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Die Enden der Welt

Die Enden der Welt

Titel: Die Enden der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Willemsen
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Pfefferwurzel, dem berauschende Wirkung nachgesagt wird, aber davon will Douglas nichts wissen. Rausch ist nicht gut, Rausch ist das Wirken des Dämons.
    »Und die Moemoe?«
    Ich hatte von dieser Demutsübung reden hören, und auch sie ist Douglas entweder nicht geheuer, oder er möchte mich nicht gern in die Tiefen der heimischen Rituale sehen lassen. All das ist intim.
    »Gewiss«, gibt er zu. »Die Füße der Respektsperson müssen mit den Handflächen und Handrücken berührt werden. Das ist die Übung.«
    Er war lange genug Rugby-Profi im australischen Outback, um zu wissen, dass solche Gebräuche wie Eingeborenen-Aberglaube behandelt werden, doch ihm sind sie verpflichtend, und seinen Kindern gibt er all das mit. Sie werden erzogen nach dem Regelwerk der von den Alten an die Jungen weitergegebenen Gesetze.
    Und doch: In manchem sind die Kommenden altmodischer, auch sentimentaler als die Alten, die so viele haben kommen und gehen sehen, mit der immergleichen Rührung angesichts der Schönheit der Inseln und der Verwendung des Wortes »Paradies«, das die nicht mehr hören können, die in ihm überleben müssen, kennt dieses Paradies doch nicht mal eine Müllabfuhr.
    Wir sitzen am Ozean mit Blick auf die Auslegerboote und die schwarzen Schweine, die im seichten Wasser nach Fressbarem schnorcheln. Es ist wahr: Das historische Gedächtnis für diese Orte, die sind, wie Tahiti war, hat Gauguin geprägt, er hat es versammelt. Wir treten in seine Bilder ein, und manchmal daneben, in die Räume, die sich zwischen seinen Bilderrahmen öffnen könnten.
    Dann machen wir uns auf in das Hinterland der Insel. Man sollte denken, je kostbarer der Grund und Boden auf so beschränktem Raum, desto pedantischer müsste alles portioniert und umfriedet werden. Doch Grenzen werden von Menschen wohl vor allem befestigt, wo Land im Überfluss ist. Hier dagegen, wo die Abmessungen all der Inseln eng sind, stehen die Häuschen oft allein auf der grünen Wiese, unregelmäßig angeordnet und durch keinen Zaun voneinander getrennt. Die Schweine laufen, die Früchte fallen, die bunte Wäsche weht auf den Leinen wie zur Zierde hingehängt, und die Flughunde hängen in den Mangobäumen als Wimpel, so dicht, als seien sie von einer Festlichkeit übrig geblieben. Dabei schwirren manche schon bei hellem Tageslicht herum und quieken.
    »Das waren noch Zeiten«, sagt Douglas, »als die Jagd auf die Flying Foxes, wie die Weißen sie tauften, nur der Königsfamilie vorbehalten war!«
    Das ist Kolovai, ein Ideal von einem Ort, eine lose Gemeinschaft bunter Häuschen und Hütten, verstreut unter den Palmen, und er hat alles: von den Feldern aufschwirrende Schmetterlinge wie fliegendes Konfetti, aus den Äckern auftauchende, winkende Grußhände. Die Fischer sitzen im Gras und flicken die Netze, ein Bildhauer arbeitet an einem nass-roten Klotz Holz. Zwischen den Bäumen spielen die Kinder Fangen, und ein Alter streichelt selbstvergessen die breiten Vanilleschoten am Strauch.
    Auf der Spitze des Landes liegen seine vulkanischen Buchten mit scharfkantigen, porösen Felsen, die bei bloßer Berührung die Haut aufreißen, und Löchern, durch die die Brandung ihre Stöße schickt mit einer Wucht, die sich in meterhohen Fontänen entlädt, und über jeder Fontäne wölbt sich ein Regenbogen. Vor mir das kochende Meer, gepresst wie durch Ventile im Fels. Manchmal kommt das Geräusch als Seufzen bloß, als Stöhnen, meist aber als Schnaufen oder empörtes Prusten, und Schaumfontänen, die zehn Meter hoch steigen und oben immer neu in einem Sprühnebel zerstäuben.
    Es gibt da draußen vor den Klippen eine einzige Felsenleiste, an der sich die Brandungswogen aufbauen. Der Ozean schickt seine Unterströmung zum Ufer, durch das poröse System im Stein macht sie sich Luft. Der Wind lispelt im Strandhafer. Dies ist der Ort, an dem die Christen landeten und Menschenfischer wurden. Selbst kleinste Ortschaften haben noch heute vier, wenn nicht sogar sechs gutbesuchte Kirchen.
    Douglas setzt sich schweigend neben mich. Das Meer lullt uns beide ein. Weiter. Man könnte über diese Horizontlinie hinaus … Ich will weiter, sage ich, in eine Landschaft, die noch entlegener und wo diese Ferne noch fühlbarer ist, weil nichts mehr ist.
    Douglas sagt:
    »Ich weiß, was du suchst. Am Mittwoch geht die Nachtfähre von Nuku’alofa nach Ha’afeva. Ich werde dir ein Ticket für die Princess Ashika besorgen.«
    Als wir zum Wagen zurückkommen, steht da das australische Pärchen,

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