Die Entdeckung des Lichts
verarbeitbar, und den Rest der Fahrt verbrachte Faraday mit dem Mantel über dem Kopf. Er ließ nur durch eine Falte genügend Luft an die Nase kommen, dämmerte so vor sich hin und genoss das Sparen von Energie. Ein Stillhalteabkommen mit der Welt, einseitig geschlossen. Zu Hause legte er sich zwei Tage ins Bett, wie in den Bauch eines Wals, der ihn durch die Zeit trug, über Dünen und Abhänge und Spalten im Meeresboden, in denen er seinen Verstand vermutete. Er hatte Halsschmerzen, einen weißen Belag, den Sarah bemerkte und auch der herbeigerufene Dr. Latham, aber einen Aderlass lehnte Faraday ab. Beim Schlucken musste er sich am Bettpfosten festkrallen, das Zahnfleisch blutete bei Berührung, die Beine schmerzten vom bloßen Daliegen und noch mehr, sobald er aufstand und sie benutzte.
Er hoffte einfach, nicht angesprochen zu werden.
Ohne viel schlafen zu können, ohne viel zu denken, ließ er Tage vergehen, aber er wusste, dass er sich langsam erholen konnte und der Punkt erreichbar war, an dem er wieder aufstand. So war es noch immer gewesen, auch wenn es als einzige logische Konsequenz an einem näher kommenden Tag einmal nicht mehr so sein würde.
Sarah brachte Suppen und Tee und ließ ihn auch dann in Ruhe, wenn er kraftlos vor sich hinstöhnte, denn das war nicht seine Art. Sie schlief mit der Hand in seinem Hosenbund, und er versuchte sich möglichst wenig zu bewegen, denn wie die Wintersonne im Gesicht eines Gesunden führte ihm die Hand etwas Kraft zu. Bis zur dritten Nacht hatte er genug gesammelt, dass sein Körper den akuten Alarmzustand aufgeben konnte. Er fand Schlaf. Dann kehrte der Hunger zurück, und es ging weiter aufwärts.
Mit Lyell forderte er schriftlich die bessere Ausbildung der Bergleute, um Leben zu retten und neue Verfahrenstechniken zu entwickeln. Außerdem rieten sie zum Bau von Abzugsröhren, von denen die Minenbesitzer bald behaupteten, ihre Kosten beliefen sich auf einundzwanzigtausend Pfund. Faraday und Lyell kamen auf hundertsechsunddreißig Pfund. Einen zweiten Auftrag in der mittlerweile explodierten Mine in Coxlodge lehnten sie ab, denn es würde kein Ende nehmen. Sorgen machte ihm nur sein eigenes Werk, weil es unvollendet war, und seine Gesundheit, um die es noch viel schlechter stand und die sich in die falsche Richtung entwickelte.
7 Ada Lovelace
Jeden Funken Leben, der in ihm war, musste er nutzen. Weil die Elektrizität ihn so okkupiert hatte, bekam er Hunger auf Chemie und wollte bei der Verflüssigung von Gasen weiterkommen. Aber dann kreuzte die Überzeugung durch seinen Geist, dass alle diese Dinge unter einem Gesetz standen, und je mehr Druck alle machten, jedes auf seinem Weg, desto eher kämen sie an und träfen sich in der Kenntnis der natürlichen Gründe, aus denen alles Sichtbare verstanden und genossen werden konnte.
Was auf seinem Weg noch fehlte, war die Verbindung des Magneten mit seinen Kraftlinien zum Licht mit seinen Wellen. Unmöglich, dass dies zwei vollkommen verschiedene Dinge waren, die nichts voneinander wissen wollten. Faraday fühlte sich wie ein Mann, der die achtzig überschritten hatte und das nicht aufrecht hatte tun können: In der Situation nützte Warten nicht. Er hielt den Kopf, der ihm nicht mehr gehorchte und nicht mehr gehörte, oft in den Händen.
Längst ahnte er, dass die Schlingpflanzen aus toten Adern bestanden, die sich weiterfraßen, immer mehr Ritzen und Falten und Nahrung fanden, in denen sie sich ausbreiten konnten. Neue Verbindungen schuf das Hirn langsamer als alte Wege zerstört wurden. Langsamer, genüsslicher konnte man nicht verspeist werden. In seinem Keller war kein Fenster, aus dem man hätte nach dem täglichen Leben in der Stadt oder einem Zeichen am Himmel sehen können. Es hätte ihn auch sehr angestrengt. Das Zeichen kam trotzdem. Es war ein Brief.
»Ich werde Sie mit einer Offenheit und Innigkeit ansprechen«, las er im Herbst 1844 im kühlen, feuchten Labor die Handschrift der Gräfin Lovelace, »welche durch die bloße Zahl der jemals in des anderen Gegenwart verbrachten Stunden nicht gerechtfertigt sind.«
Seit Jahren sehne sie sich danach, mit ihm zu verkehren und befreundet zu sein. Sein Jünger zu werden. Nur habe sie lange gewartet, da sie sich des Privilegs nicht wert fühlte, solange nicht die Entwicklung ihres Geistes sicherstellte, dass jede Stunde, die er mit ihr verbringe, jeder Gedanke, den er ihr widme, eine Bereicherung für beide sei. Diese Zeit, betonte sie, sei nun gekommen.
Sie
Weitere Kostenlose Bücher