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Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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letzten Tagen begegnet war … bis auf eine Person. Nun wusste er auch, was an dem Gespräch mit Linda Bohnmann merkwürdig gewesen war. Sie hatte ihn als Einzige nicht auf die blauen Flecken in seinem Gesicht angesprochen - ja, ihn nicht einmal entsetzt betrachtet. Vielleicht war er einfach nur paranoid, möglicherweise war aber etwas faul an der Sache. Ein Grund mehr, sie zu besuchen. Er musste ohnehin die Beschwerde aus der Welt schaffen.
    Hogart erhob sich. »Ich muss weg.«
    »Und dein Kaffee?«
    »Ist sowieso schon kalt.«
    Tatjana sah ihn verwirrt an. »Verrätst du mir, wohin du gehst?«
    »Besser ich bringe dich heim, wo du deine Mutter und Großmutter beruhigst. Bei meinem nächsten Gang nach Canossa kannst du mir nicht helfen.«

21
     
    Nachdem er Tatjana zu Hause abgesetzt hatte, telefonierte er mit Linda. Allerdings wimmelte sie ihn ab, da sie noch von der Kriminalpolizei verhört wurde. Aber er musste sie sprechen, und da er darauf drängte, sie zu sehen, vertröstete sie ihn auf den Abend. Er könne sie gegen acht Uhr in ihrem Bungalow besuchen. Das war immerhin ein Anfang. Außerdem blieb ihm bis dahin noch Zeit, einige andere Dinge zu erledigen.
    Zunächst versuchte er, Elisabeth Domenik von Medeen & Lloyd zu erreichen, doch sie ging nicht an ihr Handy. Ohne Ergebnis des chemischen Labors kam er im Brandfall der Gebietskrankenkasse nicht weiter, also wollte er in der Zwischenzeit mehr über Madeleine Bohmann herausfinden. Diese verrückte Künstlerin, die Gefallen daran fand, Ölgemälde von Pesttoten zu malen, schien der Schlüssel in dem ganzen Verwirrspiel um die verschwundenen Akten und schrecklich verstümmelten Leichen zu sein.
    Während Hogart sich sämtliche Informationen ins Gedächtnis rief, die er bisher über Madeleine zusammengetragen hatte, fuhr er mit dem Wagen an den westlichen Stadtrand von Wien, durch die Villengegend, in der Ostrovskys Haus lag. Im Kassettendeck lief ein Band von John Lee Hooker, das ihm dabei half, seine Gedanken zu ordnen. Schon bald erreichte er die Höhenstraße, die zur Spitze des Kahlenbergs hinaufführte. Er wollte der Engelsmühle einen Besuch abstatten. Allerdings wusste er nicht, ob er Madeleine zu Hause antreffen oder die Mühle lieber leer vorfinden wollte. Bei all den Delikten, die man ihm im Moment vorwarf, konnte er eine Anzeige wegen Einbruchs so gut brauchen wie einen eingeklemmten Rückennerv.
    Als er jenes Plateau erreichte, das die Busfahrer als Umkehrplatz verwendeten, drosselte er die Geschwindigkeit. Es war der Ort, an dem er nachts auf Madeleine gewartet hatte, um ihr zur Mühle zu folgen. Deutlich war das drei Meter lange erneuerte Stück Leitplanke zu erkennen, an das zu beiden Seiten das rostige, verbeulte Blech anschloss. Es musste jene Stelle sein, an der Ernest und Agathe Bohmann vor zweieinhalb Jahren mit dem Wagen in die Schlucht gestürzt waren. Hogart hatte in der Nacht eine Spiegelung des Mondlichts zwischen den Bäumen gesehen. Möglicherweise lag das Auto noch dort unten. Immerhin hatte Rektor Priola erzählt, dass es nie geborgen worden war.
    Hogart hielt den Wagen in der Kurve an und stieg aus. Am Tag war die Aussicht überwältigend. Die Donau schmiegte sich wie ein funkelndes, glänzendes Band um die Felsen am Fuß des Berges. Das Sonnenlicht spiegelte sich im Fluss. Hogart stützte ein Bein auf die Leitplanke und starrte in die Schlucht. Beim Gedanken, mit dem Auto die Felswand hinunterzustürzen, wurde ihm schwindelig. Seit dem Tod des Verlegers hatte sich vieles geändert - die Schwestern waren zerstritten, die Zahlungen an Faltl hatten aufgehört und Linda hatte ihre Beziehung zu Priola beendet. Möglicherweise war der Tod der Eltern genauso wenig ein Unfall gewesen wie Lindas angeblicher Treppensturz. Er wollte verdammt sein, wenn er nicht zumindest versuchte, einen Blick auf das Unfallauto zu werfen.
    Rasch legte er das Sakko auf den Rücksitz. Bevor er es sich anders überlegte, kramte er eine Taschenlampe aus dem Kofferraum, die er zusammen mit seinem Handy in die Hosentasche steckte. Dann kletterte er über die Leitplanke. Sogleich rutschte sein Fuß auf dem Schotter davon. Er krallte sich an der scharfen Blechkante fest und schnitt sich in den Handballen. Augenblicklich trat ihm der Schweiß auf die Stirn. Was für eine verrückte Idee. Allein der Blick in den Abgrund brachte sein Herz zum Rasen. Dass er sich bei dem Abstieg die Schuhe ruinieren würde und womöglich auch die Hose, war seine geringste Sorge. Falls

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