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Die Elfen von New York

Die Elfen von New York

Titel: Die Elfen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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vollständig – abgesehen von dem walisischen Klatschmohn.
    Die zweiunddreißig Blüten auf dem Boden waren ein beruhigender und überaus schöner Anblick. Mit Liebe und Sorgfalt hatte Kerry sie so konserviert, daß sie wie frisch aussahen.
    Kerry war stolz darauf, so weit gekommen zu sein, obwohl der fehlende Klatschmohn natürlich bedeutete, daß sie den Preis nicht gewinnen würde. Sie konnte schließlich kein unvollständiges Alphabet einreichen. Das widersprach ihrem künstlerischen Anspruch. Botticelli hätte auch kein unfertiges Fresko in der Sixtinischen Kapelle hinterlassen. Genausowenig wie Johnny Thunders ein unfertiges Gitarrensolo aufgenommen hätte.
    Trotzdem fand sie es unfair. Ein Mann, der ihr erst versprochen hatte, ihr Gitarrespielen beizubringen, und sie dann sitzenließ, verdiente keine öffentliche Anerkennung.
    Eins aufs Maul verdient Cal, dachte Kerry. Und wenn ich je wieder stark genug bin, dann gebe ich ihm eins drauf.
    Sie seufzte und machte sich für ihren Gang zur Apotheke fertig. Alle paar Wochen mußte sie dort einen größeren Vorrat an Kolostomiebeuteln, Befestigungsringen, Säuberungslösung und Tabletten holen, die ihre Krankheit in Schach halten sollten.
    Sie glaubte nicht mehr daran, daß ihr Darmausgang eines Tages durch eine Operation wieder an die richtige Stelle verlegt werden konnte, und der Gedanke daran, den Rest ihres Lebens mit diesen Beuteln herumlaufen zu müssen, deprimierte sie zutiefst.
    Sie war müde. Es schien ihr sehr lange her, seit sie sich das letzte Mal richtig wohl gefühlt hatte.
    Die Rebellen sahen zu, wie die englische Armee von den aufragenden Steinen auf die Mondbögen stieg. In der Ferne hörten sie das Geheul der Söldnerhunde.
    »Sie sind hinter uns her.«
    Verzagt ließen die Rebellen die Flügel sinken. Tagelang hatten sie nichts gegessen, und nach dem Schwimmen durch den unterirdischen Fluß waren sie so erschöpft, daß sie nicht mehr die Kraft hatten, ihren Verfolgern durchs Bodmin Moor davonzulaufen.
    »Die Mondbögen«, rief Aelric. »Sobald die Armee außer Sicht ist, schleichen wir uns hinter ihr her in den Himmel hinauf.«
    Die anderen starrten ihn an, erstaunt über seine Verwegenheit. Keine Frage, ihr ehemaliger Führer gewann seine alte Tollkühnheit zurück und entwickelte wieder brillante Ideen.
    In Wirklichkeit hatte Aelric gesehen, wie Marion mit umgeschnalltem Schwert auf einen der Mondbögen stieg. Und wo sie hin ging, wollte auch er sein.
    Solange Heather Dinnies Diätplan überwacht hatte, war ihm nur ein Bier pro Tag erlaubt gewesen. Jetzt, nach neun Dosen Schlitzer Bier, hatte sich der Aufruhr seiner Gefühle gelegt, aber seine Geigentechnik war entsetzlich. Er mühte sich ab, die Finger auf die richtigen Saiten zu drücken, doch mit wenig Erfolg. Sein gräßliches Gekrächze lenkte die Leute von den Baseballspielen ab; die Schläfer wachten auf, aber nur, um ihn anzubrüllen, er solle sofort mit dem Krach aufhören.
    »Wie könnt ihr es wagen, mich zu beleidigen!« brüllte Dinnie trotzig zurück. »Ihr solltet dankbar sein, eine so schöne Melodie wie ›Tullochgorum‹ zu hören.«
    »Ach, das sollte ›Tullochgorum‹ sein?« fragte Sheilagh MacPherson, Oberhaupt ihres Clans, die lautlos neben ihm gelandet war. »Wir waren uns nicht sicher und dachten schon, eine schottische Fiedlerin würde angegriffen und benutzte ihr Instrument, um den Feind abzuwehren. Trotzdem vielen Dank, daß du uns den Weg gewiesen hast. Wo sind Heather und Morag?«
    Dinnie sah hoch und stöhnte auf. Von oben aus dem Himmel kam eine riesige Parade schottenberockter Feen auf die Erde herabgestiegen.
    »Warum immer ich?« murmelte er. »Ich bin doch bloß ein ganz normaler Bürger. Das habe ich nicht verdient!«

37
     
    Der Mond stand über dem Central Park. Mehrere Mondbögen senkten sich aus den ziehenden Wolken herab, und von ihnen kam in Reih und Glied das englische Feenheer herabmarschiert.
    Die Parkfeen starrten fassungslos. Sie waren entsetzt über die Größe von Talas Armee. Regiment um Regiment erreichte den Boden, schwerbewaffnete Kobolde und alle möglichen, niederträchtig aussehenden Gestalten mit geifernden und japsenden Cu Sidth-Hunden.
    »Jetzt sind wir erledigt«, flüsterte Tulip, und Okailey, Shau-Ju und Cesare neben ihm nickten verzagt. Wie es schien, hatten die New Yorker Feen ihre Streitigkeiten nur begraben, um jetzt von einem fremden wilden Heer abgeschlachtet zu werden.
    »Wo bleiben eure schottischen Landsleute?«

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