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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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wie viele sich hier versammelt hatten, doch es mochten Hunderte sein. Eingekeilt zwischen den schwitzenden und drängelnden Menschen, fühlte sich Nuramon zunehmend unwohl.
    Es stank nach Schweiß, ungewaschenen Kleidern, ranzigem Fett und Zwiebeln. Aus den Augenwinkeln sah der Elf, wie sich Farodin ein parfümiertes Tuch vor die Nase hielt. Nuramon wünschte, er hätte sich auch auf diese Weise Erleichterung verschaffen können. Menschen und Reinlichkeit, das waren zwei Dinge, die einfach nicht zusammengingen - wie er es schon seit langem durch Mandred wusste. In den letzten drei Jahren war Nuramon ein wenig unempfindlicher gegen die vielfältigen Gerüche geworden, die einen vor allem in den Städten bestürmten. Doch der Gestank hier inmitten der Menschenmenge war wahrhaft überwältigend.
    Plötzlich erklang weiter vorn eine Stimme. Nuramon reckte den Kopf, doch in dem Gedränge konnte er den Sprecher nicht erkennen. Er schien bei der großen Eiche zu stehen, welche die Mitte des Platzes beherrschte.
    Die Stimme war wohlklingend, und der Sprecher war bestens mit allen Künsten der Rhetorik vertraut. Jede Silbe war mit Bedacht betont, so wie bei den Philosophen von Lyn, die sich jahrhundertelang in Disputen übten, um zur Vollendung ihrer stimmlichen Möglichkeiten zu gelangen. Dabei bestand die Kunst weniger darin, durch Argumente zu überzeugen, sondern die Worte so darzubieten, dass der Geist ganz der Stimme erlag. Es kam fast einem Zauber gleich, was dieser Mensch dort vorn vollbrachte.
    Die Leute rings herum beachteten Nuramon und seine auffälligen Gefährten gar nicht mehr, so sehr hingen sie an den Lippen des Mannes.
    Farodin drängte sich an Nuramons Seite. »Hörst du die Stimme?«
    »Wundervoll, nicht wahr?«
    »Das ist meine Sorge. Vielleicht sind wir am Ziel.«
    Nuramon schwieg. Er fürchtete sich davor, was zu tun wäre, wenn dort vorn wirklich Noroelles Sohn sprach.
    »Ollowain«, sagte Farodin, »du nimmst dir Yilvina und Gelvuun. Ihr geht links herum. Mandred und Alfadas, ihr nehmt die Mitte. Nuramon und ich werden rechts herumgehen. Wir werden ihn zunächst nur beobachten. Hier inmitten der Menschenmenge können wir nichts anderes tun.«
    Die Gefährten trennten sich, und Nuramon ging Farodin voraus. Sie drängten sich vorsichtig durch die Reihen der Leute, die wie gebannt dastanden und lauschten. Deutlich übertönte die Stimme des Priesters das Gemurmel auf dem Platz. »Nimm die Kraft des Tjured an«, sagte er mit großer Sanftmut. »Sie ist ein Geschenk, das ich dir von ihm bringe.«
    Kurz darauf rief jemand: »Seht nur, er ist geheilt! Die Wunde hat sich geschlossen!« Jubel erhob sich auf dem Platz.
    Eine alte Frau fiel Nuramon um den Hals und küsste ihn auf die Wange. »Ein Wunder!« jauchzte sie. »Er hat wieder ein Wunder getan! Er ist der Segen dieser Stadt!« Nuramon schaute die Alte verständnislos an. Es musste wohl wahrlich ein Wunder sein, wenn sie einen Fremden küsste.
    Nun erhob sich der Prediger vor ihnen aus der Menge. Er half einem sichtlich erleichterten Mann auf die Beine. »Das ist die Macht Tjureds, unseres Gottes!«
    Nuramon erstarrte beim Anblick des Heilers. Er spürte, wie Farodin an seiner Seite ebenfalls in der Bewegung innehielt.
    Der Priester stieg auf die niedrige Mauer des Brunnens neben der Eiche und sprach zu den Menschen. Doch Nuramon achtete kaum auf die Worte. Er war gefangen genommen von der Haltung und den Gesten des Mannes. Guillaume hatte schwarzes Haar, das ihm bis auf die Schultern fiel. Wie alle Priester des Tjured war er in eine nachtblaue Kutte ge wandet. Sein Gesicht war oval, die Nase schmal, das Kinn sanft und der Mund geschwungen. Hätte Noroelle einen Zwillingsbruder gehabt, er hätte wohl so ausgesehen wie dieser Priester.
    Dieser Mann war ihr Sohn!
    Nuramon beobachtete, wie Guillaume sich einem Mann mit strähnigem, grauem Haar zuwandte, dessen Hand steif zu sein schien. Er fasste die Hand des Mannes und sprach ein Gebet.
    Nuramon schrak zurück. Es war, als hätte etwas sein Innerstes ergriffen. Als hätte eine kraftvolle Hand seine Seele berührt. Nur einen Lidschlag lang währte dieses unheimliche Gefühl. Benommen taumelte der Elf zurück und stieß gegen eine junge Frau.
    »Ist dir nicht wohl?«, fragte sie besorgt. »Du bist ganz bleich.«
    Er schüttelte den Kopf und drängte sich vor bis zum Rand der Menge, die einen engen Kreis um den Brunnen gebildet hatte.
    Der Mann, der zu Guillaume gekommen war, hob seine Hand. Er ballte sie zur

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