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Die Elfen von New York

Die Elfen von New York

Titel: Die Elfen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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sie schnell von Begriff.
    Dinnie war nicht schnell von Begriff.
    »Streich den Bogen sanft. Du willst die Geige doch nicht zersägen!«
    Schon nach fünf Minuten der ersten Unterrichtsstunde begann Heather, ihren Vorschlag zu bereuen. Ebenso Dinnie. Er baute seinen großen, dicken, ungelenken Körper vor der Fee auf.
    »Ich habe es mir anders überlegt«, sagte er. »Verschieben wir’s auf ein andermal.«
    Heather biß die Zähne zusammen.
    »Dinnie, gleich reißt mir die Geduld! Wenn eine Fee dir Musikstunden gibt, dann ist das eine große Ehre. Du mußt dich freuen.«
    »Ich scheiß auf die große Ehre, du dämliche Fee«, donnerte Dinnie.
    »Du fetter Scheißer, scher dich zum Teufel!« donnerte Heather zurück. Sie hatte inzwischen in der Bar an der Ecke ein paar hilfreiche Ausdrücke aufgeschnappt.
    Sie funkelten sich gegenseitig an.
    »Nimm die Geige.«
    »Ich hab was Besseres zu tun.«
    »So? Was denn, zum Beispiel? Was hast du denn heute abend vor? Vielleicht ein paar Freunde besuchen?«
    Dinnies tief in Fettpolstern vergrabene Augen schauten mißmutig.
    »Du hast überhaupt keine Freunde, stimmt’s?«
    »Na und?«
    »Das will ich dir sagen: Obwohl du so unglaublich grob zu mir bist, freust du dich im Grunde, daß ich hier bin, denn sonst hättest du überhaupt niemand zum Reden. In dieser riesigen Stadt hast du keinen einzigen Freund. Oder stimmt das etwa nicht?«
    Dinnie griff zur Fernbedienung und stellte den Fernseher an. Heather sprang flink auf und machte ihn wieder aus.
    »Aber deshalb mußt du nicht den Kopf hängen lassen, Dinnie. Ich habe schon eine Menge über diese Stadt gelernt. Offenbar ist Einsamkeit hier nichts Ungewöhnliches. Das habe ich in einem Artikel in einer Frauenzeitschrift gelesen, die ein alter Mann in einer Bar durchgeblättert hat. In Cruickshank sind alle freundlich zueinander. Wieso hier, wo es so viele Menschen gibt, ein paar davon überhaupt nicht freundlich sind, weiß ich nicht, aber für dich kann ich die Sache schon regeln.«
    »Spar dir die Mühe«, brummte Dinnie.
    »Das ist keine Mühe für mich. Bei den schottischen Feen bin ich berühmt für die Leichtigkeit, mit der ich Freunde gewinne. Wegen meines goldenen Haares und meiner außerirdischen Schönheit sind natürlich sowieso alle wild darauf, sich mit mir anzufreunden -was, nebenbei bemerkt, Morag zum Wahnsinn treibt. Daheim in Schottland wurde selbst der gröbste Troll Wachs in meinen Händen.«
    »Na wunderbar. Wenn dir auf der 4. Straße ein Troll über den Weg läuft, dann hast du ja keine Probleme.«
    »Ich bin die beste Fiedlerin der Welt, und da sich jetzt eine MacKintosh-Fee deiner annimmt, wirst du auch bald ein Meister des Instruments sein. Du hättest hören sollen, wie Neil Gow gespielt hat, ehe meine Mutter ihm ein paar Tricks beibrachte.«
    »Wer ist Neil Gow?«
    »Wer Neil Gow ist? Der größte schottische Fiedler aller Zeiten! Er wurde in Inver geboren, ganz in der Nähe meines Heimatdorfs. Er liegt auf dem Friedhof von Little Dunkeid begraben, ein wunderschönes Plätzchen, obwohl ich gestehen muß, daß wir Feen für Friedhöfe nicht allzu viel übrig haben. Ich könnte dir so viele interessante Geschichten über Neil Gow erzählen.«
    »Wovon du dich bestimmt auch nicht abhalten lassen wirst.«
    »Später. Jedenfalls war seine Technik eine Katastrophe, bis meine Mutter ihn unter ihre Fittiche nahm. Meine Familie hat alle großen Violinisten Schottlands unterrichtet, und auch ich werde Erfolg haben bei dir, da bin ich mir sicher. Hör also auf, dauernd die Fernbedienung anzustarren, und laß uns weitermachen.
    Lektion eins. ›The Bridge of Balater‹, ein langsamer Tanz, von Meisterhand gespielt aber ein bewegendes Stück.«
    Heather spielte ›The Bridge of Balater‹, einen langsamen Tanz, aber, von ihrer Meisterhand gespielt, eine ergreifende Melodie. Eine so virtuose Wiedergabe hatte man seit den Tagen Neil Gows nicht mehr gehört. Vögel ließen sich auf dem Fenstersims nieder und lauschten. Unten auf der Straße setzte sich Rachel, eine alte Stadtstreicherin, auf die Kinotreppe, um ihre müden Knochen auszuruhen und sich an Heathers Spiel zu ergötzen.
    »Wie schön, daß ich noch so was Hübsches zu hören bekomme, ehe ich sterbe«, murmelte sie vor sich hin und wärmte ihr Herz an der Aura der Fee.
    Oben strahlte Heather Dinnie an.
    »So, und jetzt bist du dran.«
    Dinnie, sein zerfleddertes Exemplar der ›Gow-Sammlung schottischer Tanzmusik‹ auf den Knien, kämpfte sich durch die

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