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Die Entführung in der Mondscheingasse

Die Entführung in der Mondscheingasse

Titel: Die Entführung in der Mondscheingasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Tarzan ließ die beiden letzten
Steine, die er noch hatte, zu Boden fallen. Weitwürfe brachten nichts mehr.
Schon tauchte Eleyse unter die Bäume. Tarzan sah, wie er den Weg zurück rannte.
Jetzt durch die Lücke, dann weiter. Bis er in jenem Teil des Waldes verschwand,
in den Tarzan nicht einsehen konnte.
    Glockner hatte sich hinter den
Krüppelkiefern verborgen und kam nun hervor.
    Mit Zeichensprache verdeutlichte
Tarzan, er werde sich an den Abstieg machen.
    Bergab mußte er höllisch aufpassen, um
nicht fehlzutreten und sich den Fuß zu verknacksen. Endlich kam er unten an.
    Glockner erwartete ihn. Er sah blaß aus
und preßte die Lippen aufeinander.
    „Tarzan! Ich glaube, du hast mir das
Leben gerettet. Hättest du den Stein nicht geworfen, wäre ich nicht aufmerksam
geworden. Und wie du ihn dann eingedeckt hast — das war Spitze. Aber was, um
Himmels willen, hat dieser Mann gegen mich? Er ist aus dem Hotel.“
    „Und heißt Heyse. Wir wußten, daß er
eine Pistole hat. Aber nicht, daß er Sie umbringen will. Himmel, wer hätte das
geahnt. Gaby wird ohnmächtig, wenn sie’s hört.“
    Er erzählte, was ihm und Gaby über
Heyse bekannt war und wie Sofie dessen Handschrift gedeutet hatte.
    „...bin ich vorhin hierher gejoggt“,
schloß er, „und dann dort hoch. Weil der Fitneßraum überholt wird. Vom Plateau
sah ich zufällig, wie der Kerl Ihnen nachpirschte. Als er dann die Waffe in der
Hand hatte, bin ich ausgerastet. Habe gebrüllt wie ein Blöder. Aber Sie konnten
nichts hören. Gegen den Wasserfall kommt nicht mal eine Sirene an.“
    Glockner spähte zum Wald.
    „Äußerste Vorsicht, Tarzan. Der Kerl
weiß, daß wir ihn erkannt haben. Aus dem Hotel kommt er nicht so rasch weg.
Selbst wenn er mit seinem Wagen da ist — bis er das Enge-Tal verlassen hat,
haben wir die hiesigen Kollegen alarmiert. Das heißt, er muß uns beide jetzt
umbringen, wenn er mit heiler Haut — zunächst — davonkommen will. Er ist zwar
geflohen. Aber sobald er nachdenkt, wird ihm das klar werden. Ich bin
überzeugt, er lauert uns auf.“
    „Logo“, nickte Tarzan. „Was machen wir
also?“
    „Wir gehen nicht auf dem Weg zurück,
sondern schlagen einen Bogen. Da er irgendwo im Hinterhalt liegt, müssen wir
ihn eher entdecken als er uns sieht. Nimm dir einen Knüppel. Himmel, ich
wünschte, ich hätte jetzt meine Pistole.“
    Jeder bewaffnete sich mit einem
armdicken Ast. Sie gingen los, aber nicht durch den Wald, sondern wandten sich
talauswärts. Sie umrundeten den Föhrenwald und gelangten auf überschaubares
Gelände. Sumpfige Graslandschaft dehnte sich aus. Stellenweise versanken sie
bis zum Knöchel im schmatzenden Grund.
    „Die Schuhe können wir wegwerfen“,
lachte Tarzan.
    „Lieber das als eine Kugel im Pelz.“
    Sie ließen sich Zeit mit dem Rückweg.
Jedes Versteck, das ihnen im Weg stand, wurde genau beäugt, bevor sie sich
näherten. Aber sie stießen auf keinen Hinterhalt.
    Sie erreichten die Straße und folgten
ihr in Richtung Hotel. Hinter ihnen näherte sich ein Wagen. Es war der
Zubringer-Bus aus Enge.
    Glockner stoppte ihn. Sie stiegen ein
und fuhren das letzte Stück Weges mit. Außer ihnen und dem Fahrer saßen nur
zwei ältliche Damen drin, die sich auf eine Ferienwoche im Tyroler Hof freuten
und — wie Tarzan ihrem Gespräch entnahm — schon zum dritten Mal herkamen, weil
die Zinke-Schollaus so fürsorglich seien.
    „Daß wir mit dem Bus kommen“, sagte Glockner
leise, „hat einen weiteren Vorteil. Wie der Hotelier mir sagte, reisen heute
etliche Gäste ab. Vielleicht vertraut dieser Heyse darauf, daß wir mit seinem
Hinterhalt rechnen. Womit er nicht unrecht hat. Das hieße, er hat inzwischen
seinen Koffer gepackt und die Rechnung bezahlt. Er glaubt, daß sein Vorsprung
reicht und will mit dem Bus verduften. Immer vorausgesetzt, er liegt nicht mehr
im Föhrenwald auf der Lauer oder hat nicht im eigenen Wagen die Kurve gekratzt.“
    „’ne Biege gemacht. So sagt man modern“,
verbesserte ihn Tarzan.
    „Von mir aus auch das. Jedenfalls
müssen wir mit ihm rechnen. Sieh mal an! Da stehen ja die Abreiser.“
    An der Bushalte-Stelle warteten etliche
Personen. Tarzan zählte. Vier Männer und fünf Frauen beendeten ihren Aufenthalt
im Tyroler Hof. Die meisten bedauerten es, daß sie Adieu sagen mußten, wie die
Mienen verrieten. Auch dieser Gus Uckmann war unter den Abreisenden. Er hatte
sich den großen Metallkoffer zwischen die gegrätschten Beine gestellt.
    Blödmann! dachte Tarzan.

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