Die Elfen von New York
variieren, und die beiden harmonierten perfekt.
Die Tiere hörten mit ihrem Getratsche auf, um ihnen zuzuhören. Maeve und Padraig waren die besten Feenmusikanten Irlands, was fast das gleiche ist, als würde man sagen: die besten Musiker der Welt, obwohl Heather und Morag in diesem Punkt vielleicht anderer Meinung waren.
Kerrys Apartment bestand aus zwei kleinen Räumen. Das Bett stand auf einem Sockel, und darunter waren ihre Kleider verstaut. Sie lag auf dem Bett. Morag lag neben ihr.
»Daheim in Schottland«, sagte die Fee, »bin ich für meinen psychologischen Scharfblick berühmt. Nun, mir fällt auf, daß du, seit ich hier bin, nie richtig glücklich warst. Hab ich recht?«
Kerry brach in Tränen aus.
»Ich war schon unglücklich, lange bevor du aufgetaucht bist«, sagte sie.
»Aber warum? Du lebst doch gut. Bestens sogar! Alle mögen dich. Die Liebhaber stehen Schlange vor deiner Tür, obwohl du sie alle wegschickst.«
Kerry starrte auf das Plakat der New York Dolls. Schmollend erwiderten sie Kerrys Blick.
»Ich schicke sie weg wegen meiner Krankheit«, erklärte Kerry.
Kerry hatte die Crohnsche Krankheit, ein sehr unangenehmes Leiden, das den Darm zerfrißt.
»Nach einer Weile müssen die Ärzte die kaputten Stellen rausschneiden.«
Morag schüttelte sich. Das überstieg ihre Vorstellungskraft.
Kerry schob ihr Hemd hoch. Auf der linken Seite ihres Bauchs klebte ein Beutel.
Die Bedeutung und Funktion dieses Beutels waren Morag nicht klar, bis Kerry es ihr erklärte.
Morag starrte bedrückt zum Fenster hinaus. Draußen strömte das Leben vorbei, aber sie nahm es kaum wahr. Sie stellte sich vor, wie es wohl sei, ein Loch in den Bauch geschnitten zu bekommen, damit sich die Exkremente in einen Beutel entleeren konnten.
Die Sonne stach. Brütende Hitze lag über der Stadt. Passanten schleppten sich schwitzend auf dem Bürgersteig dahin, und Autofahrer fluchten und drückten auf die Hupe.
Kerry liebkoste ihren dreiblütigen, walisischen Klatschmohn, eine geradezu unvorstellbar seltene Blume und der Stolz ihrer Sammlung. Als Kerry den Klatschmohn auf einem Abbruchgelände gefunden hatte, war sie überhaupt erst auf die Idee mit dem Blumenalphabet gekommen. Sie küßte die Mohnblume, streichelte sie und flüsterte ihr zärtliche Worte zu.
Als nächstes sah sie nach ihrer Mimulus cardinalus, einer schönen rotgelben Blume, dem Neuzuwachs in ihrem Blumenalphabet. Die abgeschnittene Blume hing mit den Blüten nach unten an der Wand zum Trocknen. Sowie sie trocken genug war, würde Kerry sie mit Haarspray besprühen und zu den anderen fünfzehn, auf die gleiche Weise konservierten Blumen auf den Fußboden legen.
Cal hatte Kerry verlassen, als er von ihrer Krankheit erfuhr. Er hatte erklärt, eine Beziehung mit jemand, dessen Exkremente sich in einen Beutel am Bauch entleerten, sei für ihn ausgeschlossen. Kerry war sehr elend zumute gewesen.
Morag seufzte. Ein Mensch zu sein schien in der Tat einige sehr unerfreuliche Seiten zu haben.
6
»Ich will keine Geigenstunde«, erklärte Dinnie. »Und ich will dich nicht hier haben. Geh zu deiner Freundin.«
»Sie ist nicht meine Freundin«, protestierte Heather. »Das Unglück wollte es, daß wir uns begegnet sind. Ich hatte Mitleid mit ihr. Ehrlich gesagt, hat sie mir nichts als Ärger gebracht.«
Heather ließ sich mit einem Fingerhut voll Whiskey nieder, den sie aus der Bar an der Ecke hatte mitgehen lassen.
»Plustert sich die ganze Zeit auf! Nur weil sie ein paar übersinnliche Kräfte hat. Na und? Übersinnliche Kräfte sind Massenware unter Feen. Ich würde sowas nicht geschenkt haben wollen. Ihr Grundproblem ist natürlich, daß sie wahnsinnig eifersüchtig ist auf mein herrliches blondes Haar. Alle Männer im schottischen Feenreich sind deswegen ganz verrückt nach mir. Das konnte sie einfach nicht verkraften. Blondinen bevorzugt, wie wir in den Highlands sagen.«
»Ihr habt doch beide gefärbte Haare«, stellte Dinnie fest und betrachtete stirnrunzelnd den karmesinroten Ansatz von Heathers blonder Mähne.
»Aber meins hat schon immer viel besser ausgesehen«, kicherte Heather in sich hinein. »Morags ist zu dunkel; es läßt sich nicht richtig färben.«
Dinnie starrte mürrisch die Wand an. Er glaubte nicht an Feen, aber selbst wenn, so hätte er nicht damit gerechnet, daß sie ihre Zeit damit zubrachten, gegenseitig ihre Frisuren schlechtzumachen.
Er schielte zu seiner Geige hin. Niedergeschlagenheit machte sich auf seinem dicken rosa
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