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Die Entführung in der Mondscheingasse

Die Entführung in der Mondscheingasse

Titel: Die Entführung in der Mondscheingasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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dachte Tarzan, während er ins
Restaurant sauste. Hoffentlich wird er nicht aus dem Urlaub zurückgerufen. Das
wäre vorzeitiger Abbruch. Auch für uns. Wir müßten mitfahren. Wäre echt uncool,
wo wir hier doch leben wie die Götter in Frankreich.
    Während Gabys Vater dann in Kabine eins
telefonierte, versammelte sich die TKKG-Bande bei der dicksten Zimmerpalme und
wartete ab.
    Klößchen war in der Küche gewesen und
wirkte vollgestopft wie ein Mastgänserich, dem es zu Weihnachten ans Leben
geht. Der Küchenmeister sei jetzt sein Freund, erklärte er.
    „Im übrigen erwäge ich, ob ich nicht
später als Koch Karriere mache. Hauptberuflich, meine ich. Daß die Zubereitung
erlesener Speisen zu meinem Hobby wird, versteht sich von selbst. Es ist
wirklich phantastisch, wenn man mit nichts anderem umgeht. Den ganzen Tag nur
ans Essen zu denken — auch an das anderer... also das würde mich geistig voll
ausfüllen.“
    „Körperlich füllt es dich bereits“,
sagte Gaby. „Wenn du so weiter ißt wie heute abend, sehe ich schwarz für die
Rückfahrt. Wie sollen sieben Personen in den Wagen passen? Denn du zählst dann
für drei.“
    „Ich nehme nicht mehr zu“, behauptete
Klößchen.
    „Du vertraust darauf“, griente Karl, „daß
deine Haut sich bereits bis zum geht-nicht-mehr gedehnt hat. Irrtum! Sie hält
dich nicht zusammen. Nur Verzicht hielte dich zusammen.“
    Klößchen wollte seinen unendlichen
Appetit verteidigen, aber Kommissar Glockner verließ jetzt die Kabine und
gesellte sich zu ihnen. Er nahm den letzten freien Sessel unter der Zimmerpalme
ein und zeigte eine nachdenkliche Miene.
    „Was Schlimmes, Papi?“ erkundigte sich
Gaby.
    „Nein, nichts Schlimmes. Aber wichtig.
Der Polizei-Präsident persönlich war an der Strippe. Von dem Raub im Postzug
habe ich euch erzählt? Nein? Nun, das war vor fast genau einem Jahr. Damals
haben zwei maskierte Banditen in Spanien einen Supercoup gedreht. Sie hielten
den Schnellzug Madrid-Barcelona auf freier Strecke an und raubten den Postwagen
aus. Das Anhalten gelang, weil sie ein Signal kurzschlossen und auf Halt
stellten. Als der Zug stoppte, stürmten die beiden in den Postwagen, schlugen
den Bahnbeamten nieder, raubten zwölf Postsäcke und flohen in bereitstehenden
Wagen. Das Ganze hat nur zwei Minuten gedauert. Die Beute ist riesenhaft. In
den Postsäcken befanden sich nämlich Juwelen im Werte von sechs Millionen D-Mark.
Außerdem erhebliche Mengen von Geld — spanischem Geld.“
    „Auf Stundenlohn hochgerechnet“, sagte
Karl, „dürfte das ein Weltrekord sein. Über sechs Millionen in zwei Minuten.
Solche Summen stehen in keinem Tarifvertrag (Tarif = festgelegte
Preisordnung für Arbeitsleistungen ).“
    „Das kannst du laut sagen“, nickte Glockner.
    „Und was hast du damit zu tun?“ fragte
Gaby.
    „Nun, ich habe im vorigen Jahr — Anfang
Juni um genau zu sein — einen Gewalttäter festgenommen. Bei uns in der Stadt.
Der Typ heißt Hansjörg Neschke. Ich konnte ihm einen Mordversuch nachweisen.
Seitdem sitzt Neschke im Gefängnis. Dort fiel alsbald auf, daß er im Schlaf
redet. Er machte seltsame Andeutungen. Natürlich wurde niemand klug aus dem
Gesabbel. Aber Nachforschung lohnte sich. Also «steckte man den Döge, einen
sogenannten Polizeispitzel, zu ihm in die Zelle. Der ist zwar auch Häftling,
arbeitet aber mit uns zusammen. Döge schnappte genug auf, um sich daraus ein
Bild zu machen. Was er wußte, benutzte er dann, um Neschke reinzulegen. Der Trick
gelang. Neschke gab zu, daß er einer der beiden Posträuber ist. Seinen
Komplicen hat er zwar nicht verraten. Aber was anderes, nämlich daß die gesamte
Beute sich an einem sicheren Ort befindet: im Schließfach einer ausländischen
Bank. Zu dem Schließfach benötigt man zwei Schlüssel. Den einen hat der
unbekannte Komplice, was ihm aber nichts nützt, denn er braucht den zweiten,
den Neschke an sich genommen und — wie er sagt — bestens versteckt hat.
Jedenfalls freut er sich schon auf das Ende seiner Strafzeit. Er ist zu sieben
Jahren verurteilt. Bei guter Führung könnte er vorzeitig entlassen werden. Also
in vier oder fünf Jahren. Dann badet er im Reichtum, vorausgesetzt, der
unbekannte Komplice ist noch da — mit seinem Schlüssel.“
    „Irre!“ meinte Tarzan. „Deutsche
Berufsverbrecher sind also auch im Ausland erfolgreich. Naja, es gäbe andere
Möglichkeiten, um weltweit zu glänzen. Spitzel Döge soll jetzt sicherlich aus
ihm rauslocken, wer der unbekannte Komplice

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