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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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»Sie ist nicht hier, sie war heute Nacht nicht hier.«
    »Aber die Königin sagte, sie wäre hier in diesem Garten.«
    »Die Königin sagt, was gesagt werden muss. Noroelle ist nicht hier, aber sie ist nahe. Geh zur Terrasse, dorthin, wo Linde und Ölbaum nebeneinander stehen!«
    Nuramon hätte gern noch nach Ceren gefragt, aber im Augenblick war es wichtiger, Noroelle zu finden. So dankte er dem Baum und machte sich auf den Weg, den die Tanne ihm gewiesen hatte.
    Bald sah er Linde und Ölbaum. Sie standen vor der Felswand, die bis hinauf zur Terrasse reichte. Als er näher kam, fand er eine schmale Treppe, die nach oben führte.
    An der steinernen Brüstung der Terrasse stand Noroelle in einem weißen Gewand. Sie sah aus wie ein Geist, der aus dem Mondlicht herabgestiegen war. Noch hatte sie ihn nicht erblickt. Er trat unter die Linde. Die Feentanne hatte Recht: Die Königin hatte gesagt, was hatte gesagt werden müssen. Sie hatte ihn mit Bedacht in diese Lage gebracht. Noroelle dort oben, er hier unten! Diese Situation rief geradezu nach einem Gedicht, das aus dem Schatten einer Linde hinauf ins Mondlicht gesprochen wurde.
    Da sagte Noroelle etwas. Sprach sie mit dem Mond? Sprach sie in die Nacht hinaus? Schon fühlte er sich fehl am Platze. Er lauschte ihr, ohne dass sie es ahnte. Nun wandte sie sich zur Seite. Sie sprach nicht mit dem Mond oder der Nacht, sondern mit einem Elfen. Einen Lidschlag später sah Nuramon, wem sie sich zugewandt hatte: Es war Farodin.
    Nuramon wollte nichts wie fort und taumelte aus dem Schatten der Linde in den des Ölbaums. An den Stamm gelehnt, lauschte er halbherzig den Worten, die dort oben gesprochen wurden. Farodin hatte einen neuen Ton gefunden, und Noroelle schien es zu gefallen. Zum ersten Mal sprach Farodin aus tiefstem Herzen von seiner Liebe.
    Dann war es also vorbei .
    Zwischen den Ästen hindurch beobachtete Nuramon, wie Noroelle Farodins Zauber im Mondlicht erlag. Nie hatte er sie so glücklich gesehen. Mit einem Kuss verabschiedete sich Farodin und zog sich zurück. Noroelle blieb, wo sie war, und blickte lächelnd in die Nacht hinaus. Und weil Nuramon sie liebte, konnte er nicht anders, als selbst zu lächeln. Es war nicht wichtig, dass Farodin offenbar den Sieg errungen hatte. Seine Liebste lächelte, und das berührte ihn.
    Nuramon betrachtete Noroelle eine ganze Weile und sah, wie ihr Lächeln mehr und mehr verging und sich schließlich Trauer auf ihr Gesicht legte. Mit ihrem Lächeln schwand auch seines, und als sie leise seinen Namen in die Nacht hinaussagte, hielt er den Atem an. Farodin brachte sie zum Lächeln, der Gedanke an ihn jedoch bereitete ihr Kummer. Als er sah, wie eine Träne ihr Gesicht hinablief, hielt er es nicht länger aus. Er holte leise Luft und flüsterte: »O hör mich, holdes Albenkind.«
    Noroelle schreckte auf.
    » Hör die Stimme aus dem Baume! «
    Sie blickte hinab, ihre Blicke trafen sich, und schon lächelte sie wieder.
    » Ich seh dich dort im Abendwind. Wie die Fee aus meinem Traume. «
    Noroelle wischte sich die Träne fort, atmete tief ein und sagte dann leise: »Aber wie kann eine Elfe einer Fee gleichen?«
    »Nun«, begann er und fuhr dann rasch fort: »Dein Kleid ist eine Birkenrinde. Sie strahlt und macht mich liebesblind.« Er wechselte aus dem Schatten des Ölbaums zurück in den der Linde. »Glaub der Stimme einer Linde. O hör mich, holdes Albenkind!«
    »Ich höre dich, du Baumgeist. Doch nie zuvor hörte ich einen Baum in Reimen sprechen.«
    Er antwortete flüsternd: »Es fiel mir auch schwer, mit der Stimme eines Elfen zu sprechen, um meiner Fee zu gefallen.«
    »Mir war so, als hätte ich eben noch einen Ölbaum sprechen hören.«
    »Unsere Wurzeln sind verbunden. Wir sind ein Geist in zweierlei Rinde. In uns verbinden sich Liebe und Leben«, entgegnete er.
    »Gibt es dort unten nicht genug Birken? Wieso sehnst du dich nach mir?«
    »Wie du siehst, stehe ich am Rande des Gartens, den Blick zu dir erhoben. Die Herrin dieses Ortes sagte mir, ich solle den Liebenden beistehen, wenn sie der Liebsten die Worte hinauf sprechen.«
    »Ich kenne diesen Garten, und ich weiß, dass du nur lauschen sollst, nicht aber sprechen. Hast du etwa meinetwegen dein Schweigen gebrochen?«
    »Jeder muss irgendwann sein Schweigen brechen. Die Unendlichkeit ist lang und weit.«
    »Dann liebst du mich?«
    »Aber ja.«
    Er sah, wie sie einen Ast berührte. »Du bist ein wundervoller Baum. Und deine Blätter sind zart.« Sie zog den Ast zu sich

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