Die Elfen
ich hätte meine Kräfte noch nicht genutzt, um nach Wasser zu suchen? Warum habe ich dir wohl die tote Katze gezeigt? Das ist unsere Zukunft. Es gibt kein Wasser im Umkreis von mindestens einem Tagesritt. Nur das Wasser in uns. Unser Blut… So einfach ist die Wahrheit. Kurz bevor ich die Katze sah, habe ich es erst versucht. Da ist nichts .«
Nuramon blickte angespannt nach Osten. Er schien ihm nicht einmal zuzuhören!
»Hat die Sonne das letzte bisschen Höflichkeit aus dir herausgebrannt? Sag was! Hörst du mir überhaupt zu?«
Nuramon deutete voraus in die leere Wüste. »Dort. Da ist etwas.«
Eine Windbö trieb einen dünnen Sandschleier auf sie zu. Wie die Meeresbrandung eilte er dahin und brach sich an den wenigen Felsen, die aus dem Sand ragten. Nicht weit entfernt folgte eine zweite, blasse Sandwoge.
»Da! Es ist wieder geschehen!«, rief Nuramon aufgeregt.
»Was?«
»Wir stehen hier auf dem Albenpfad. Pfeilgrade läuft er durch die Wüste. Denke ihn von hier aus weiter geradeaus. Etwas mehr als eine Meile, würde ich schätzen . Beobachte, wie die Sandschleier über ihn hinwegziehen. Dort ist etwas!«
Farodin sah in die angegebene Richtung. Aber dort war nichts! Keine Felsen, keine Düne. Nur Sand. Zweifelnd blickte er Nuramon an. Wurde er verrückt? Brachte ihn die Hoffnungslosigkeit um den Verstand?
»Es ist wieder passiert! Verdammt noch mal . Jetzt schau doch hin!«
»Wir sollten uns ein wenig Schatten suchen«, sagte Farodin beschwichtigend.
»Es kommt ein neuer Sandschleier. Bitte sieh hin!«
»Du…« Farodin traute seinen Augen kaum. Der Sandschleier zerriss. Kaum einen Herzschlag lang, dann war die Lücke wieder geschlossen. Es war, als glitte der Flugsand über einen Felsen hinweg, der den Schleier kurz zerteilte. Nur dass dort kein Felsen war.
Farodins Rechte glitt zum Schwertgriff. »Was ist das?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Eine unsichtbare Kreatur vielleicht?« Wer hätte etwas davon, unsichtbar zu sein? Ein Jäger! Jemand, der auf Beute lauerte! Hatte er sie heimlich beobachtet und wartete nun auf dem Weg, dem sie zu folgen gedachten? Farodin zog blank. Das Schwert fühlte sich ungewöhnlich schwer in seiner Hand an. Die Sonne hatte ihm die Kraft aus den Armen geschmolzen.
Ganz gleich, was da war, sie mussten sich ihm stellen. Jeder Augenblick, den sie zögerten, würde sie nur weitere Kraft kosten. »Ich seh mir das an. Beobachte du, was geschieht.«
»Wäre es nicht besser .«
»Nein!« Ohne sich auf weiteres Gerede einzulassen, schwang sich Farodin in den Sattel. Das Schwert hielt er schräg vor der Brust.
Schon nach wenigen Augenblicken war er heran. Wieder hatte die Wüste ihn getäuscht, ihm eine weitere Entfernung vorgegaukelt. In den hellen Sand war ein Ring aus schwarzen Basaltsteinen gelegt. Sie sahen aus wie große Pflastersteine. Kein Sandkorn lag auf den flachen Steinen. War das ein steinerner Bannkreis? Farodin hatte so etwas nie zuvor gesehen.
Er lenkte sein Pferd um die Steine herum. Die Staubschleier teilten sich, als träfen sie auf eine gläserne Wand, sobald sie den Kreis erreichten. Er bemerkte eine kleine, grob aus Bruchstein geschichtete Pyramide, die etwas abseits des Kreises lag und halb vom Flugsand verweht war. Zuoberst ruhte ein menschlicher Schädel auf den Steinen. Farodin sah sich um und bemerkte noch weitere niedrige Hügel. Bei einem lagen sogar mehrere Schädel. Welch ein Ort war dies? Angespannt sah er sich um. Außer dem Steinring und den Hügeln gab es keine Anzeichen dafür, dass hier einmal Menschen oder Elfen gelebt hatten.
Schließlich stieg Farodin ab. Der Boden war durchtränkt von Magie. Aus allen Richtungen liefen Albenpfade in dem Kreis zusammen. Vorsichtig streckte der Elf die Hand nach der unsichtbaren Barriere aus. Er spürte ein leichtes Kribbeln auf der Haut. Zögernd trat er in den Kreis. Nichts hielt ihn zurück. Offenbar hielt der Bannzauber des Kreises nur den Flugsand fern. Doch wozu die Schädel? Die Steinhaufen passten nicht zur schlichten Eleganz des Ringes. Hatte man sie später errichtet? Sollten sie ein Warnzeichen sein?
Der Kreis, den der Ring aus Basalt umschloss, durchmaß fast zwanzig Schritt; der Ring selbst war kaum einen Schritt breit. In seinem Innern war der Boden sandig und unterschied sich in nichts von der Wüste, die ihn umgab.
Farodin schloss die Augen und versuchte sein Denken ganz auf die Magie der Albenpfade zu lenken. Sechs Wege waren es, die sich innerhalb des Steinkreises kreuzten. Es
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