Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
nicht anmerken zu lassen. Die Sonne malte kleine Goldkringel auf den Fluss, die wie goldene Münzen aussahen. Zehntausend glitzernde Münzen.
Endlich holte sein Schwiegervater tief Atem.
»Wie ich schon sagte, bin ich ein alter Mann. Ich habe alle Kinder von König Henry überlebt, von denen einige fast noch Babys waren, als ich zum Ritter geschlagen wurde, aber ihre Erben werde ich nicht überleben. Das Werk, das ich begonnen habe, sollen du und meine Kinder fortführen. Meine Söhne. Mahelt und ihre Schwestern. Also soll der Prinz von Frankreich seine Blöße mit zehntausend Mark bedecken, aber das wird nicht schriftlich festgelegt, weil ich fürchte, dass der Earl of Chester die Dinge ganz anders sieht als ich.«
»Sir.« Hugh atmete erleichtert auf.
Der Marschall maß ihn mit einem warmen Blick, fast wie ein Vater seinen Sohn.
»Hugh, nimm meine Tochter, und reite mit ihr heim nach Framlingham. Baut euch euer Leben auf, und zieht meine Enkel in Frieden groß. Das ist ein Befehl, und zwar einer, über den nicht verhandelt wird.«
»Das tue ich gerne, Sir.« Hugh fühlte sich plötzlich, als würden alle Münzen auf dem Wasser noch heller leuchten. »Mit Freuden.«
48
Framlingham, Hochsommer 1218
Es war schon spät, aber der Himmel im Westen über Edmundsbury wies noch einen türkisfarbenen Schimmer auf. Hugh und Mahelt standen auf der Brustwehr von Framlingham und betrachteten die Sterne. Allmählich begaben sich die Burgbewohner zur Ruhe, nur die Wachposten und der Pförtner am Tor blieben wach. Heute war Mahelts Aussegnung gefeiert worden – vor sechs Wochen hatte sie ihrem dritten Sohn Ralph das Leben geschenkt. Er war dunkelhaarig wie sie, würde aber Hughs strahlend blaue Augen bekommen.
Ihre Eltern und einige ihrer Brüder und Schwestern waren zu der Aussegnung gekommen. Auch Hughs Geschwister waren vollzählig erschienen, und es hatte eine gelöste, optimistische Atmosphäre geherrscht. Sogar ihr Schwiegervater hatte Interesse gezeigt, seinen neuen Enkel auf den Schoß genommen und gesagt, das sei Idas größter Wunsch gewesen und er tue es zum Gedenken an sie.
Später hatten er und ihr Vater ein langes Gespräch über Pferde geführt und waren zu den Koppeln gegangen, um sich die Stuten und Fohlen anzusehen. Ihr Vater hinkte zwar aufgrund seiner alten Beinwunde, musste sich aber Earl Rogers langsamerem Gang anpassen. Mahelt hatte erfreut zur Kenntnis genommen, dass sich die Unterhaltung nicht um Krieg und Politik, sondern um ganz alltägliche Dinge gedreht hatte.
Prinz Louis hatte, angetan mit einem prächtigen Mantel
über seiner Unterkleidung, in Kingston den Friedensvertrag unterzeichnet, war nach der Zeremonie unverzüglich nach Frankreich zurückgesegelt und hatte es denjenigen, die ihm den Treueeid geschworen hatten, freigestellt, sich in die Dienste des jungen Königs und seines Protektors zu stellen. Framlingham hatten sie zurückbekommen, und ihr Vater hatte Hugh sofort in die Regierungsgeschäfte und den endgültigen Abschluss der Friedensverhandlungen mit einbezogen.
Sie seufzte leise, teils vor Zufriedenheit und teils, weil sie Altes losließ und Neues akzeptierte.
»Tiefschürfende Gedanken?«, fragte Hugh. Sie spürte sein Lächeln mehr, als dass sie es sah, aber sie konnte sich vorstellen, wie sich die Lachfältchen um seine Augen vertieften. Er legte den Arm um ihre Taille und steckte den Daumen in ihren in Blautönen gehaltenen Gürtel, den sie gemeinsam gewebt hatten, als ihr Erstgeborener noch in den Windeln lag.
Ne vus sanz mei, ne mei sanz vus .
Er lächelte. Sie lehnte sich an ihn und antwortete ihm mit warmer Stimme.
»Ich dachte, was für ein schöner Abend, und morgen und übermorgen wird auch wieder ein schöner Tag anbrechen. Ich werde die besten Vliese von den Schafen nehmen, die du mir geschenkt hast, die Wolle spinnen und färben, und dann weben wir eine neue Borte, du an einem Ende, ich am anderen, bis wir uns in der Mitte treffen. Dann haben wir beide einen Gürtel, und der eine wird immer Teil des anderen sein, egal was geschieht.«
»Das scheint mir ein guter Vorschlag zu sein«, meinte Hugh, und in stummem Einverständnis gingen sie zurück und steuerten auf den schmalen Lichtkeil zu, der durch den Spalt der Hallentür drang.
Anmerkung der Autorin
An dieser Stelle führe ich den Leser gern hinter die Kulissen und erläutere den historischen Hintergrund des Romans. Falls Lesern Ungereimtheiten zwischen Die englische Rebellin und früheren Werken
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