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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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dass du mit den Haymakers nicht klarkommen wirst. Er hat mir erzählt, dass du seit dem Tod des Niggers kein Wort mehr geredet hättest. Meinetwegen musst du nicht mit mir reden, wenn du lieber den Mund halten willst. Wirf einfach einen Stein nach mir, dann weiß ich, dass du da draußen bist, und komme dich holen.«
    Die Sklavin blickte Honor an, das Weiße in ihren Augen blitzte in der Dunkelheit. Honor schüttelte den Kopf, um sie zu beruhigen.
    Kurz darauf begann Donovan zu lachen. »Da sitze ich auf meinem Pferd und rede mit mir selber. Du scheinst mir ganz schön den Kopf verdreht zu haben, Honor Bright.«
    Er machte kehrt und ritt in Richtung Norden davon. Honor fragte sich, an wie vielen Feldern er noch stehen bleiben würde, um sein Angebot zu wiederholen.
    Die Schwarze funkelte sie an. »Was ist los mit dem Sklavenjäger? Sind Sie mit ihm befreundet oder was? Laufen Sie wegen ihm von Ihrem Mann weg?«
    Â»Nein! Nein. Ich laufe weg, weil … weil ich andere Ansichten habe als die Familie meines Mannes.«
    Die Frau schnaubte. »Das ist doch albern. Man muss mit den Leuten, mit denen man zusammenlebt, nicht immer einer Meinung sein.«
    Â»Sie haben mir verboten, entlaufenen Sklaven zu helfen.«
    Â»Oh.« Die Frau schnalzte wieder mit der Zunge.
    Sie blieben noch lange im Graben liegen. Am Himmel funkelten immer mehr Sterne.
    Â»Na gut, gehen wir weiter«, sagte die Frau schließlich. »Er wird uns in Richtung Oberlin suchen und ab und zu stehen bleiben, um Ihnen seine kleine Rede zu halten.« Sie schmunzelte und lief vor Honor her in den Wald. Bei jedem Schritt rechnete Honor damit, dass sich von hinten eine Hand auf ihre Schulter legte, aber Donovan kam nicht.
    Mittlerweile hatte es deutlich abgekühlt. Obwohl die Nächte noch nicht richtig kalt waren, bildete sich Tau auf den Blättern, und Honor zog ihr Tuch fester um sich. Sie stapften durch den Wald. Honor stolperte gelegentlich, doch die schwarze Frau schritt ruhig und sicher vor ihr her.
    Auf der anderen Seite des Waldes lag ein abgeerntetes Haferfeld. Sie konnten es nicht durchqueren, denn dort wären sie selbst in der Dunkelheit zu gut sichtbar gewesen, also beschlossen sie, von der Straße weg in den östlich gelegenen Wald zu gehen. Im Schutz der Bäume wollten sie dann weiter in Richtung Süden laufen. Honor hoffte, dass sie jetzt, wo sie ein Stück von der Straße und Donovan entfernt waren, langsamer laufen würden, doch die Frau eilte weiter. Die abgemähten Felder in der Nähe machten selbst ihr Angst, denn über die Stoppeln konnte man leicht reiten. »Er wird jedes Feld in Richtung Norden durchkämmen, bis er sicher ist, dass wir nicht dort sind. Und dann wird er zurückkommen.«
    Â»Vielleicht reitet er ja Richtung Westen«, überlegte Honor. »Die Flüchtlinge laufen entweder nach Norden oder Westen, nie nach Süden oder Osten.«
    Â»Die Sklavenjäger haben eine gute Nase dafür, wo die Flüchtlinge sind, sonst wären sie bald arbeitslos. Ich garantiere Ihnen, dass er noch heute Nacht wieder auftauchen wird. Aber ich hab auch eine gute Nase.«
    Â»Wie halten Sie das nur jede Nacht aus? So ganz allein im Wald?« Bei dem Gedanken an den kalten Metallgeschmack der Nacht erschauderte Honor.
    Â»Man gewöhnt sich dran. Es ist sogar besser, allein zu sein. Dies hier …«, sie machte eine weit ausholende, den Wald umschließende Geste, »dies hier ist Sicherheit . Die Natur will mich nicht versklaven. Sie kann mich zwar töten, durch Kälte, Krankheit oder Bären, aber das ist eher unwahrscheinlich. Nein, die Gefahr liegt dort drüben.« Sie deutete zur Straße. »Gefährlich sind die Menschen.«
    Â»Bären?« Honor blickte sich erschrocken um.
    Die Frau schmunzelte. »Die meisten Bären haben Angst vor Menschen. Die tun einem nichts, es sei denn, man gerät zwischen sie und ihre Jungen. Außerdem gibt’s hier in der Gegend keine Bären. Nur drüben in den Bergen, wo ich hinwill. Und kein Bär kann so schrecklich sein, dass er mich davon abhält, zu meinen Jungen zu laufen. Also los, gehen wir weiter.« Die Frau schien einem geheimen Signal zu gehorchen, das nur sie wahrnehmen konnte.
    Sie liefen und blieben stehen, liefen und blieben stehen. Irgendwann kamen sie an einen Fluss. Honor vermutete, dass es sich um den Black River handelte. Die Sklavin zögerte nicht lange,

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