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Die elfte Geißel

Die elfte Geißel

Titel: Die elfte Geißel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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sicherzugehen, dass sie nicht entdeckt worden waren. Abgesehen vom Donnern der Wellen und dem düsteren Ächzen der Kräne schien alles ruhig zu sein.
    Sylvain Carrère lud seine Glock durch.

47
Paris,
Gefängnis La Santé,
Mordkommission
    Die Gebäude im 14. Arrondissement bildeten eine erste Einfriedung um hohe Mauern aus Beton und nackten Steinen. Der Wagen parkte in der Allee aus entblätterten Bäumen, die den Boulevard Arago säumten. Die Kommissare Kolbe und Rilk blieben, bei abgestelltem Motor, noch ein paar Sekunden lang sitzen, um die Umgebung zu sondieren und sicherzustellen, dass ihnen niemand gefolgt war.
    »Ich habe heute einen meiner Männer verloren«, äußerte Jean-François Rilk.
    Seine Stimme war heiser, überanstrengt aufgrund schlafloser Nächte und literweise schlechtem Kaffee, den er mit minderwertigem Alkohol vermischt hatte. Er beendete seine Sätze oft murmelnd, als ob jeder der letzte sein könnte.
    »Ich habe davon gehört.«
    »Am schlimmsten ist, dass er von unseren eigenen Leuten erschossen wurde. Solche Dinge kommen wohl vor.«
    Sie schwiegen und ließen die Zeit verstreichen. Draußen veränderte sich die Welt in einem fort.
    »Und du? Hast du Neuigkeiten von deinen Männern?«
    Maxime schüttelte den Kopf.
    »Ich habe Alain und Léopold gebeten, mich nicht mehr zu kontaktieren. Das ist besser so.«
    »Es gibt etwas, das ich gern wissen würde ...«
    »Frag nur.«
    »Wie ist es für dich, dass die Sondereinheit, deine Karriere, dein Ruf – alles, was du dir aufgebaut hast, einfach so, von heute auf morgen, zerstört wird?«
    »Ich weiß es nicht ... mir schwirrt der Kopf. Aber vor allem fühle ich mich alt.«
    »Du und ich, wir passen nicht mehr in diese Zeit«, seufzte der Kommissar der Mordkommission. »Ich weiß, es hört sich dumm an, aber es ist trotzdem wahr.«
    In den Rückspiegeln sah man Gestalten, die aus einer Bar kamen und dem düsteren Gefängnisbau, einer Art trapezförmiger Burg aus mehreren langen Flügeln, über der die Trikolore im Wind flatterte, den Rücken zuwandten.
    »Glaubst du, dass sie schon eine Zelle für mich reserviert haben?«, fragte Maxime und zündete sich eine Zigarette an.
    »Du kotzt mich an, Kolbe«, seufzte Jean-François, während er weiterhin das Kommen und Gehen der wenigen Fahrzeuge verfolgte, die über den Boulevard fuhren.
    Ein Blick auf seine Uhr zeigte ihm, dass es Zeit war, aufzubrechen. Er machte die Tür auf und verzog das Gesicht, als er den Fuß auf den Boden setzte.
    »Ich habe es dir schon gesagt, diese Geschichte wird bald zu Ende sein.«
    Wieder verzog er das Gesicht und wiederholte:
    »Sehr bald.«
    »Noch immer optimistisch, wie? Gib zu, dass bislang nicht alles so läuft, wie gewünscht.«
    »Deshalb sind wir doch hier. Damit alles wieder in geordneten Bahnen läuft«, sagte Rilk, die Tür zuschlagend. »Ich habe dir versprochen, dir aus der Patsche zu helfen, und ich werde das Versprechen halten. Dazu sind Freunde schließlich da, oder?«
    »Sollte man meinen«, antwortete Maxime nachdenklich, während er in der Dunkelheit aus dem Wagen stieg. »Bist du sicher, dass uns niemand gefolgt ist? Ich bin nur unter Auflagen auf freiem Fuß.«
    »Ich habe mich um alles gekümmert. Also los, damit wir die Sache hinter uns bringen.«
    Die beiden Männer gingen auf die riesige Stahltür zu. Hinter einer schusssicheren Plexiglasscheibe tat ein Aufseher so, als würde er sie nicht sehen, und blieb in die Lektüre eines Magazins vertieft. Jean-François drückte auf den Schalter der Sprechanlage.
    »Da wären wir.«
    Quietschend öffnete das Gefängnis La Santé seine Pforten und ließ sie eintreten. Ein etwa fünfzigjähriger Mann, der die Uniform eines Oberaufsehers trug, kam ihnen entgegen. Er grüßte sie flüchtig und trat mit Rilk beiseite. Der Kommissar überreichte ihm einen Umschlag, den er in die Tasche steckte.
    Nachdem sie die erste Sicherheitsschleuse hinter sich gebracht hatten, gelangten sie in die Verwaltung und folgten einem langen Gang, der in beige Töne getaucht war. Sie passierten eine weitere Sicherheitsschleuse und betraten den Ruheraum der Aufseher.
    »Er wartet darauf, in den Block A verlegt zu werden. Ich habe ihn warmgehalten«, hämte der Aufseher.
    Sie verließen den Raum und folgten dem Labyrinth der Gänge, immer wieder aufgehalten durch Gittertüren, die entriegelt werden und hinter ihnen wieder abgesperrt werden mussten.
    Maximes Nervosität wuchs in dem Maße, wie sie in die Stille des Gefängnisses

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