Die Elfen von New York
ihre Wunden auswusch.
Morag, die sich schrecklich elend fühlte, erzählte alles, und Kerry war fassungslos. Sie konnte kaum glauben, daß ihre umgängliche Freundin in den Straßen New Yorks einen ausgewachsenen Rassenkrawall angezettelt hatte, und hatte plötzlich die grausige Vision einer Feenpolizei, die mit Tränengas und Plexiglasschilden anrückte, um Ordnung zu schaffen.
»Es war entsetzlich«, klagte Morag. »Alle droschen aufeinander los, und Heather und ich mitten drin, drauf und dran, uns gegenseitig umzubringen, während all die fremden Feen um uns herum schrien und brüllten ..,«
Sie brach ab und schüttelte sich.
»… und dann auch noch die MacLeods. Ailsa MacLeod kam mitten ins Getümmel vorgeprescht und fuchtelte wild, wie sie nun mal ist, mit ihrem Schwert vor meiner Nase herum und schrie, sobald sie mich aus den Händen der Fremden befreit hätte, würde sie mich höchstpersönlich in Stücke hauen.«
Doch das Auftauchen der MacLeods war ein Glück für Morag und Heather gewesen. Gut bewaffnet, kampferprobt und diszipliniert hatten sie eine Bresche für die beiden geschlagen, die daraufhin schnell auf die andere Straßenseite flohen und sich in einer Mülltonne versteckten. Mittlerweile völlig verängstigt durch das Gemetzel, hatten Heather und Morag von ihrem persönlichen Zweikampf abgelassen und sich darauf konzentriert, bloß nicht entdeckt zu werden.
Als Kerry die Wunde an ihrem Hinterkopf auswusch, zuckte Morag zusammen.
»Und wie ging es weiter?«
»Der Kampf dauerte noch ewig. Aber irgendwann hörte das Geschrei auf, und als wir vorsichtig aus der Mülltonne lugten, war niemand mehr zu sehen. Heather schleuderte mir Beleidigungen an den Kopf, und ich ihr noch schlimmere, aber wir waren beide nicht mehr mit dem Herzen bei der Sache, darum gingen wir nach Hause.«
»Und was ist mit den MacLeods?«
Morag zuckte die Schultern. Spurlos verschwunden, wie die anderen auch. Sie verstand nicht, wieso die Schwestern sie einfach hatten entkommen lassen. Am schlimmsten aber war die Sache mit der MacPherson- Fiedel. Sie lag jetzt zertrümmert im Rinnstein, von einem Auto überfahren.
»Ich habe das heiligste Erbstück meines Clans zerstört, eins der wichtigsten Artefakte der schottischen Feen.«
Morag war untröstlich, die absolut unglücklichste Fee in New York – abgesehen von Heather auf der anderen Straßenseite, der es auch nicht viel besser ging.
Als Kerry Morags Wunden gewaschen und verbunden hatte, legte sie die Fee ins Bett und machte sich an die tägliche Prozedur, ihren Kolostomiebeutel auszuwechseln. Dabei dachte sie nach, wie sie Morag helfen könnte. Aber auch an ihren gestrigen Tag mit Dinnie dachte sie, der überraschend schön gewesen war.
Johnny Thunders hatte verwundert zugesehen, wie sich die Feen in der 4. Straße eine Straßenschlacht lieferten. Das Ganze erinnerte ihn an die Krawalle bei einem lang zurückliegenden Auftritt in Schweden, als er so betrunken war, daß er von der Bühne fiel und nicht mehr spielen konnte.
Jetzt herrschte wieder Ruhe da unten, und Johnny betrachtete die Blume in seiner Hand, die Ailsa im Eifer des Gefechts hatte fallen lassen. Eine sehr schöne Blüte, dachte er.
32
Kerry lag matt in ihren Kissen; sie war müde und fühlte sich unwohl. Sie hatte Schmerzen in der Magengegend, immer ein besorgniserregendes Zeichen. Trotzdem dachte sie über Morags Probleme nach.
»Ich finde wirklich, ihr solltet den MacLeods die Fahnenstücke zurückgeben. Damit wärst du wenigstens eins deiner Probleme los.«
»Das können wir nicht.« Morag schüttelte den Kopf.
»Ich weiß, was du fühlst«, sagte Kerry. »Aber übertreibst du deine Sentimentalität nicht ein bißchen? Die Erinnerung bleibt dir doch. Die kann dir niemand nehmen.«
Morag sah Kerry verwundert an und fragte, wovon sie überhaupt reden würde. Kerry erzählte ihr, warum sich ihrer Meinung nach die beiden Feen nicht von den Tüchern trennen wollten.
Morag prustete los.
»Deshalb doch nicht! Wir können den MacLeods die Stücke nicht zurückgeben, weil wir uns damit die Nase geputzt haben. Es war saukalt in der Nacht, und wir waren beide verschnupft.«
»Ihr habt in die Fahne gerotzt?«
»Genau! Und wenn die MacLeods je dahinterkommen, daß wir ihr heiliges Feenbanner als Rotzfahne benutzt haben, bricht ein Großkrieg aus, der ein entsetzliches Blutbad unter den Feen Schottlands anrichten wird. Der gesamte Clan würde im Nu von Skye nach Schottland übersetzen und gegen
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