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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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Elektrizität und Magnetismus nach seinen Berechnungen einen Einfluss auf polarisiertes Licht haben mussten, zum Beispiel in Glas.
    Faraday schluckte. Er hatte nach genau diesem Effekt schon gesucht, und die Paragraphen neunhunderteinundfünfzig bis neunhundertfünfundfünfzig seiner Erforschungen beschrieben das auch: Die Suche war negativ. Erbost über die Theoretiker, die immer
alles besser wussten, würde er morgen alles im chemischen Labor liegen lassen und ins Magnetische hinüberwechseln.
    Thompson wollte ihn besuchen kommen.
    Faraday hatte keine Zeit.
    Polarisiertes Licht war leicht herzustellen. Faraday nahm eine Öllampe und eine Linse und ließ das Licht schräg auf einen Spiegel fallen. Von da kam es polarisiert zurück, was er mit einem zweiten Spiegel prüfen konnte, der senkrecht dazu schräg gestellt war, denn dann kam, wie damals in Davys Vorlesung, kein Licht mehr zurück.
    Den präparierten Strahl schickte er durch Glas. Dahinter stellte er eine polarisierende Linse rechtwinklig ein, sodass aus ihr kein Licht mehr heraustrat. Dann schickte er Strom durch das Glas, längs dem Lichtstrahl, quer zu ihm, schräg. Er schickte Strompulse einzeln, in Paketen, scharfe Strompulse oder weich ansteigende und ebenso weich abfallende. Er nahm die Batterie, den Dynamo und generierte Funken. Statt Glas nahm er alles, was ähnlich transparent war: Wasser, Zuckerlösung, Schwefelsäure, Terpentin. Er sah nichts auf den Lichtstrahl einwirken. Kein Licht kam durch die Linse. Er polarisierte den Strahl schließlich besser durch einen Turmalin. Er blendete alles nichtrote, dann alles nichtblaue Licht aus dem Strahl heraus, er nahm einen Kalkspatkristall statt der Linse, um die kleinste Abweichung der Polarisation sehen zu können. Dutzende Male schrieb er »kein Effekt« oder »null Effekt« oder »nichts« oder »noch immer nichts«. Der hinter der Linse aufgestellte weiße Schirm blieb dunkel.
    Faraday verfluchte die Theoretiker mit ihren Bleistiften, die noch nie etwas Sinnvolles geleistet hatten und den wahren Entdeckern wie ihm nur Arbeit machten, weil sie glaubten, die Natur zu verstehen, ohne sie überhaupt anzusehen. Sie waren immer nur mit sich selbst beschäftigt.
    Er schlief besser, Gott wusste, wieso. Zwei Wochen vergingen, bis er den stärksten Elektromagneten, den er hatte, aufbaute und den polarisierten weißen Lichtstrahl parallel und rechtwinklig zu den Feldlinien durch Luft schickte: Kein Effekt. Durch Flintglas: Kein Effekt. Durch dickeres Flintglas: Kein Effekt. Durch einen Erzkristall: Kein Effekt. Kalkspat: Kein Effekt.
    Er nahm ein schweres Boratglas, das noch aus den verlorenen Jahren der Glasforschung stammte. Es war durch die Jahre, in denen es gelegen hatte, bestens ausgekühlt und nun rein wie kein zweites. Faraday sandte das Licht rechwinklig zu den Feldlinien, kein Effekt. ABER, schrieb er später in sein Tagebuch, parallel zu den Feldlinien depolarisierte der Lichtstrahl, ein weißer Fleck auf dem Schirm war deutlich zu sehen.
    Er stellte den Strom der Elektromagneten ab, der Fleck verschwand, stellte ihn wieder an, der Fleck war wieder da: Magnetische Kraft und Licht standen miteinander in Beziehung: »Diese Tatsache wird sehr wahrscheinlich außerordentlich fruchtbar sein und von großem Wert in der Erforschung beider Zustände der natürlichen Kraft.«
    So wenig wie Sarah wusste er selbst, wie viele Stunden vergangen waren, bis sie die frühen, schleppenden Schritte auf der Treppe hörte und erschrocken auf die Tür starrte, die sich langsam und mit einem Knarren, das ihr vorher nie aufgefallen war, öffnete und sie eine abgekämpfte, gebeugte, schwer atmende, runzlige und welke und heftig wie eh und je strahlende Sonne vor sich sah, die ihr Mann war.
    Er sagte: »Dieses Haus ist ein Planet. Es war immer alles richtig. Immer. Alles.«
    Er setzte sich an den einfachen Holztisch, an dem er seit dreißig Jahren morgens, mittags und abends gesessen hatte, blickte auf die Holzplatte mit den Flecken und Kerben, die er so genau kannte wie den Anblick seiner Hände und die Stimme seiner Mutter, den Blick aus den Fenstern hier oben.
    »Licht ist magnetisch.«
    Er sah auf und nahm erst jetzt seine Frau war, Sarah, die vor ihm stand, als sei sie eben aus dem Nebel getreten, der gerade durch das wuchernde, wackelnde, zerbrechliche London zog, um ihn mit seinen eigenen Augen anzusehen.
    »Ich bin fertig«, hörte er sich nach einer Ewigkeit aus Sekunden, Minuten oder Stunden sagen, in denen sein

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