Die Entdeckerin: Erotischer Roman (German Edition)
sie voll.
Killian stand wie erstarrt da.
Adie wickelte das Fragment aus dem schützenden Schal und überlegte einen Moment, bevor sie es an Killian weitergab. Er starrte sie an, die grauen Augen wie Feuerstein, dann trat er wortlos vor und drückte das Gemäldeteil an die richtige Stelle.
Es passte nicht genau. Ein Jahrhundert der Erosion hatte die Spalten, die Jacobs Meißel geschlagen hatte, verbreitert, und einige Absplitterungen waren sicherlich verloren gegangen, aber wichtiger war, dass es nun wieder ein komplettes Bild gab, denn trotz der Spalten konnte man die Übergänge genau verfolgen.
»Oh, Mann«, sagte der Vertreter der Antiquitätenbehörde.
»Oh, verdammt, das muss doch wehgetan haben«, murmelte der Tontechniker.
Adie starrte auf das komplette Bild. Die Wochen, die sie in nächster Nähe gearbeitet hatte, waren dafür verantwortlich, dass die Wirkung auf sie nicht mehr so groß war, aber sie würde die Schönheit und die Kraft des Gemäldes nie vergessen können, seit sie es das erste Mal gesehen hatte. Dieses Gefühl kehrte zurück, und ihr Mund weitete sich zu einem breiten Lächeln.
Einen Moment später schwand ihr Lächeln, als Sadler in die Grabkammer trat; seine Gefolgschaft im Schlepptau.
»Sehr interessant«, sagte der Vertreter der Antiquitätenbehörde. Die Kamera surrte noch. »Jetzt können wir es endlich in seiner Gesamtheit bewundern. Sie haben Glück mit Ihrer Assistentin, die soviel Initiative zeigt, Dr. Carmichael. Können Sie uns die Bedeutung Ihrer Entdeckung erläutern?«
Killian warf einen Blick auf Adie, dann setzte seine instinktive Professionalität ein. Er strich mit einer Hand über seine Haare und wandte sich seitlich dem Wandgemälde zu. »Das ist vielleicht eine einzigartige Entdeckung. Die Szenen auf dem Gemälde deuten an, dass sich Pharao Huni einer rituellen Kastration unterwirft. Das ist das Zeichen der Wiederbelebung des Osiris-Mythos. Wie allgemein bekannt ist, wurde Osiris von seiner Schwester und Gattin Isis zerstückelt aus dem Nil gefischt, nachdem sein neidischer Bruder Seth ihn auf schreckliche Weise getötet hatte. Isis fand alle vierzehn Teile des Körpers, nur der Phallus fehlte. Sie formte einen neuen, der ihm, nachdem Isis ihn zum Leben erweckt hatte, wieder Potenz verlieh.«
»Und warum war dieses Kastrationsritual für den Pharao so wichtig?«, fragte der Reporter.
»Osiris war einer der bedeutendsten Götter des alten Ägypten. Wir können nur annehmen, dass Huni ihm nacheifern wollte und sich durch die Kastration ebenfalls einen göttlichen Status versprach.«
Während Killian sprach, bemerkte Adie, wie Sadlers Gesicht schneeweiß wurde. Er trat zwei Schritte zurück in die Schatten, und sackte auf eine Treppenstufe. Den sind wir los, dachte Adie. Sie würde gern dabei sein, wenn dieses Ritual auch an ihm vollzogen würde.
Killians improvisierte Erklärung war beendet. Der Reporter bedankte sich, dann spendete der Repräsentant der Behörde spontan Beifall. Seine Kollegen schlossen sich an, ebenso die Vertreter der Touristenpolizei. Adie klatschte mit. Es sah so aus, als würde alles gut ausgehen.
Nachdem Adie hinunter in die Grabkammer gegangen war, sah Sian, wie Sadler ihr folgte. »Das war’s dann wohl«, murmelte sie. Seit die Reporter eingetroffen waren, hatte sie sich überflüssig wie ein Kropf gefühlt. Jetzt würde der Fund dem ägyptischen Staat gehören – und der ganzen Welt. Killian würde die ganze Zeit Interviews geben und Vorträge halten, und die Kameradschaft der letzten Wochen würde für immer vorbei sein.
»Du siehst enttäuscht aus«, sagte Anton in ihre schweren Gedanken hinein.
»Nein. Doch.« Sian schaute hoch zu Killians ehemaligem Partner. »Wenn Adie das durchzieht, und ich bin sicher, dass ihr das gelingt, wird das Leben hier ziemlich langweilig sein.«
»Gefällt es dir denn nicht, Archäologin zu sein?« Seine Augen lächelten.
»Du machst dich lustig über mich. Ich liebe die Arbeit vor Ort. Und ich bin gern die Erste, die etwas entdeckt.«
»Das ist eine ehrliche Antwort. Du würdest eine gute Grabräuberin sein.«
Sian trat gegen einen Hinterreifen ihres Land Rovers. »Ich dachte, du hättest was gegen Stehlen.«
»Es ist kein Diebstahl, wenn man die Beute zurückgibt.«
»Richtig.« Sian verdrehte die Augen zum Himmel. Der khamseen hatte sich über Nacht gelegt, und es war nur eine leichte Brise geblieben. Sie blickte wieder zu Anton, dessen Haare um seine Schultern wehten. »Hast du schon
Weitere Kostenlose Bücher