Die Enden der Parabel
Waffenstillstand. Was sich danach im einzelnen abspielte, wer genau wie was genau zu wem sagte, liegt unter einem Wust aus Anschuldigungen, Nervenzusammenbrüchen, Tränen und forensischen Entgleisungen begraben. Irgendwer erinnert sich, Gavin Trefoil splitternackt und dunkelblau wie Krischna durch die Formbaumallee rasen gesehen zu haben, verfolgt von einem Treacle, der eine Axt schwang und dazu brüllte: "Riesen-Affe!? Dir werd ich einen Riesenaffen zeigen!" Tatsächlich zeigte er die Kreatur, vielen von uns, obwohl die meisten sie nicht sehen wollten. Für seine Unschuld gab es keinen Grund, warum nicht Menschen, die gemeinsam an einem amtlichen Projekt arbeiteten, ebenso konsequente Selbstkritik üben sollten wie die Mitglieder revolutionärer Zellen. Es lag ihm fern, irgendwelche Zartgefühle zu verletzen - er wollte den Kollegen, alles nette Kerle, nur begreiflich machen, daß ihre Reaktionen auf Schwärze mit Reaktionen auf Scheiße zu tun hatten und die Reaktionen auf Scheiße mit der Empfindung von Verwesung und Tod. Ihm schien das alles so einleuchtend ... warum wollte es keiner hören? Warum wollte keiner von ihnen zugeben, daß ihre Verdrängungen auf eine Weise, die Europa in den letzten müden Zuckungen seiner Perversion von Magie verloren hat, zu Fleisch geworden waren, zu realen, lebendigen Menschen, die wahrscheinlich, nach allem, was man wußte, auch im Besitz realer, lebendiger Waffen waren, so wie der tote Vater, der nie mit dir geschlafen hat, Penelope, und jetzt von Nacht zu Nacht an dein Bett zurückkehrt und versucht, sich's hinter dir gemütlich zu machen ... oder dein ungeborenes Kind, das dich weinend aufweckt in der Nacht und dessen Geisterlippen du an deiner Brust spürst... sie sind wirklich, lebendig, während du vorgibst, in der geballten Faust des Affen aufzuschreien... doch sehen wir uns die wahrscheinlichere Kandidatin an, die kremhäutige Katje unter dem Glücksrad, die sich gerade mit dem Gedanken vertraut macht, zum Strand hinunter in die relative Ruhe
einer Achterbahn zu flüchten. Pointsman halluziniert. Er hat die Kontrolle über sich verloren. Soll Pointsman nicht die absolute Kontrolle über Katje haben? Wo steht sie also? Unter einer Kontrolle, die außer Kontrolle geraten ist. Selbst damals, im Leder und im Schmerz der gemütlichen Welt von Hauptmann Blicero, hat sie nicht solchen Schreck empfunden.
Roger Mexico nimmt's persönlich, ähem, wollte doch nur helfen... Was der ein wenig weggetretene Mr. Pointsman während dieser ganzen Zeit gehört hat, ist eine Stimme, seltsam vertraut, eine Stimme, die er sich einmal zu einem Gesicht auf einem weitverbreiteten Zeitungsphoto aus dem Krieg erfunden hat: "Folgendes hast du jetzt zu tun. Du bist auf Mexico mehr angewiesen als je zuvor. Deine winterlichen Ängste vom Ende der Geschichte scheinen zur Ruhe gekommen zu sein, schon Teil deiner Biographie, kaum mehr noch als ein alter, böser Traum. Doch die Geschichte, wie Lord Acton immer sagt, wird nicht von unschuldigen Händen gewebt. Mexicos kleine Freundin hier ist eine Bedrohung deines gesamten
Unternehmens. Mexico wird alles tun, um bei ihr am Ball zu bleiben. Sie wird ihn beschimpfen und sogar verfluchen und ihn trotz alledem mit sich ziehen, in eine zivile Nebelbank hinein, in der du ihn verlieren und niemals wiederfinden wirst - außer, du handelst sofort, Pointsman! Gerade jetzt werden Mädchen vom Hilfskorps zur Operation Backfire in die Zone versetzt. Raketenmädchen, für Verwaltungs- und sogar für kleinere technische Aufgaben auf dem Testgelände bei Cuxhaven. Du brauchst nur durch Dennis Joint, der neben dir steht, ein paar Zeilen an die SPOG zu schicken, und Jessica Swanlake stört deine Kreise nicht länger. Mexico wird eine Weile jammern, aber um so mehr, wenn du ihm nur die Richtung weist, wird er sich dann in die Arbeit stürzen, nicht wahr? Denk an die beredten Worte, die Sir Denis Nayland Smith an den jungen Alan Sterling richtet, dessen Verlobte sich in den Klauen des heimtückischen Gelben Erzfeindes befindet: Und wir wissen doch beide, wofür Nayland Smith steht, oder nicht?"
"Ich weiß es wohl", sagt Pointsman laut, "aber wie könnte ich es von dir wissen, wenn ich nicht einmal weiß, wer du bist? Du verstehst?"
Dieser seltsame Ausbruch ist nicht geeignet, Pointsmans Gefährten zu beruhigen. In unterdrückter Panik beginnen sie, diskret auf Distanz zu gehen. "Wir sollten einen Arzt holen", murmelt Dennis Joint, Katje mit sich winkend wie ein blonder
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