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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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sondern watete hinein, ihr Bündel über dem Kopf haltend. Honor blieb keine andere Wahl, als ihr zu folgen. Kalt und durchnässt traten sie ans andere Ufer. »Sie sind bald wieder trocken«, versprach die Frau.
    In der letzten Dunkelheit kurz vor dem Morgengrauen erreichten sie den Stadtrand von Wellington. Honor glaubte, dass jetzt der schwierigste Teil kam. Sie mussten mitten durch die Stadt zu Belle Mills laufen und durften dabei nicht gesehen werden. Auf den Höfen in der Nähe hatten bereits die Hunde zu bellen begonnen.
    Die entlaufene Sklavin schien sich weniger Sorgen zu machen. »Wissen Sie, wo der Laden von der Putzmacherin ist?«, fragte sie.
    Honor klopfte auf ihre Haube. »Die habe ich von ihr.«
    Die Frau nickte. »Hab ich mir schon gedacht. Gut. Sie müssen jetzt nur noch an ihre Tür gehen und klopfen. Sie sind eine freie Frau – niemand kann Sie einfach von der Straße schnappen, noch nicht einmal der Sklavenjäger.«
    Â»Und was machen Sie?«
    Â»Ich komme nicht mit.« Als sie die Panik in Honors Stimme hörte, blickte die Frau ihr fest in die Augen. »Mitten in der Stadt wäre es zu gefährlich für mich, wo jetzt alle wissen, dass ich in der Gegend unterwegs bin. Dort würde er mich erwischen, das spüre ich. Nur keine Bange, ich hab Sie doch nahe genug hingebracht, es gibt jetzt wirklich keinen Grund zur Sorge mehr. Gehen Sie einfach die Straße entlang. Ist doch schön, Sie müssen sich nicht bei den Bären im Wald verstecken. Und sehen Sie, es ist gar nicht mehr so dunkel.«
    Honor blickte sich um. Ein erster grauer Streifen im Osten hatte der Dunkelheit etwas von ihrer Schwere genommen. Bald würde sie den Weg vor sich besser sehen können. »Und wo wollen Sie hin?«
    Â»Ich werde mich verstecken. Wo, sag ich Ihnen besser nicht. Wenn Sie’s nicht wissen, kann der Sklavenjäger es auch nicht aus Ihnen rauskitzeln. Jetzt gehen Sie, bevor die ersten Hunde von da hinten kommen und uns finden. Ich muss mir einen Fluss suchen, den ich durchqueren kann – dort werden sie meine Spur verlieren.«
    Honor wusste, dass die Frau recht hatte. »Warten Sie.« Sie öffnete ihr Bündel und reichte der Schwarzen alle Essensvorräte, das Briefmesser und fast ihr gesamtes Geld. Dann nahm sie ihre graugelbe Haube ab und hielt sie der Frau hin.
    Â»Oh.« Die Frau berührte das gelbe Futter. »Die ist zu schön für mich.«
    Â»Bitte. Ich möchte, dass Sie sie nehmen.«
    Â»Na gut.« Die Schwarze wollte sich die Haube über das rote Kopftuch ziehen.
    Â»Warten Sie! Sie sollten auch meine Unterhaube nehmen. Und ich bekomme Ihr Kopftuch.« Ich werde es für einen Quilt benutzen, dachte Honor.
    Mit der fest unterm Kinn zusammengebundenen Haube sah die Frau von der Seite wie eine Weiße aus. »Danke«, sagte sie. »Und jetzt gehen Sie besser.«
    Honor zögerte. Tränen schossen ihr in die Augen.
    Â»Na, gehen Sie schon, Sie kennen doch den Weg.«
    Â»Gott sei mit Ihnen.«
    Â»Und mit Ihnen.« Die Frau lächelte. »Schauen Sie mich an. Kaum hab ich eine Haube auf, rede ich auch schon wie ’ne Quäkerin.« Sie drehte sich um und lief in den Wald zurück, wo die Dunkelheit sie verschluckte.
    Er wartete vor Belles Laden, wo er so bewegungslos an der Hausecke lehnte, dass Honor ihn erst bemerkte, als sie die Hand hob, um zu klopfen.
    Â»Wo ist deine Kopfbedeckung geblieben, Honor Bright? Und wo ist die Niggerin?«
    Â»Ich weiß es nicht«, konnte Honor ehrlich antworten, als sie sich von ihrem Schreck erholt hatte.
    Â»Warum bist du nass? Bist du durch den Fluss gewatet? Sie hat dir wohl alle ihre Niggertricks beigebracht, oder was?«
    Im ersten Licht der Morgendämmerung blickte Honor auf ihren Rock. Sie dachte, er sei längst getrocknet, doch er war erneut klatschnass geworden.
    Â»Oh«, stöhnte sie. »Oh.«

Belle Mills’ Putzmacherei
    Main Street
    Wellington, Ohio
    4. des 9. Monats 1851
    Meine lieben Eltern,
    wundert Euch nicht über die fremde Handschrift: Belle Mills schreibt diesen Brief für mich, weil ich noch zu schwach bin, um länger aufrecht zu sitzen. Doch ich wollte Euch sofort wissen lassen, dass Ihr jetzt die Großeltern von Comfort Grace Haymaker seid. Sie ist vor drei Tagen zur Welt gekommen. Belle und ein erfahrener Arzt aus Wellington haben mir beigestanden. Sie ist wunderschön. Ich bin müde, aber

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