Die Elfen von New York
Merlinhöhle aus gerieten sie in den Sog eines kalten, unterirdischen Stroms, der sie schließlich im Bodmin Moor an Land spülte. Mehr tot als lebendig zwar, aber immerhin in Sicherheit.
»Guter Plan von dir, Aelric!« Aelis machte einen kläglichen Versuch, sich das Wasser aus den triefenden Flügeln zu schütteln.
Eine feuchte Brise strich über das Moor.
»Was ist denn das?«
Direkt vor ihnen ragten riesige, im Kreis stehende Steine in die Luft, von denen mehrere Mondbögen aufstiegen. Und am Füße der Bögen war das komplette Heer Talas versammelt.
Dinnie war ratlos. Sollte er versuchen, sich mit Kerry zu versöhnen, oder nicht? Er konnte ja verstehen, daß sie nicht gerade erbaut gewesen war, ihn mit einer Zufallsbekanntschaft nackt auf dem Boden zu erwischen. Da er jedoch, was Zweierbeziehungen betraf, wenig Erfahrung hatte und mit Dreiecksgeschichten schon gar nicht, war er wirklich am Ende seines Lateins.
»Ach, ist sowieso alles scheißegal!« rief er in sein leeres Zimmer hinein. »Ich habe sie eh nie leiden können. Sie ist eine Niete. Fast so blöd wie die bekloppte Fee.«
Mit den Feen war Dinnie endgültig fertig. Am besten, sie kamen ihm nie mehr unter die Augen. Er kam schon allein zurecht, und seine Miete konnte er auch selbst zahlen. Er würde eben wieder auf der Straße Musik machen. Mit seiner alten Fiedel und seinem neuen Repertoire bewaffnet, zog er siegesgewiß los.
Draußen war es heiß und schwül, weshalb Dinnie sofort Lust auf ein kühles Bier bekam und erst einmal zum Laden hinüberging. Vor dem Aufgang zum alten Kino wurde gerade die Leiche eines Penners in einen Krankenwagen geladen. Dinnie war inzwischen so an den Anblick gewöhnt, daß er kaum hinsah.
»Ihr dämlichen Feen habt wohl auch nichts Besseres zu tun, als den ganzen Tag in Hauseingängen herumzulungern«, rief er laut, während er an Kerrys Haus vorüberstapfte.
»Willst du Kerry nicht mal besuchen?« fragte Morag.
Dinnie schniefte verächtlich.
»Was soll ich denn mit der? Um mich reißen sich genug Frauen, das kann ich euch versichern.«
»Na, wie’s scheint, ist er wieder ganz der alte«, sagte Morag, und Heather stimmte ihr zu.
»Soll mir recht sein. Der neue, höfliche Dinnie war schwer zu ertragen.«
»Ist Kerry traurig über die ganze Geschichte?«
»Weiß ich nicht.«
Dinnie machte sich auf den Weg zum Washington Square. Dort angelangt, packte er seine Geige aus. Nach zwei Bier und einer Großpackung Kekse war er voller Zuversicht. Als ein streunender Hund auf ihn zukam, versetzte er ihm, ohne zu zögern, einen kräftigen Tritt in die Rippen, woraufhin das Tier erschreckt und verwirrt fortlief. Dinnie klemmte sich die Geige unter sein inzwischen klar zu erkennendes Kinn und fiedelte los. Bei der Hitze war der Park voller Leute; einen besseren Tag, sich seine Miete zu verdienen, hätte er sich nicht aussuchen können.
Kaum hatte er zu spielen angesetzt, kam ein Mädchen vorbei, das Kerry zum Verwechseln ähnlich sah. Dinnie merkte, wie ihn das völlig aus dem Takt brachte. Sein Arm zitterte, und er spürte einen leichten Stich im Herzen.
Er ließ die Fiedel sinken und rannte los, sich noch ein Bier holen.
»Wohin führt uns dieser Mondbogen?«
Sheilagh MacPherson, das Oberhaupt des Clans, zuckte mit den Schultern. Über den Atlantik, aber was sie auf der anderen Seite erwartete, wußte sie nicht. Im Gegensatz zu anderen Feen und Elfen ihres Clans, vergeudete sie ihre Zeit nicht in öffentlichen Bibliotheken. Die Bücher der Menschen interessierten sie nicht.
»Nur die Göttin weiß, wohin er uns bringt. Aber macht euch keine Sorgen, wir werden schon merken, wann wir runter müssen, denn die MacLeods haben versprochen, im richtigen Moment ›Tullochgorum‹ zu spielen.
Egal, wohin uns der Mondbogen führt, ich bin sicher, daß wir am anderen Ende Morag MacPherson treffen. Ich will sie ja gern wieder in unserer Mitte aufnehmen, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß sie sich zusammennimmt und nicht wieder Ärger mit den MacLeods anfängt. Es ist überhaupt ein Wunder, daß wir hier alle vereint über den Mondbogen ziehen, was aber bloß zeigt, wie ernst die Lage ist.«
Hinter dem MacPherson-Clan marschierten die MacKintoshs und dahinter die MacLeods mit ihren Verbündeten. Die Botschaft Mairis, der mächtigsten Seherin und Übermittlerin Schottlands, war nicht nur auf der Insel Skye empfangen worden, sondern über die Western Isles bis tief hinein nach Schottland gedrungen, woraufhin der
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