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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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ähnelten.
    »Ich kann nicht fassen, dass es auch hier welche gibt«, sagte ich.
    »Sie sind überall«, sagte Bleich grimmig. Sein Gesicht hob sich scharf und kantig vor dem aufgehenden Mond ab, dessen Licht die Welt um uns herum in einen silbrigen Schimmer tauchte, weich und kühl.
    Ein böser Gedanke beschlich mich: Überall, wohin wir
auch kamen, würden wir uns vor ihnen verstecken müssen, weglaufen oder kämpfen. Vielleicht hätten wir doch in dem kleinen Haus am Fluss bleiben sollen. Dort hatte es wenigstens keine Freaks gegeben, und wir hatten genug zu essen gehabt. Aber wir alle wollten versuchen, den Ort zu finden, von dem Bleichs Zeuger gesprochen hatte, den Ort, an dem alles besser war. Ich merkte, wie ich begann, die Hoffnung aufzugeben.
    Als wir über den nächsten Hügel kamen, erstarrte ich. Ich sah zehn Freaks, und zuerst schienen sie genauso überrascht zu sein wie wir. Es waren immer noch die gleichen hässlichen, verunstalteten Kreaturen, aber sie sahen gesünder aus als die, die wir eben erst umgangen hatten. Der Freak-Jagdtrupp ließ alle Beute fallen – hauptsächlich Tiere, wie ich glaubte – und rannte knurrend auf uns zu. Sie waren gierig auf süßeres Fleisch. Ich riss meine Dolche heraus.
    »Stell dich hinter uns!«, rief ich Tegan zu, aber sie hatte schon meine Keule in der Hand und ging wild entschlossen neben mir in Position.
    »Ich habe mit Bleich geübt«, sagte sie.
    Hier gab es ohnehin nichts, wo sie sich hätte verstecken können. Es tat ein bisschen weh, dass Bleich und ich uns nicht Rücken an Rücken stellten, wie wir es sonst immer taten, aber im Moment hatte ich andere Sorgen. Pirscher kam an meine andere Seite gesprungen, seine Klingen auf den Handrücken. Die Freaks umzingelten uns. Zweifellos rechneten sie mit einem kurzen Kampf, denn sie konnten unmöglich an Beute gewöhnt sein, die sich wehrte.
    Sie waren nicht so hungrig wie andere, denen wir begegnet waren, und griffen zuerst mit den Klauen an, dann erst mit
den Zähnen. Ich wehrte mit den Ellbogen ab, wie Pirscher es mir beigebracht hatte, und stieß mit meinen Messern nach ihrem Rumpf. Ich war nicht so schnell wie er, aber es gelang mir, den meisten Hieben auszuweichen und meine Brust zu schützen. Jeder von uns musste zwei erledigen, die Übrigen würden wir unter uns aufteilen.
    Neben mir schwang Tegan mit aller Kraft die Keule, und ich gab ihr möglichst viel Platz, damit ich die Freaks erledigen konnte, wenn sie vor ihren Rundschlägen zurückwichen. Die Welt um mich herum schrumpfte zusammen auf Stechen und Schlagen, Treten und Vorwärtsspringen. Blut spritzte. Ich wischte es mir aus den Augen und kämpfte weiter. Mir blieb keine Zeit, mich nach den anderen umzusehen – diese Freaks hier fielen nicht so schnell wie die anderen.
    Töte sie , flüsterte Seides Stimme in meinem Kopf. Töte sie alle .
    Die Jägerin in mir erwachte, scharf und klar wie eine frisch geschmiedete Klinge, die zischend aus dem Härtebad hervorblitzt. Die hier waren klug. Ich sah es in ihren Augen, wie sie versuchten, meine Bewegungen abzuschätzen, und immer wieder antäuschten, um meine Reflexe zu testen. Meine Dolche glänzten im Mondlicht, Blut auf Silber, und mein Herz sang mit jeder Drehung, mit jedem neuen Angriff. Ich spürte die Wunden kaum, die sie mir zufügten, wusste nicht, wie schlimm sie waren, und nahm nichts anderes um mich herum mehr wahr, bis der letzte Freak erledigt war. Bleich tötete ihn mit einem sauberen Schnitt durch die Kehle. Klaffend hob sie sich vom mondbeschienenen Gras ab, dunkel wie der Nachthimmel. Immer langsamer gingen die röchelnden, erstickten Atemzüge und hörten dann ganz auf.

    Gierig saugte ich die Luft in tiefen Zügen ein. »Irgendjemand verletzt?«
    »Ein paar Kratzer«, sagte Pirscher. »Nichts Schlimmes.«
    Bleich wischte seine blutverschmierten Hände an seinem Hemd ab. »Alles in Ordnung.«
    Ich drehte mich zu Tegan genau in dem Moment um, als sie zusammenbrach. Bleich erwischte sie gerade noch, bevor sie auf den Boden schlug. Blass und fahl hing sie in seinen Armen, ihre Augen groß und angsterfüllt.
    »Wo bist du verletzt?«, fragte er ernst.
    »Ihr Bein«, sagte ich leise. Der Stoff ihrer Hose war zerrissen und gab den Blick auf einen langen klaffenden Schnitt in ihrem Oberschenkel frei, gleich unterhalb der Hüfte.
    Mit meinem Dolch schnitt ich den unteren Teil ihres Hosenbeins in Streifen, und Bleich verband die Wunde. Das stillte zwar die Blutung etwas, aber Tegan sah nicht gut

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