Die Elfen
Windbö trieb Mandred Sand ins Gesicht. Er blinzelte, um seine Augen wieder frei zu bekommen. Nuramon und Farodin packten ihn bei den Armen und zerrten ihn hinter eine kniehohe Felskante. Nuramons Hengst wieherte ängstlich. Er hatte die Ohren angelegt und starrte auf die braune Walze, die immer mehr anwuchs.
Die beiden Elfen brachten die Pferde dazu, hinter den Felsen zu knien. Mandred stöhnte laut auf, als er mit ansehen musste, wie Farodin sein letztes Wasser über ein Tuch goss und seinem Hengst um die Nüstern wickelte. Mandreds Stute stieß vor Angst eigentümliche Knurr-laute aus. Dann plötzlich war der Himmel verschwunden. Schleier aus wirbelndem Sand hatten die Welt auf wenige Schritte weit zusammenschrumpfen lassen.
Nuramon presste Mandred ein feuchtes Tuch auf Nase und Mund. Gierig saugte der Menschensohn an dem feuchten Stoff. Die Augen hatte er zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen, und dennoch fand der Sand einen Weg zwischen seinen Wimpern hindurch.
Farodin hatte den Schutzplatz gut gewählt. Im Windschatten des flachen Felsens konnten sie rechts und links den feinen Flugsand gleich einem endlosen Schleier vorüberziehen sehen. Erde und Himmel schienen eins geworden zu sein. Von oben wurden sie mit Sand und Staub berieselt. Doch das meiste trieb der Wind über sie hinweg.
Trotz des Tuchs vor seinem Mund spürte Mandred Sand zwischen den Zähnen und in der Nase. Er war in seinen Kleidern und scheuerte über die geschundene Haut. Bald war das Schutztuch ganz und gar verklebt, und Mandred hatte wieder das Gefühl, ersticken zu müssen. Jeder Atemzug war eine Qual, auch wenn mit dem Sturm die Hitze ein wenig nachgelassen hatte.
Er kniff die brennenden Augen zusammen. Jedes Gefühl für Zeit war ihm verloren gegangen. Der Sturm begrub sie bei lebendigem Leibe. Seine Beine waren schon halb im Sand verschwunden, und er hatte nicht mehr die Kraft, dagegen anzukämpfen und sich zu befreien.
Mandred fühlte sich völlig ausgedörrt. Er glaubte zu spüren, wie sein eingedicktes Blut immer langsamer durch die Adern floss. Das also war das Ende…
ELFENPFADE
»Sieh dir das an!« Farodin winkte seinen Gefährten herbei. Nuramon zögerte. Er führte Felbion am Zügel, über dessen Sattel sie Mandred gebunden hatten. Der Menschensohn war in tiefe Ohnmacht gesunken. Sein Herz schlug nur noch langsam, und sein Körper war viel zu warm. Höchstens einen Tag noch, hatte Nuramon am Morgen gesagt. Seitdem waren acht Stunden vergangen. Sie mussten Wasser finden, oder Mandred würde sterben. Und auch sie würden diese Hitze nicht mehr lange ertragen können. Nuramons Wangen waren eingefallen, und feine Fältchen hatten sich rings um seine rot entzündeten Augen gebildet. Es war unübersehbar, dass der Kampf um Mandreds Leben ihn an den Rand des eigenen Zusammenbruchs führte.
»Komm schon«, rief Farodin. »Es ist schön und erschreckend zugleich. Wie ein Blick in Emerelles Wasserspiegel.«
Nuramon trat zu ihm; jetzt, wo er an Farodins Seite stand, meinte dieser seine Erschöpfung fast körperlich zu spüren.
»Du musst dich ausruhen!«
Nuramon schüttelte matt den Kopf. »Er braucht mich. Es ist einzig meine Heilkraft, die seinen Tod hinauszögert. Wir müssen Wasser finden. Ich… Ich fürchte, ich kann nicht mehr lange durchhalten. Gehen wir noch auf dem Albenpfad?«
»Ja.« Farodin war die Aufgabe zugefallen, sie über den unsichtbaren Pfad zu führen. Sie hatten ausgelost, welchem der drei Pfade vom Albenstern sie folgen würden. Und seit Nuramon all seine Kraft aufbieten musste, um Mandred am Leben zu halten, war es Farodin, der sich darauf konzentrierte, dass sie nicht vom Pfad abwichen. Er musste irgendwohin führen. Und sei es nur zu einem weiteren Albenstern.
»Was wolltest du mir zeigen?«
Farodin deutete ein Stück voraus auf ein flaches Felsstück, das fast gänzlich im Sand verborgen war. »Dort im Schatten. Meine Spuren weisen dir die Richtung. Siehst du sie?«
Nuramon blinzelte gegen das helle Licht. Dann lächelte er. »Eine Katze. Sie schläft.« Freudig ging er ihr entgegen.
Farodin folgte ihm langsam.
Dicht an den Felsen geschmiegt, lag eine Katze, den Kopf auf die Vorderpfoten gebettet. Ihr Fell war von hellem Ocker und mit Sand verklebt, so wie Mandreds Zöpfe. Sie war ausgezehrt, ihr Leib abgemagert und das Fell ganz zerzaust. Sie schien zu schlafen.
»Siehst du, wo ihr Kopf leicht über den Fels hinausragt?«, fragte Farodin.
Nuramon blieb wie angewurzelt stehen.
Man musste
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