Die Elfen von New York
anderswo eine Bleibe«, fauchte er sie an.
Heather antwortete, sie könne einen MacKintosh, der in Schwierigkeiten stecke, unmöglich im Stich lassen.
»Ich stecke in überhaupt keinen Schwierigkeiten.«
»Doch, das tust du!«
In Wirklichkeit wußte Heather nicht, wo sie sonst hin sollte. Aber davon abgesehen, nahm sie es als deutlichen Wink des Schicksals, daß der erste Mensch, dem sie in dieser riesigen Metropole begegnete, auch ein MacKintosh war, und deshalb blieb sie mit Vergnügen. Dank ihrer Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen, hatte Dinnie keine Chance, sie fortzujagen, so gern er das auch getan hätte.
Jetzt saß sie da, aß seine Kekse und spielte mit seiner Fernbedienung. Nur vage vertraut mit der kleinen Programmauswahl daheim in Britannien, war sie fasziniert von den fünfzig Kanälen, die über Dinnies Fernseher flimmerten.
Dinnie war unterwegs, um Geld zu verdienen. Er hatte Heather angemault, daß er mit der Miete im Rückstand sei und vielleicht aus der Wohnung geworfen würde.
»Na sehr gut, bestens«, sagte Heather, der nicht klar war, was das bedeutete.
Er hatte einen schrecklichen Vormittag damit verbracht, vor dem Büro des Kurierdienstes herumzuhängen und auf Arbeit zu warten. Als Fahrradkurier war Dinnie eine Katastrophe. Zu dick, um schnell zu radeln, und zu streitlustig für die meisten Aufträge, konnte er froh sein, wenn er überhaupt etwas verdiente. Hauptsächlich war er jedoch eine Witzfigur für die anderen Fahrradkuriere.
Heute war, wie an den meisten Tagen, seine Warterei vergebens gewesen, und Dinnie radelte schlecht gelaunt nach Hause und zerbrach sich den Kopf, woher er das Geld für die Miete nehmen sollte.
Auf der 4. Straße strampelte er an Kerry vorbei. Dinnie legte die Stirn in tiefe Falten. Er sah Kerry oft, und er konnte sie nicht ausstehen.
»Du Früchtchen«, brummte er, wenn sie an ihm vorübertänzelte.
»Du schwuler Gitarrist«, zischte er leise jedem geschmeidigen und attraktiven jungen Mann hinterher, der neben ihr her wanderte.
»Du Schlampe«, murmelte er, wenn er in einsamen Nächten früh um vier aus seinem Fenster starrte und sah, wie ein Taxifahrer der betrunkenen und kichernden Kerry aus dem Auto die Treppe hoch zu ihrem Apartment half.
Dinnie fühlte sich sehr angezogen von Kerry.
Als er die Wohnung betrat, begrüßte Heather ihn freudig.
»Sprich mich nicht an«, knurrte er. »Ich habe beschlossen, nicht an dich zu glauben. Hoffentlich verschwindest du dann.«
»Warum bist du nur so grantig zu mir?«
»Weil ich ein vernünftiger Mensch bin und keine Zeit habe für fiese kleine Feen.«
Dinnie öffnete eine Dose Cornedbeef, machte es in der Pfanne warm, aß und stapelte das Geschirr in die Spüle. Er war bemerkenswert unordentlich. In seinen beiden großen Zimmern war nichts sauber oder an seinem Platz. Für die Miete, die er zahlte, war seine Wohnung erstaunlich groß, denn die Räume über dem Kino, in denen er lebte, waren eigentlich nicht als Wohnraum gedacht. Er hatte sie – nicht ganz legal – vom Hausmeister gemietet. Und aus diesem Grund lebte er in ständiger Angst, selbst wenn er nicht mit der Miete im Rückstand war.
»Ich habe eine unglaubliche Sendung gesehen«, sagte Heather, »über eine große Familie, die Ölquellen in Texas besitzt. Stell dir vor, einer von ihnen hatte einen Autounfall und bekam wegen seiner Verletzungen keine Luft mehr, also stieß seine Sekretärin, die früher mal Krankenschwester war, ihm ein Messer in die Kehle, steckte ihm einen Federkiel in die Luftröhre und blies hinein, bis der Arzt kam, und rettete so sein Leben. Einen Notluftröhrenschnitt nennt man das, glaube ich. Im Krankenwagen hielt er dann ihre Hand und sagte, daß er sie liebe. Ich war zu Tränen gerührt.«
Dinnie sagte kein Wort, holte seine Geige, stieg die Treppe hinunter und radelte entschlossen die Second Avenue hinauf.
»Wohin fahren wir?« fragte eine körperlose Stimme vom Lenkrad her.
Dinnie schrie auf und fiel vom Fahrrad.
»Kein Wunder, daß du als Fahrradkurier kein Geld verdienst«, sagte Heather und klopfte sich den Staub vom Kilt. »Du baust ja dauernd Unfälle.«
Dinnie hustete und röchelte.
»Brauchst du einen Luftröhrenschnitt?« fragte Heather hoffnungsvoll und zog ihr winziges Schwert aus der Scheide.
»Was zum Teufel machst du hier?«
»Ich hatte Lust auf einen kleinen Ausflug.«
Dinnie hatte vor, auf der Straße Geige zu spielen, und das tat er nur in Zeiten allerhöchster Not.
Er kettete sein
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