Die Elfen
wahr.«
»Du bist dir im Klaren, wie es nun weitergeht?«
Nuramon wusste nicht, was sie meinte. Sprach sie von seinem Leben oder aber von diesem Gespräch?
Bevor er etwas sagen konnte, fuhr Emerelle fort: »Die Gefährten der Elfenjagd begeben sich in Gefahr. Deswegen gibt die Königin jedem Einzelnen einen Rat mit auf den Weg.«
Nuramon schämte sich für seine Unwissenheit. »Ich werde ihm folgen, wie immer er auch lauten mag.«
»Gut, dass du mir so sehr vertraust.« Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du bist anders als die anderen, Nuramon. Wenn du in die Welt hinausblickst, dann siehst du etwas anderes als ein gewöhnlicher Elf. Du siehst das Schöne in dem, was andere verabscheuen. Du siehst das Erhabene dort, wo andere voller Verachtung vorübergehen. Und du sprichst von Harmonie, wo andere es nicht aushalten. Und weil du so bist, werde ich dir einen Rat geben, den ich einst das Orakel von Telmareen sagen hörte. Wähle dir deine Verwandtschaft! Kümmere dich nicht um dein Ansehen! Denn alles, was du bist, das ist in dir .«
Nuramon war wie gebannt. Er durfte die Worte des Orakels von Telmareen aus dem Munde der Königin hören! Eine Weile lang kostete er das Gefühl aus, das ihm die Königin vermittelte. Dann, mit einem Mal, erwachte eine Frage in ihm. Er zögerte, doch schließlich wagte er es, sie zu stellen. »Du meintest, du habest den Rat vernommen. Zu wem hat das Orakel gesprochen? Wem hat es diesen Rat gegeben?«
Emerelle lächelte. »Folge dem Rat der Königin!«, sagte sie und küsste ihn dann auf die Stirn. »Das Orakel sprach zu mir .« Mit diesen Worten wandte sie sich von ihm ab und ging zur Tür.
Nuramon blickte ihr fassungslos nach. Bevor sie die Tür hinter sich schloss, sagte sie, ohne noch einmal zu ihm zurückzublicken: »Ich habe Noroelle im Obstgarten gesehen.«
Als Emerelle fort war, ließ sich Nuramon auf die steinerne Bank sinken und dachte nach. Das Orakel hatte der Königin einst diesen Rat gegeben? Hatte sie ihn berufen, weil sie sich in ihm wiedererkannte? Nuramon wurde mit einem Mal bewusst, wie sehr er sich in der Königin getäuscht hatte. Er hatte sie immer als unnahbare Elfe betrachtet, als Frau, deren Glanz man nur bewundern konnte, wie man einen fernen Stern bewunderte. Aber nie und nimmer wäre er von selbst auf den Gedanken gekommen, es könnte irgendeine Gemeinsamkeit zwischen ihr und ihm geben.
Emerelle war allen Elfen und auch den anderen Albenkindern, die unter ihrem Schutz standen, Vorbild und Ideal zugleich. Wie hatte er sich davon ausnehmen können? Sie hatte ihm nicht nur einen Weg offenbart, den sie einst gegangen war, sondern auch auf Gaomee verwiesen. Auf der Elfenjagd würde er sich an Gaomee ein Beispiel nehmen. Darüber aber schwebte der Rat der Königin.
Noch einmal rief er sich ihre Worte ins Gedächtnis, und so wurde er auch an Noroelle erinnert. Er verließ die Kammer und sah Mandred am Ende des Ganges inmitten einiger Elfen stehen. Der Menschensohn bedankte sich lauthals. Nuramon musste schmunzeln. Um keine Gabe dieser Burg hätte er mit Mandred oder einem anderen aus der Elfenjagd nun mehr tauschen wollen.
Während er den Gang entlangging, bemerkte er, dass keine Frauen bei Mandred zu sehen waren. Das verwunderte ihn nicht. Offensichtlich hatte sich bei Hof schon herumgesprochen, auf welch unsittliche Art er die Frauen anstarrte. Er war froh, dass Noroelle im Thronsaal nicht Mandreds Blicken ausgesetzt gewesen war. Wie konnte man nur so taktlos sein!
In diesem. Augenblick rief Mandred laut: »Nun, meine Freunde! Sprecht einen Zauber, der mich in diese Rüstung passen lässt, und so will ich sie mit Freuden annehmen .
Halt! Bleibt mir mit Schwertern und anderem Kinderkram vom Leib. Ich bin Mandred! Habt ihr keine Axt?« Nuramon schüttelte den Kopf. Eine raue Stimme, ein raues Gemüt! Und doch eine Art, der man sich nicht entziehen konnte.
Auf dem Weg zum Obstgarten fragte sich Nuramon, wie Noroelle die Kunde von seiner Berufung aufnehmen würde. Würde die Angst um ihn die Freude überwiegen? Die Königin hatte ein Lob für Noroelle in ihre Worte eingeflochten. Und es entsprach der Wahrheit: Seine Liebste hatte ihn verändert. Sie hatte ihm Selbstvertrauen geschenkt, und er war durch ihre Zuneigung gewachsen.
Wenig später erreichte Nuramon den Obstgarten. Er war auf einem weiten Felsvorsprung angelegt, den man nur durch die Burg erreichen konnte. Es war Nacht. Er sah zum Mond hinauf. Das war das Lebensziel. Endlich ins Mondlicht
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