Die Elfen von New York
ihre Freunde rasten Hals über Kopf die Feuerleiter hinauf.
Noch ein Stück weiter die Straße hinauf war der Kuß auch von Morag und den Chinesen beobachtet worden.
»Es hat geklappt«, schrie Morag, und die Chinesen jubelten vor Freude. Morag fegte von ihrem Beobachtungsposten herab und plumpste im nächsten Moment auf Dinnies Schulter.
Sie hätte ihr Versprechen eingelöst, informierte sie ihn, und die Fiedel würde jetzt ihr gehören.
»Gut«, murmelte Dinnie, und Morag und ihre Freunde stürzten das Treppenhaus des alten Kinos hinauf.
Johnny Thunders saß auf dem Dach des Kinos und dachte über das Leben nach. Eigentlich war doch alles in bester Ordnung. Er hatte keine Drogenprobleme mehr und ein neues Zuhause im Himmel, wohin er jederzeit zurückkehren konnte. Aber seine Freunde, die chinesischen Elfen, hatten ihm erzählt, seine Gibson Tiger Top sei im Besitz einer total bekloppten Pennerin, und das verdarb ihm alles. Er verspürte die gleiche Unzufriedenheit wie damals bei den Plattenaufnahmen, wenn die Studios so miserabel abmischten. Die beiden New York Dolls-Alben und auch das Heartbreaker-Album waren berüchtigt für ihre schlechte Klangqualität. Auf keiner der Platten kamen seine großartigen Songs und seine superbe Gitarrentechnik richtig zur Geltung.
Er wußte, daß Kerry auf der anderen Straßenseite wohnte. Bei Gelegenheit wollte er ihr ein paar Griffe beibringen, was aber angesichts der Tatsache, daß er jetzt ein Geist und Bewohner anderer Sphären war, sich als gar nicht so einfach erweisen könnte.
Okailey sah zum Straßenschild hoch.
»4. Straße. Bald haben wir das Gebiet der Italiener erreicht, Göttin sei Dank! Nie wieder fahre ich auf einem Möbelwagen den Broadway hinunter.«
»Okailey«, sagte einer ihrer Begleiter, als sie vor einer Ampel hielten.
»Ja?«
»Guck mal, ich glaube, dort drüben zanken sich zwei Feen.«
Erstaunt sahen Okailey und ihre Begleiter in die gewiesene Richtung.
»Sie gehört mir!« schrie Morag und zerrte an der Fiedel.
»Du blödes Aas, du dämliche MacPherson, sie gehört mir!« schrie Heather zurück. Sie umklammerte das andere Ende der Fiedel, die, da beide keine Zeit gehabt hatten, sie auf Feengröße zu schrumpfen, viel zu groß und schwer war, als daß eine von ihnen damit hätte abhauen können.
»Ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt!«
»Was zum Teufel meinst du damit, du hast deinen Teil der Abmachung erfüllt. Du hattest doch gar keine Abmachung!«
»Hatte ich wohl!« brüllte Morag. »Ich habe dafür gesorgt, daß Kerry sich in Dinnie verliebt!«
»Was?«
Heather, die zum ersten Mal von einer Abmachung zwischen ihrem menschlichen Begleiter und der hinterhältigen MacPherson hörte, war außer sich.
»Du widerliche Intrigantin! Immer mußt du dich in meine Angelegenheiten mischen. Wie kannst du dich unterstehen, dich anzuschleichen und mit Dinnie einen Handel abzuschließen! Aber deiner zählt sowieso nicht, denn mein Handel mit ihm war zuerst. Schließlich habe ich dafür gesorgt, daß Kerry sich in ihn verliebt.«
»Was?« Morag wurde sogar noch wütender, als sie erfuhr, daß Heather sich unterstanden hatte, die Fiedel gegen die zarten Gefühle ihrer Freundin Kerry einzuhandeln.
»Wie kannst du es wagen, meine süße Kerry dazu zu bringen, sich in dieses Ekel von einem MacKintosh zu verlieben? Das ist ja ungeheuerlich! Aber es spielt sowieso keine Rolle, weil ich diejenige war, die das bewerkstelligt hat!«
An diesem Punkt hätte Morag beinahe zugegeben, daß Kerry Dinnie sowieso nur zum Narren hielt, aber klugerweise verschwieg sie das lieber.
»Die Fiedel gehört mir.«
»Nein, sie gehört mir.«
Es war ein unlösbarer Streit. Ob nun Heathers Abmachung die gültige war oder Morags – beide waren davon überzeugt, daß der erfolgreiche Abschluß der Sache ihr Verdienst war.
Unter den Blicken ihrer Freunde fauchten und keiften sich die beiden Distelfeen auf das Gewaltigste an. Da beide den ganzen Tag getrunken hatten, waren sie äußerst reizbar. Schließlich verlor Heather die Beherrschung und schlug Morag ins Gesicht.
Morag ließ sofort die Fiedel los und begann, Fausthiebe auszuteilen. Im nächsten Moment hatten sie sich so ineinander verkeilt, daß sie vom Bürgersteig purzelten und in den Rinnstein fielen.
Die Italiener waren beunruhigt. Als Morag Heather dann mit voller Wucht in den Bauch trat, hatte Mario das Gefühl, jetzt sei der Punkt gekommen einzuschreiten, und hielt Morags Beine fest. Die Chinesen
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