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Die Entführung in der Mondscheingasse

Die Entführung in der Mondscheingasse

Titel: Die Entführung in der Mondscheingasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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mich von einem
Gesichtschirurgen umformen lassen. Bin jetzt blond,
ein Rausschmeißertyp. Und habe endlich den Zinken im Gesicht, den ich schon
lange wollte, ‘ne Gurke wie ein Geier.“
    „Kannst dir ja eine Rose hinters Ohr
stecken“, lachte Neschke, „damit ich dich erkenne. Also, bis gleich.“

14. Warnschuß
     
    Bis zu diesem Moment — und auch während
der nächsten Viertelstunde lief alles wie am Schnürchen.
    Der Horcher vom Nachtdienst, der über
das angezapfte Telefon das Gespräch der Ganoven abgehört hatte, rief noch in
derselben Minute Kommissar Glockner an.
    Augenblicklich standen fünf weitere
Beamte von der Nachtschicht bereit.
    Im Eiltempo, aber unauffällig,
preschten zwei Fahrzeuge zur Olympia-Straße. Kommissar Glockner wurde zu Hause
abgeholt, weil seine Adresse am Weg lag.
    Vierzehn Minuten nachdem Uckmann und
Neschke ihr Gespräch beendet hatten, war die Falle aufgestellt.
    Drei Beamte versteckten sich hinter den
Büschen am Rand des Kleist-Parks. Zwei in dem Hauseingang gegenüber. Kommissar Glockner
verschmolz mit der Finsternis einer schmalen Hofeinfahrt.
    Sie warteten.
    Die unmittelbare Umgebung war ruhig.
Aber in der unteren Hälfte der Olympia-Straße hatten einige Kneipen geöffnet.
Ab und zu wurde dort ein Wagen gestartet, der dann mit quietschenden Reifen
abfuhr — sehr zur Freude der Anlieger, die das aber hinnehmen mußten. Denn es
handelte sich um Lokale mit später Sperrstunde.
    Wir sind rechtzeitig hier, dachte
Kommissar Glockner. Uckmann braucht mindestens eine Viertelstunde Fahrtzeit.
Bis er angezogen ist und ein Taxi auftreibt, vergehen zehn weitere Minuten.
Neschke will erst noch einen Wagen knacken. Also ist auch er soweit entfernt,
daß er sich die Strecke zu Fuß nicht zutraut.
    Glockner konnte sich denken, weshalb
Uckmann diesen Treff vorschlug. Die Gegend galt als verrufen. In den Kneipen
verkehrte übles Gesindel. Hier waren Typen wie die beiden unter sich.
    Die Zeit verging langsam.
    Aber die erfahrenen Kripo-Beamten übten
sich in Geduld. Es waren alte Hasen — bis auf einen.
    Er hieß Weixelberger, und eigentlich
gehörte er nicht in diese Gruppe. Daß er trotz Jugend und Mangel an Erfahrung
dabei sein durfte, verdankte er dem Zufall. Der Kollege, den man vorgesehen
hatte, war erkrankt. Weixelberger füllte die Lücke als Ersatz. Aber es war sein
erster Einsatz dieser Art, und seine Nerven tanzten Samba.
    Er kauerte hinter einem Busch.
    Jetzt, um 2.26 Uhr überprüfte er zum
vierten Mal seine Dienstpistole. Er nahm das Magazin aus dem Kolben, tastete
die Patronen ab, schob es wieder in die Waffe, lud durch, sicherte,
entsicherte, sicherte, entsicherte...
    Um 2.27 Uhr näherte sich ein
zweitüriger BMW aus Richtung Innenstadt.
    Weixelberger wischte sich Schweiß von
der Stirn. Auch seine Hände schwitzten.
    Daß ihm die Pistole aus den glitschigen
Händen sprang, war ein elender Zufall.
    Erschrocken griff er danach. Er
erwischte sie noch und verhinderte, daß sie ins Gras fiel. Aber die Waffe war
nicht gesichert. Und seine schweißnassen Finger berührten den Abzug.
    Der Schuß peitschte auf.
    Weixelberger glaubte, er sterbe, aber
nicht, weil ihn die Kugel traf, sondern vor Schreck.
    Das Projektil durchlöcherte zwei
Blätter des Blaupflaumenstrauchs und die Verschlußkappe einer Bierflasche,
bevor es im weichen Boden verschwand. Schaden richtete das Geschoß also nicht
an. Das besorgte der Knall.
    Keiner der Beamten wußte, was los war.
Jeder glaubte, einer von ihnen sei in Gefahr — weshalb auch immer. Vielleicht
weil sich Uckmann und Neschke ungesehen und lautlos aus anderer Richtung
genähert hatten.
    Im Nu war der Teufel los.
    Handscheinwerfer flammten auf. Jeder
sprang aus seinem Versteck. Rufe erschollen. Die Szene belebte sich wie beim
Finale (letztes Bild) auf der Bühne.
    Neschke, der in dem BMW saß, dachte,
ihn treffe der Schlag.
    Er war noch etwa 100 Meter entfernt,
begriff, daß für seinen Empfang schon gesorgt war, riß das Lenkrad herum,
wendete auf jaulenden Reifen und trat das Gaspedal durch.
    Der geklaute Wagen schoß wie eine
Rakete den Weg zurück — bis zur Kreuzung, wo von rechts ein Taxi einbog. Es
hatte Vorfahrt. Aber auf solche Spitzfindigkeiten ließ sich Neschke nicht ein.
Schließlich ging’s um seine Haut.
    Die Straße war zu eng. Es konnte nicht
klappen. Der Taxifahrer versuchte noch, auszuweichen, aber Neschke erwischte
ihn.
    Vorn rechts und vorn links krachten die
Fahrzeuge zusammen. Neschke, der Chauffeur und dessen

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