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Die Entführung in der Mondscheingasse

Die Entführung in der Mondscheingasse

Titel: Die Entführung in der Mondscheingasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Neschke,
sein alter Kumpel Hansjörg Neschke, hatte sie ihm vermacht. Daß es den erwischt
hatte — ein Jammer! Seit einem Jahr saß er im Knast. Aber er hatte
dichtgehalten. Kein Wort hatte er über den Postraub in Spanien verloren. Das
war eine Sache gewesen! Nur zu zweit hatten sie die Juwelenbeute abgeräumt.
Aber die würde noch jahrelang im Schließfach der Bank schmoren. Zwar hatte er,
Uckmann, einen der Schlüssel. Aber Neschke hatte seinen versteckt. Wo — das
würde er niemals verraten. So groß war das Vertrauen nun auch wieder nicht.
Sicherlich — er könnte einen Kassiber (heimlicher Schrieb) aus dem
Gefängnis schmuggeln, damit wenigstens Uckmann zu seinem Anteil der Beute kam.
Aber das Mißtrauen überwog. Wenn Uckmann alles nahm, stand Neschke nach seiner
Entlassung mit leeren Taschen da. Also blieb die heiße Beute, wo sie war, und
kühlte von Tag zu Tag mehr ab.
    Uckmann zerbiß einen Fluch zwischen den
Zähnen. Verdammtes Pech! Wäre Neschke nicht erwischt worden, würden sie jetzt
im Geld schwimmen. Und wer hatte ihn erwischt — damals im Juni?
    Dieser Kommissar Glockner.
    Wird mir ein besonderes Vergnügen sein,
ihm das Lebenslicht auszublasen, dachte er. Vielleicht sollte ich ihm vorher
noch sagen, warum und weshalb. Nein, lieber nicht. Der sieht handfest aus. Wäre
blöd, ich ginge ein unnötiges Risiko ein. Außerdem kann es ihm wurscht sein,
weshalb er stirbt. Er ist Gianni Paresano im Weg, und mein Kumpel Neschke hat
eine Rechnung bei ihm offen.
    Aus gutem Grund hatte er Sophia, seiner
Auftraggeberin aus Mailand, nichts davon gesagt. Es hätte vielleicht auf den
Preis gedrückt — nach dem Motto: Was ein persönliches Anliegen ist, wird nicht
so hoch bezahlt.
    Uckmann streckte sich aufs Bett. Er
hatte den Wecker gestellt. Nachher durfte er nicht vergessen, das Schild BITTE
NICHT STÖREN an die äußere Türklinke zu hängen. Natürlich an die von Zimmer
201. Das Zimmermädchen sollte gefälligst draußen bleiben und nicht etwa spitz
kriegen, daß der Hotelgast Uckmann ausgeflogen war.
    Es wird gelingen, dachte er. Ich spür’s.
    Und obwohl er in wenigen Stunden einen
Menschen umbringen wollte, schlief er völlig ruhig ein.
     
    *
     
    Alles schlief noch. Aber der Morgen
graute. Nur zögernd wich die Nacht aus dem Tal.
    Seit Minuten schon blinzelte Tarzan zu
den schneebedeckten Gipfeln hinauf. Toll, wie dort die Morgensonne das Eis
vergoldete. Jetzt hatte er sich satt gesehen. Leise, um seine noch schlafende
Freunde nicht zu stören, glitt er aus dem Bett.
    Klößchens Kopfkissen war
zusammengeknüllt. Er hielt es im Arm und hatte sein Schlaf-Grinsen über das
Mondgesicht gebreitet. Wahrscheinlich träumte er, es sei ein Riesenbrocken
Schokolade, um den sich sein Arm schlang.
    Tarzan schlüpfte in Trainingsanzug und
Turnschuhe. Daß er den Tag sportlich begann, war Ehrensache. Zunächst wollte er
den Fitneßraum erkunden.
    Er verließ das Zimmer. Im Flur
herrschte Stille.
    Er trabte zum Lift. In der Kabine war
ein Wegweiser durchs Hotel an die Wand geheftet. Demnach befand sich der
Fitneßraum im Kellergeschoß, am anderen Ende des Ganges, der zum Hallenbad
führte.
    Tarzan fuhr hinunter.
    Hinter den Kulissen war das Hotel schon
erwacht. Aus der Küche drang Scheppern und Scharren. Im Restaurant bereiteten
Serviererinnen das Frühstücks-Büfett. Der Duft von gebratenem Speck fand einen
Weg ins Kellergeschoß und begleitete Tarzan bis vor den Fitneßraum.
    Aber dort...
    Die Tür war verschlossen, an ihr ein
Schild angebracht. Die Hotelleitung teilte mit, daß der Raum wegen
Renovierungsarbeiten (Renovierung = Erneuerung) zur Zeit nicht benutzt
werden könne. Der geschätzte Gast möge sich doch im Hallenbad ergehen.
    Naja, dachte Tarzan. Das kommt in den
besten Hotels vor. Wo täglich der Fitneß-Schweiß an die Wände spritzt, wird die
Tapete fleckig. Die muß man erneuern. Lieber jetzt als in der Hochsaison. Aber
Schwimmen? Darauf habe ich null Bock im Moment. Dann lieber einen Waldlauf.
Vielleicht sehe ich Gemsen.
    Er fuhr ins Erdgeschoß hinauf. Als er
in die Hotelhalle trat, lief Sofie ihm über den Weg.
    „Hallo!“ erwiderte sie seinen Gruß und
staunte. „So früh schon auf? Was hast du denn vor? Du siehst sportlich aus.“
    „Eigentlich wollte ich mich im
Fitneßraum austoben. Aber da läuft ja nichts.“
    „Die Geräte sind ausgelagert“, nickte
sie, „weil die Wände geweißelt werden.“
    „Ich jogge ein bißchen. Welcher Weg ist
empfehlenswert? Der Boden sollte

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