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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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aus. Das wird nicht von selbst heilen, dachte ich. Die Klauen hatten sich tief in ihr Fleisch gegraben.
    Die Schmerzen, die das Verbinden der Wunde verursachte, ließen Tegan ohnmächtig werden, aber vielleicht lag es auch daran, dass sie ihr eigenes Blut gesehen hatte. Ich hatte schon öfter erlebt, wie jemand auf diese Weise reagierte. Was immer auch der Auslöser war, Tegan hing reglos in Bleichs Armen.
    »Verschwinden wir von hier«, sagte Pirscher.
    Ich schaute Bleich an. »Kannst du sie tragen?«
    Das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein, überkam mich. Ich erinnerte mich, wie ich ihm wegen des blinden Balgs die gleiche Frage gestellt hatte – und ich wusste nur zu gut, wie es damals ausgegangen war. Bleichs Gesicht wurde
hart. »Ja. Wir müssen einen Platz zum Ausruhen finden und überlegen, was wir für sie tun können.«
    Es brauchte keine weiteren Worte. Ich war diejenige, die nachts am besten sehen konnte, deshalb ging ich voraus, gab das Tempo vor und hielt nach weiteren Freaktrupps Ausschau. Je weiter wir von den Ruinen wegkamen, desto mehr Hoffnung hatte ich, dass wir ihnen entwischen würden, andererseits konnte ich kaum damit rechnen, bald einen sicheren Rastplatz zu finden – ich musste davon ausgehen, dass sie überall um uns herum waren. Mein einziger Trost war, dass ich sie riechen würde, bevor ich sie sah, und das selbst bei meiner guten Nachtsicht.
    So rannten wir durch die Nacht, und Bleich und Pirscher wechselten sich damit ab, Tegan zu tragen. Schließlich wachte sie auf und sagte, sie könne selbst laufen. Ich schüttelte nur den Kopf und lief weiter. Schon lange war ich nicht mehr so erschöpft gewesen. Das Leben Oben hatte mich verweichlicht. Wie im Traum erinnerte ich mich an unseren Marsch nach Nassau, daran, wie nur meine Willenskraft mich auf den Beinen gehalten hatte. Diese Entschlossenheit rief ich nun in mir wach, um mich in Bewegung zu halten. Und dabei half ich nicht einmal, Tegan zu tragen.
    Ich hatte das Gefühl, dass ich es zumindest anbieten musste. »Wenn ich sie auch einmal nehmen soll …«
    »Wir brauchen deine Augen«, erwiderte Bleich. »Zumindest bis es hell wird.«
    »Glaubt ihr, wir sind schon weit genug, dass wir anhalten können?« Probeweise schnupperte ich in der Luft. Sie roch sauber, nur der klare Duft, den ich mit Bäumen und anderen Pflanzen verband, lag darin, vermischt mit einem Hauch von
Urin, mit dem irgendein Tier sein Revier markiert hatte, und einer Spur von fauligen Blättern. Ich roch jedoch auch das Blut aus Tegans Wunde, also konnte alles, was Hunger hatte, es ebenfalls riechen. Keine gute Situation . Die Jägerin in mir überlegte, sie zurückzulassen – zu viel überschüssiges Gewicht. Mit zornig zusammengebissenen Zähnen brachte ich diese Stimme in mir zum Verstummen, weil ich es ohnehin nicht fertigbringen würde; vielleicht hatte ich doch eine Zeugerin in mir, aber ich schämte mich nicht mehr dafür.
    »Wir gehen besser weiter bis zur Morgendämmerung oder noch länger«, erwiderte Pirscher.
    Tegan wimmerte, während Bleich sie Pirscher von den Armen nahm und sie sich über die Schulter legte. Ich hatte Bleichs Uhr nicht und keine Ahnung, in welche Richtung wir gingen, also folgte ich einfach dem überwucherten Steinpfad und hielt Ausschau nach Gefahren.
    Ich roch sie kurz vor Anbruch der Dämmerung.
    Noch mehr Freaks, deren Gestank der Wind in meine Nase trug. Ich drehte mich und schaute in alle Richtungen. Diesmal kamen sie von hinten, was bedeutete, dass sie unserer Spur gefolgt waren. Noch schlimmer . Düstere Worte brodelten in mir hoch, Gedanken von Furcht und Panik, aber ich schluckte sie hinunter und sprach nur aus, was im Moment wichtig war: »Bringt sie in Sicherheit. Wir werden gleich wieder kämpfen müssen.«
    Bleich trug Tegan hinüber zu den Bäumen und legte sie sanft auf den Boden. »Bleib hier und beweg dich nicht. Ich sorge dafür, dass sie nicht in deine Nähe kommen. Und wenn doch, halt ich sie auf. Verstanden?«
    Tegan nickte, drückte sich flach auf den Boden und hielt
ganz still. Vielleicht würde es helfen, solange wir es schafften, sie zu beschäftigen. Die hier waren zu zwölft, und wir waren ein Kämpfer weniger. Nicht dass Tegan selbst in Bestform besonders gut gewesen wäre, aber sie hatte sich immerhin geschickt genug angestellt, um sie zurückzutreiben, während wir die Monster in der Zwischenzeit in Stücke hackten.
    »Jeder nimmt vier«, sagte Pirscher.
    Ich nickte und ging in Stellung, ignorierte

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