Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
Vom Netzwerk:
wäre leicht, hier ein Tor zu öffnen. Und ganz gleich, wohin es sie verschlug, alles war besser als diese Wüste.
    Er winkte Nuramon zu; dieser kam mit den beiden Pferden und Mandred.
    »Ein Albenstern!«, rief er erleichtert. »Wir sind gerettet. Öffne das Tor!«
    »Du kannst das besser.«
    Nuramon schüttelte verärgert den Kopf. »Ich bin zu erschöpft. Was glaubst du, wie viel Kraft es kostet, Mandreds Lebensfunken nicht verlöschen zu lassen? Du hast es gelernt! Tu du es!«
    Farodin räusperte sich. Er wollte widersprechen, doch dann schwieg er. Fast wünschte er, hier hätte ein unsichtbares Ungeheuer gelauert. Der Weg des Schwertes, das war sein Weg! Die Pfade der Magie waren ihm trotz der Lehrstunden der Fauneneiche fremd geblieben.
    Er legte das Schwert in den Sand und setzte sich im Schneidersitz nieder. Sodann versuchte er, alle Gedanken und Ängste hinter sich zu lassen. Er musste seinen Geist leeren, musste eins werden mit der Magie. Ganz langsam entstand vor seinem inneren Auge ein Bild von Lichtpfaden, die sich in der Finsternis kreuzten. Dort, wo sie aufeinander trafen, verzerrten sie sich. Die Linien krümmten sich und formten einen Strudel. Jeder Albenstern unterschied sich durch das Muster der verwobenen Linien in seinem Herzen von allen anderen Sternen. Erfahrenen Zauberern diente dies zur Orientierung.
    Farodin stellte sich vor, wie er mit den Händen mitten in die Lichtpfade hineinlangte. Wie ein Gärtner, der Blumenranken hochband, zerrte er sie auseinander, bis ein immer größeres Loch und schließlich ein Tor entstand. Eine dunkle Anziehungskraft ging von dort aus. Dieser Weg führte nicht nach Albenmark.
    Verunsichert schlug er die Augen auf. Er blickte zu dem blank polierten Schädel auf dem Steinhaufen. Wovor wollte er warnen?
    »Du hast es geschafft.« Der Zweifel, der in seiner Stimme mitschwang, strafte Nuramons Worte Lügen.
    Farodin drehte sich um. Hinter ihm war ein Tor entstanden, doch es sah völlig anders aus als jenes, das Nuramon erschaffen hatte. Lichtbänder in allen Regenbogenfarben umflossen eine dunkle Öffnung, die ins Nichts zu führen schien. Eine pfeilgerade Linie aus weißem Licht führte durch die Finsternis, doch sie vermochte das Dunkel, das sie umgab, nicht zu erhellen.
    »Ich gehe vor«, sagte Farodin. »Ich .«
    »Dieses Tor führt in die Zerbrochene Welt, glaube ich.« Nuramon betrachtete es mit offensichtlichem Unbehagen. »Deshalb sieht es anders aus. Es ist so, wie die Fauneneiche es beschrieben hat.«
    Unruhig fuhr sich Farodin mit der Zunge über die Lippen. Er griff nach seinem Schwert und schob es in die Scheide. Mit der flachen Hand klopfte er Sand von den Falten seiner Hose und wurde sich im selben Augenblick bewusst, dass er all dies nur tat, um eine Entscheidung hinauszuzögern. Mit einem Ruck stand er auf. »Das Tor ist weit genug. Wir können nebeneinander durchgehen, wenn wir die Pferde am Zügel führen.«
    Als sie an der Schwelle des Tores standen, verharrte Nuramon. »Entschuldige«, sagte er leise. »Das war nicht der richtige Zeitpunkt, um mit dir über Sandkörner zu streiten.«
    »Lass uns diesen Streit ein anderes Mal führen.«
    Nuramon entgegnete nichts. Stattdessen zog er am Zügel seines Pferdes und schritt voran.
    Farodin hatte das Gefühl, als würde er von dem Tor regelrecht aufgesogen. Mit einem Ruck war er inmitten der Dunkelheit. Er hörte ein Pferd wiehern, ohne es zu sehen. Der Lichtpfad war verschwunden. Er hatte das Gefühl zu fallen, eine Ewigkeit lang. Dann war weicher Boden unter seinen Füßen. Die Finsternis zerrann. Blinzelnd sah Farodin sich um. Eisiger Schrecken griff nach seinem Herzen. Der Zauber war fehlgeschlagen! Sie standen noch immer inmitten des schwarzen Basaltrings, und um sie herum erstreckte sich die Wüste bis zum Horizont.
    »Vielleicht sollte ich es noch einmal .«
    »Unsere Schatten!«, rief Nuramon. »Sieh nur! Unsere Schatten sind verschwunden.« Er blickte zum Himmel empor. »Die Sonne ist fort. Wo immer wir hier sind, es ist nicht mehr die Welt der Menschen.«
    Ein schriller Schrei klang vom Himmel herab. Über ihnen zog ein Falke seine Runden. Er schien sie zu beobachten. Schließlich drehte er ab und flog davon.
    Farodin legte den Kopf in den Nacken. Der Himmel war von strahlend hellem Blau, das zum Horizont hin langsam blasser wurde. Es gab keine Wolken und keine Sonne. Der Elf schloss die Augen und dachte an Wasser. Sein Mund fühlte sich trockener an, je intensiver er den Gedanken formte.

Weitere Kostenlose Bücher