Die Enden der Parabel
los, zielt einen Haken gegen seinen Kopf, den er abducken kann - und er taucht unter ihrem Arm durch, nimmt sie im Feuerwehrgriff, schmeißt sie aufs Bett und sich selbst hinterher. Sie tritt mit einem spitzen Absatz nach seinem Schwanz, was sie besser gleich getan hätte. Ihr Timing ist bei allem drastisch außer Takt, sonst würde sie Slothrop wahrscheinlich seinen Arsch auf dem Tablett servieren ... vielleicht will sie, daß ihr Fuß nicht trifft, sondern Slothrop nur an der Wade kratzt, als er sich jetzt herumwirft, sie bei den Haaren packt, ihr einen Arm auf den Rücken dreht und sie mit ihrem Gesicht ins Kissen preßt. Ihr Rock ist über den Hintern hochgerutscht, ihre Schenkel winden sich unter ihm, sein Penis steht in flammender Erektion.
"Hör zu, Fotze, mach mich nicht ungenießbar, ich habe keine Schwierigkeiten, Frauen zu verprügeln. Ich bin der Cagney der französischen Riviera, also sieh dich vor!" "Ich bring dich um -" "Was denn - und sabotierst die ganze Sache?!" Katje dreht ihren Kopf und schlägt ihre Zähne in seinen Unterarm, dicht an der Beuge, wo immer die Pentothal-Nadeln gesetzt wurden. "Au, Scheiße -" er läßt ihren Arm los, reißt ihr die Unterwäsche runter, packt sie an einer Hüfte und rammt ihn ihr von hinten rein, greift mit der anderen Hand um sie herum, kneift ihre Brustwarzen, fuchtelt über ihren Kitzler, kratzt mit den Nägeln an den Innenseiten ihrer Schenkel, ganz Mister Technik, ob wohl's kaum nötig wäre, denn beide sind sofort soweit, Katje zuerst, ins Kissen aufheulend, Slothrop Sekunden später. Schwitzend, schwer atmend, liegt er über ihr und schaut auf ihr Gesicht, das sie dreiviertel abgewendet hält, nicht einmal ein Profil, sondern das schreckliche Gesicht Das Kein Gesicht Ist, zu abstrahiert, zu unerreichbar: ein leerer Augenwinkel ohne den labilen Apfel, eine anonyme Wangenkurve, konvex über dem Mundansatz, die nasenlose Maske einer anderen Ordnung des Daseins, Katjes Daseins - das leblose Nichtgesicht, das einzige ihrer Gesichter, das er wirklich kennt, an das er sich jemals erinnern wird. "Hey, Katje", sagt er nur.
"Mm." Doch da ist wieder nur der alte Bodensatz von Bitterkeit, und wieder wird aus ihnen nicht das Liebespaar, das an Fallschirmen aus sonnendurchglänztem Voile händchenhaltend sanft auf irgend etwas Blumenwiesiges und Friedvolles niedersinkt. Überrascht?
Sie ist von ihm weggerutscht, hat seinen Schwanz in das kalte Zimmer entlassen. "Wie ist das in London, Slothrop? Wenn die Raketen runterkommen?" "Was?" Nach dem Ficken liebt er es, dazuliegen, eine Zigarette zu rauchen und ans Essen zu denken. "Och, daß sie kommen, merkst du erst, wenn sie da sind. Nein, erst nachdem sie da sind. Wenn's dich nicht trifft, bist du okay bis zur nächsten. Wenn du die Explosion hörst, weißt du, daß du noch am Leben sein mußt." "So weißt du also, daß du lebst."
"Genau." Sie setzt sich auf, zieht ihr Höschen hoch und den Rock wieder runter, geht zum Spiegel und beginnt, sich das Haar zu richten. "Laß doch mal die GrenzschichtTemperaturen hören. Während du dich anziehst."
"Grenzschicht-Temperatur T Index e, was bedeutet e, steigt exponentiell bis zum Brennschluß bei etwa fünfundzwanzig Kilometern, dort erstes Maximum mit 1200 Grad, dann leichtes Nachlassen, minimal 1050, bis wir aus der Atmosphäre raus sind, dann zweites Maximum von 1080 Grad. Bleibt dann ziemlich konstant bis zum Wiedereintritt", blablabla. Die Überleitungsmusik, die jetzt erklingt, fröhliche Xylophone, basiert auf alten Schlagern, die die Ereignisse mit sanfter Ironie kommentieren, "School Days, School Days" etwa oder "Come, Josephine, in My Flying Machine" oder gar "There'll Be a HOT TIME in the Old Town Tonite!", trefft eure Wahl, und als sie ausgeblendet wird, sitzen Slothrop und Katje tete-a-tete im Wintergarten, allein bis auf eine Gruppe von Musikern in der Ecke, die stöhnend und köpfeschüttelnd konspirieren, wie sie Cesar Flebotomo dazu bewegen können, ihnen zur Abwechslung mal die Gagen auszuzahlen. Mieser Job, mieser Job ... Regen trommelt gegen das Glas, draußen zerrt der Wind an Zitronen- und Lorbeerbäumen. Über Croissants, Erdbeermarmelade, echter Butter, wirklichem Kaffee jagt sie ihn zum zweitenmal durch das Flugdiagramm, jetzt in Hinblick auf Wandungstemperaturen und Wärmeübergang, läßt ihn aus Reynolds-Zahlen, die sie ihm hinwirft, auswendig die entsprechenden Nußelt-Koeffizienten berechnen ... dann Bewegungsgleichungen, Dämpfung, Rückstellmoment
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