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Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Versendaal
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eine Bombe am Bodenblech montieren konnte, hatten sie ihre Dienstwagen nur noch im Innenhof der Wache abgestellt. Und irgendwann gaben sie es auf, dem Danziger Syndikat das Leben schwer zu machen. Für alle, die sie festnahmen, reisten nämlich sofort Ersatzleute an.
    – Was du alles weißt, meinte Sassie. Holzapfels Enzyklopädie des kriminellen Wissens.
    Jan nahm ihr Lob mit einem schiefen Lächeln entgegen, soweit sie das hier in Gestrüpp und Finsternis erkennen konnte.
    Das letzte Stück des Weges legten sie schweigend zurück. Es ist ein quälendes Schweigen, sagte sich Sassie. Myrbäck und Holzapfel hatten während des gesamten Tages kaum miteinander gesprochen. Irgendetwas ist vorgefallen, und ich bin mir sicher: Es war Jan, der vor ein paar Tagen hinter der Wand zu ihrem Zimmer gestanden und gelauscht hatte. Na klar. Er hat uns sogar zugesehen. Der Spanner.

E in milder Abendwind blies durch den Sickla-Park, es roch nach nahendem Regen, und sie nahmen den westlichen Eingang zum Parkhaus.
    – Erzähl was. Rede.
    – Wieso? Myrbäck stutzte. Sie war um die Augen ge schminkt wie ein Waschbär, aber das war ja ihre Sache.
    – Es hilft dir. Es tut gut.
    – Du meinst, wenn alles im Eimer ist. Wenn die Welt zu Boden geht – dann hilft immer noch reden?
    – Ja, ungefähr so meine ich das. Ich bin wirklich klug, was diese Dinge angeht. Lebensschlau. Sassie band sich im Gehen die Haare zum Zopf.
    – Okay. Wenn du meinst. Schieß los.
    – Nein, nein, ich meinte eher dich. Du solltest reden. Denn du weißt nicht mehr weiter. Seh ich dir doch an. Mit deinem Sohn, den du nie triffst. Dem Schlamassel, in das ihr geraten seid.
    Myrbäck aber schwieg. Sie mochte ja Recht haben, aber ein Parkhaus war nicht der passende Ort, sein Herz auszuschütten. Was war in sie gefahren? War es ein Fehler, sie hierhergeschleppt zu haben? Sie ist keine ausgebildete Autodiebin. Sie würde nur nerven. So langsam wurde er wütend. Auf sich, auf Sassie. Auf Jan, der so tat, als hätte er mit ihnen beiden rein gar nichts zu tun.
    – Du schluckst alles, was dir in die Finger gerät?, fragte er aggressiv.
    – Nicht alles. Ich habe Leute erlebt, die wollten ihren Geolehrer mit einer Landkarte umbringen. Eine Schulfreundin. Wir hatten in der Pause auf dem Schulhof eine geschluckt. Das Zeugs war billig, es war aus Estland eingeschmuggelt. Für zehn Kronen bekam man zwei Stück. Bis zum nächsten Morgen war man drauf, normalerweise. Es war Signes erste Tablette, und sie hat sie nicht vertragen. In dieser einen Schulstunde weckte sie all den Hass, der in ihr steckte. Später brachte sie die Mode auf, Sangria mit Rohypnol zu kippen. Oder Wodka mit ein bisschen Vicodin. Bei besonderen Begebenheiten. Und fast hätte sie es geschafft.
    – Was?
    – Na, den Geolehrer zu erschlagen. Der Stock, an dem die Karte hing, zerbrach. Es war eine Karte von Norrbotten.
    – Was ist aus deiner Freundin geworden?
    – Ich glaube, sie landete beim Zoll. Aber nicht deswegen.
    Schon gestern war Sassie ihm seltsam vorgekommen. Sie hatte ihr T-Shirt falsch rum an. Trug das Innere nach außen und gab sich nicht einmal die Mühe, die Etiketten herauszuschneiden. Sie kriegt sich nicht mehr sortiert, dachte Myrbäck.
    – Sonderlich hübsch war sie nicht, aber sie brachte es fertig, ungeschoren davonzukommen. Alle fühlten mit ihr, sogar die Mädchen. Immer hatte sie irgendeine Geschichte auf Lager.
    Myrbäck brauchte ein paar Sekunden um zu begreifen, dass Sassie immer noch von dieser Signe sprach. Sie hört nicht auf. Durchgeknallt.
    – Mit der Nummer hat sie einen Typ nach dem anderen abgeschleppt. Nicht dass es mich gestört hat. Sie war der Mitleidsfick der Klasse.
    Sie kamen im zweiten Kellergeschoss des Parkhauses an. Holzapfel öffnete seine Sporttasche. Sassie war die Erste, die sich hineinbeugte. Sie nahm das große Brecheisen.
    – Was willst du damit?, fragte Jan kopfschüttelnd.
    – Mal sehn.
    Wortlos gingen sie die Reihen der geparkten Wagen entlang. Sie suchten einen BMW X3, wieder so ein Gefährt, in dem man hoch zu Ross saß und sich fühlte wie im Seniorenheim. Einer der vermögenden Kunden von Forss hatte die Bestellung aufgegeben.
    – Mach die Zigarette aus, sagte Holzapfel. Hier gibt’s Sprinkleranlagen.
    – Mach sie selbst aus. Sie sah ihn wütend an. Und warf die Kippe vor seine Füße.
    Sie hatten die nächste Parkebene erreicht, als Sassie, die ein ganzes Stück hinter ihnen ging, das Brecheisen über den Betonboden schleifen ließ.
    –

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