, dicht unterhalb der Nägel, Beulen gebildet hatten. Er massierte sie vorsichtig und versuchte die Wärme in ihre Glieder zurückzuholen. Ihm war das alles fremd. Kein Maurawani, den er kannte, hatte jemals an Erfrierungen gelitten. Er wusste nicht sicher, was zu tun war. Verzweifelt lief er noch einmal den Hang hinab zum Wäldchen, um mehr Brennholz zu holen. Als er zurückkehrte, saß Wolkentaucher auf dem Fels über ihrem Versteck. Im Schnee lag ein toter Steinbock. Er war noch warm!
    Melvyn zerrte den Bock an den wulstigen Hörnern in ihr Versteck. Sein Blut war noch nicht geronnen. Er schnitt leicht in die Kehle des Tiers. Dunkles Blut troff auf das helle Fell. Er presste den Einschnitt auf Kadlins Mund. Sie schluckte, ohne zu erwachen. Sie brauchte alles, was ihr Kraft geben konnte. Gebratenes Fleisch würde sie nicht kauen können. Und es würde zu lange dauern, den Bock zu zerlegen und ein paar Streifen Fleisch auf dem Feuer zu garen. Das konnte er später noch tun.
    Blut rann über ihre Kehle und zwischen ihren Brüsten hinab. Kein Laut kam über ihre Lippen. Er schob den Bock zur Seite und hielt seine Hand dicht vor ihren Mund, spürte aber keinen Atem. Erschrocken lauschte er an ihrem Herzen. Es schlug nur schwach und unregelmäßig. Das Herz des Kindes in ihr hörte er gar nicht schlagen. Er legte die Hand auf ihren nackten Bauch. Dort regte sich nichts.
    Er sperrte sich gegen die Gedanken des Adlers. Sein Gefährte hielt all das für nutzlos. Er riet ihm, seine Nestschwester ziehen zu lassen. »Scher dich davon!«, schrie er in plötzlicher Wut. Er würde nicht aufgeben! Es durfte nicht so enden! Nicht so! Er würde sich dem Tod entgegenstemmen. Ihm sein Opfer wieder entreißen. Wie hieß ihr Schicksalsgott? Luth! Er würde ihm die Klinge aus der Hand schlagen, mit der er die Lebensfäden der Menschen durchtrennte. Sie musste leben!
    Wolkentaucher flog fort. Er spürte, dass sein Freund keinen Groll gegen ihn hegte. Der Vogel war verwundert über so viel verschwendete Gefühle. Über den nutzlosen Kampf.
    Wieder rieb Melvyn Kadlin die Glieder. Aber es schien nicht zu helfen. Ihr Blut floss immer langsamer. Nichts vermochte sie aus ihrer tiefen Ohnmacht zu wecken. Sie würde langsam vom Leben in den Tod gleiten. Ohne Schmerzen.
    Wenn er sie nur mit seinem Zauber zu schützen vermochte! Er empfand keine Kälte. Seine Magie bewahrte ihn davor ebenso wie vor Hitze. Aber er konnte sie nicht schützen. Er war kein erfahrener Zauberer. Nur ein Jäger und Krieger.
    Vielleicht konnte er die Wärme seines Körpers auf sie übertragen. Das war das Letzte, was ihm noch blieb. Hastig streifte er seine Kleider ab. Er setzte sich auf den Felsboden, aus dem das Feuer die schlimmste Kälte vertrieben hatte. Dann zog er seine Schwester zu sich auf den Schoß. Sie sollte ganz von seiner Wärme umfangen sein. Er lehnte ihren

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