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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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bewegungslos und lauschten auf die Männer und ihre Pferde. Honor schauderte vor Furcht, und sie atmete tief ein und aus, um sich zu beruhigen.
    Dann hörten sie das Bellen.
    Â»Oh Gott, sie haben einen Hund«, flüsterte die Schwarze. »Oh Gott.«
    Â»Das ist Digger.«
    Â»Kennt er Sie? Gut, dann wird er Sie wenigstens nicht zerfetzen, wenn er Sie erwischt. Wir müssen rennen.«
    Â»Er hasst mich.«
    Â»Der eigene Hund? Oh je.«
    Honor hörte, wie die Maispflanzen sich bewegten, dann sah sie Digger durch die Reihen auf sie zutrotten. Doch statt zu bellen, blieb er einfach vor Honor stehen und blickte leise knurrend zu ihr hoch. Die entlaufene Sklavin ignorierte er. Dann drehte er sich um und lief denselben Weg zurück, den er gekommen war. Die Frauen schauten ihm nach.
    Â»Der lässt Sie laufen«, murmelte die Schwarze. »Gut, dass er Sie hasst. Danke, Digger.«
    Â»Da ist er«, hörten sie Jack. »Was hast du gefunden, Digger? Nichts?«
    Â»Ich dachte, er hätte da drinnen was bemerkt«, sagte Donovan. »Verdammte Töle. Darum arbeite ich nicht gerne mit Hunden – sie sind unzuverlässig und laut. Ich traue meinen eigenen Sinnen mehr als denen eines Hundes.«
    Schließlich ritten die Männer weiter, und die Frauen schli chen in Richtung Osten durchs Maisfeld. Honors Beine schmerzten vom langen Sitzen, sie schüttelte sie aus und streckte sich. Am Himmel tauchten die ersten beiden Sterne auf. Bald würden es mehr werden.
    Als sie das Ende des Maisfelds erreichten, wechselten die Frauen in den Wald, durch den sie einen Bogen um Faithwell schlagen wollten, um dann in Richtung Süden weiterzulaufen. Mittlerweile war es stockdunkel. Honor heftete die Augen wieder auf den Rücken der Frau, und schließlich streckte sie die Hand nach ihr aus, um sich durch die Dunkelheit führen zu lassen.
    Endlich erreichten sie die vertraute Straße, die Oberlin und Wellington verband. Sie lag still da, doch Honor vermutete, dass Donovan und möglicherweise auch Jack auf ihr unterwegs waren und auf sie warteten.
    Â»Wir gehen in das Maisfeld dort drüben«, sagte die Frau und zeigte auf die andere Straßenseite. »Wir sollten nicht auf der Straße laufen, aber in ihrer Nähe bleiben, damit wir uns nicht verlaufen. Außerdem wissen wir dann immer, wo der Jäger ist, und er kann uns nicht überraschen.« Es klang so entschlossen und selbstverständlich, als hätte die Frau sich schon öfter in Situationen wie dieser befunden. Sie huschte über die Straße, die im fahlen Mondlicht als silberner Fluss vor ihnen lag. Honor folgte ihr. Als sie die Straße überquerte, musste sie daran denken, dass sie erst vor wenigen Monaten bei Nacht in derselben Gegend unterwegs gewesen war, um Donovan zu suchen. Jetzt versteckte sie sich vor ihm. In der Dunkelheit spürte sie wieder den metallischen Geschmack der Angst auf ihrer Zunge. Honor schluckte, doch der Geschmack blieb, wenn auch nicht so stark wie beim letzten Mal. Immerhin war sie diesmal nicht allein.
    Im Maisfeld wendete die Frau sich in Richtung Süden. Als Honor ihr nicht folgte, blieb sie stehen. »Was ist nun, kommen Sie?«
    Â»Das ist die falsche Richtung.« Honor deutete auf den Polarstern. »Nach Oberlin.«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Ich komme gerade aus Oberlin. Von der Frau in dem roten Haus – sie macht einen scharfen Eintopf. Sie hat mir gesagt, ich soll mich von Ihnen fernhalten. Langsam begreife ich, warum«, fügte sie hinzu. »Verstehen Sie nicht? Ich bin in Richtung Süden unterwegs, nicht nach Norden. Im Norden war ich schon.« Sie kam zu Honor zurück. »Erinnern Sie sich nicht an mich? Wahrscheinlich sehen wir für Sie alle gleich aus.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Aber soll ich Ihnen mal was sagen? Für uns sehen die Weißen auch alle gleich aus.«
    Â»Ich erinnere mich an Sie«, flüsterte Honor. »Sie haben mir Wasser ans Bett gestellt, als ich krank war.«
    Das Gesicht der Frau wurde weich. »Ja.«
    Â»Aber eins verstehe ich nicht. Warum wollen Sie in den Süden?«
    Â»Meine Kinder. Nachdem sie mich geschnappt hatten, bin ich bei der erstbesten Gelegenheit gleich wieder weggerannt. An einem Tag bin ich sogar auf Ihrem Hof gewesen und hab mir das Essen unter der Kiste geholt. Beim zweiten Mal hab ich es bis Kanada geschafft, aber als ich endlich da war, musste ich die ganze

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